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Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.

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Cap. V. De prudentia
seinen Bedienten gehabt, keiner aber ist wunderlicher gewesen, als Lu-
dovicus XI.
von dem Cominaeus erzehlet, seinen Barbierer habe er zum
Connetable gemacht, seinen Leib-Medicum zum Cantzler, und seinen
Schneider zum Admiral; Cominaeus saget auch, daß, als er seinen Leib-
Medicum als Gesandten an die Mariam Burgundicam geschickt, habe sie
gesagt: Sie wüste nicht, warum er ihr den Leib-Medicum schickte, sie
wäre gesund. Gleichwie die Leute ihren Herrn feind sind, welcher sordid
ist, so ist es auch bey denen Ministris vilibus, bey denen man nichts
eclatantes siehet. Sie fahren auch selbst nicht wohl mit hominibus sor-
didis,
und hat Cominaeus observiret, daß der Barbierer den Ludovicum XI.
brav vexiret. Es ist ihm gegangen, wie dem Aventino, welcher auch
ein schlecht Weib genommen, die ihm hernach grossen Verdruß ge-
macht, daher sagt man im Sprüchwort: Es ist kein Messer, das är-
ger schiert, als wenn der Bauer ein Edelmann wird. Theganus, wel-
cher das Leben Ludovici Pii beschrieben, sagt auch, es sey ein grosser Feh-
ler von Ludovico Pio gewesen, daß er schlechte Leute zu grossen Ehren-
Aemtern, Bißthümern etc. befördert, von welchen er hernach am ärgsten
vexiret worden. So ist es Christiano IV. in Dännemarck ergangen.
Es war in Coppenhagen eines Wein-Schencken Sohn, Nahmens
Schumacher, welcher von Friderico III. zum Bibliothecario gemacht wor-
den, wobey er sich wohl verhalten, und etliche specimina abgeleget. Chri-
stianus IV.
machte ihn zum Baron, und gab ihn den Nahmen Greiffen-
feld, dabey er aber so hochmüthig worden, daß er mit denen Schweden
wider den König complotiret, und ihn gesucht, vom Thron zu stürtzen;
Der König aber hat ihn den Kopff lassen herunter schlagen.

Von der Wahl
Adlicher und
Unadlicher.

§. 4. In abstracto weiß man von der nobilitate viel zu sagen,
welcher zu ihrer desavantage gereichet. Man kan hier lesen den Tractat,
so ein Schlesier unter den Titel: Edelmann, heraus gegeben, worinnen er al-
le Fehler derer Edelleute vorgestellet, er schreibt schön Teutsch, und ist das
Buch mit plaisir zu lesen. Man darff hier auch nur die Satyre des Iu-
venalis,
und die inventiones des Boileau lesen. Es ist wahr, wenn ein
nobilis gleich sein Geschlechte könnte herführen von Agamemnon, so hilfft
es alles nichts, nisi propriam habeat virtutem. Hieronymus Osorius, der
einen tractat de Nobilitate geschrieben, erzehlet, daß ihm der Hutton vor-
geworffen, daß er Staats-Secretarius sey, so antwortet Osorius, daß er
Staats-Secretarius, wäre um deßwillen geschehen, weil der König kei-
nen bessern kennete, und ob er gleich kein Staats-Secretarius, so wäre er doch
ex primaria nobilitate Lusitanica, und dürffte ihm solches nicht vorwerffen;
dabey sagte er: Die Tugend mache, daß die Noblesse aestimiret würde. Denn

wenn

Cap. V. De prudentia
ſeinen Bedienten gehabt, keiner aber iſt wunderlicher geweſen, als Lu-
dovicus XI.
von dem Cominæus erzehlet, ſeinen Barbierer habe er zum
Connetable gemacht, ſeinen Leib-Medicum zum Cantzler, und ſeinen
Schneider zum Admiral; Cominæus ſaget auch, daß, als er ſeinen Leib-
Medicum als Geſandten an die Mariam Burgundicam geſchickt, habe ſie
geſagt: Sie wuͤſte nicht, warum er ihr den Leib-Medicum ſchickte, ſie
waͤre geſund. Gleichwie die Leute ihren Herrn feind ſind, welcher ſordid
iſt, ſo iſt es auch bey denen Miniſtris vilibus, bey denen man nichts
eclatantes ſiehet. Sie fahren auch ſelbſt nicht wohl mit hominibus ſor-
didis,
und hat Cominæus obſerviret, daß der Barbierer den Ludovicum XI.
brav vexiret. Es iſt ihm gegangen, wie dem Aventino, welcher auch
ein ſchlecht Weib genommen, die ihm hernach groſſen Verdruß ge-
macht, daher ſagt man im Spruͤchwort: Es iſt kein Meſſer, das aͤr-
ger ſchiert, als wenn der Bauer ein Edelmann wird. Theganus, wel-
cher das Leben Ludovici Pii beſchrieben, ſagt auch, es ſey ein groſſer Feh-
ler von Ludovico Pio geweſen, daß er ſchlechte Leute zu groſſen Ehren-
Aemtern, Bißthuͤmern ꝛc. befoͤrdert, von welchen er hernach am aͤrgſten
vexiret worden. So iſt es Chriſtiano IV. in Daͤnnemarck ergangen.
Es war in Coppenhagen eines Wein-Schencken Sohn, Nahmens
Schumacher, welcher von Friderico III. zum Bibliothecario gemacht wor-
den, wobey er ſich wohl verhalten, und etliche ſpecimina abgeleget. Chri-
ſtianus IV.
machte ihn zum Baron, und gab ihn den Nahmen Greiffen-
feld, dabey er aber ſo hochmuͤthig worden, daß er mit denen Schweden
wider den Koͤnig complotiret, und ihn geſucht, vom Thron zu ſtuͤrtzen;
Der Koͤnig aber hat ihn den Kopff laſſen herunter ſchlagen.

Von der Wahl
Adlicher und
Unadlicher.

§. 4. In abſtracto weiß man von der nobilitate viel zu ſagen,
welcher zu ihrer deſavantage gereichet. Man kan hier leſen den Tractat,
ſo ein Schleſier unter den Titel: Edelmann, heraus gegeben, worinnen er al-
le Fehler derer Edelleute vorgeſtellet, er ſchreibt ſchoͤn Teutſch, und iſt das
Buch mit plaiſir zu leſen. Man darff hier auch nur die Satyre des Iu-
venalis,
und die inventiones des Boileau leſen. Es iſt wahr, wenn ein
nobilis gleich ſein Geſchlechte koͤnnte herfuͤhren von Agamemnon, ſo hilfft
es alles nichts, niſi propriam habeat virtutem. Hieronymus Oſorius, der
einen tractat de Nobilitate geſchrieben, erzehlet, daß ihm der Hutton vor-
geworffen, daß er Staats-Secretarius ſey, ſo antwortet Oſorius, daß er
Staats-Secretarius, waͤre um deßwillen geſchehen, weil der Koͤnig kei-
nen beſſern kennete, und ob er gleich kein Staats-Secretarius, ſo waͤre er doch
ex primaria nobilitate Luſitanica, und duͤrffte ihm ſolches nicht vorwerffen;
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[222/0242] Cap. V. De prudentia ſeinen Bedienten gehabt, keiner aber iſt wunderlicher geweſen, als Lu- dovicus XI. von dem Cominæus erzehlet, ſeinen Barbierer habe er zum Connetable gemacht, ſeinen Leib-Medicum zum Cantzler, und ſeinen Schneider zum Admiral; Cominæus ſaget auch, daß, als er ſeinen Leib- Medicum als Geſandten an die Mariam Burgundicam geſchickt, habe ſie geſagt: Sie wuͤſte nicht, warum er ihr den Leib-Medicum ſchickte, ſie waͤre geſund. Gleichwie die Leute ihren Herrn feind ſind, welcher ſordid iſt, ſo iſt es auch bey denen Miniſtris vilibus, bey denen man nichts eclatantes ſiehet. Sie fahren auch ſelbſt nicht wohl mit hominibus ſor- didis, und hat Cominæus obſerviret, daß der Barbierer den Ludovicum XI. brav vexiret. Es iſt ihm gegangen, wie dem Aventino, welcher auch ein ſchlecht Weib genommen, die ihm hernach groſſen Verdruß ge- macht, daher ſagt man im Spruͤchwort: Es iſt kein Meſſer, das aͤr- ger ſchiert, als wenn der Bauer ein Edelmann wird. Theganus, wel- cher das Leben Ludovici Pii beſchrieben, ſagt auch, es ſey ein groſſer Feh- ler von Ludovico Pio geweſen, daß er ſchlechte Leute zu groſſen Ehren- Aemtern, Bißthuͤmern ꝛc. befoͤrdert, von welchen er hernach am aͤrgſten vexiret worden. So iſt es Chriſtiano IV. in Daͤnnemarck ergangen. Es war in Coppenhagen eines Wein-Schencken Sohn, Nahmens Schumacher, welcher von Friderico III. zum Bibliothecario gemacht wor- den, wobey er ſich wohl verhalten, und etliche ſpecimina abgeleget. Chri- ſtianus IV. machte ihn zum Baron, und gab ihn den Nahmen Greiffen- feld, dabey er aber ſo hochmuͤthig worden, daß er mit denen Schweden wider den Koͤnig complotiret, und ihn geſucht, vom Thron zu ſtuͤrtzen; Der Koͤnig aber hat ihn den Kopff laſſen herunter ſchlagen. §. 4. In abſtracto weiß man von der nobilitate viel zu ſagen, welcher zu ihrer deſavantage gereichet. Man kan hier leſen den Tractat, ſo ein Schleſier unter den Titel: Edelmann, heraus gegeben, worinnen er al- le Fehler derer Edelleute vorgeſtellet, er ſchreibt ſchoͤn Teutſch, und iſt das Buch mit plaiſir zu leſen. Man darff hier auch nur die Satyre des Iu- venalis, und die inventiones des Boileau leſen. Es iſt wahr, wenn ein nobilis gleich ſein Geſchlechte koͤnnte herfuͤhren von Agamemnon, ſo hilfft es alles nichts, niſi propriam habeat virtutem. Hieronymus Oſorius, der einen tractat de Nobilitate geſchrieben, erzehlet, daß ihm der Hutton vor- geworffen, daß er Staats-Secretarius ſey, ſo antwortet Oſorius, daß er Staats-Secretarius, waͤre um deßwillen geſchehen, weil der Koͤnig kei- nen beſſern kennete, und ob er gleich kein Staats-Secretarius, ſo waͤre er doch ex primaria nobilitate Luſitanica, und duͤrffte ihm ſolches nicht vorwerffen; dabey ſagte er: Die Tugend mache, daß die Nobleſſe æſtimiret wuͤrde. Denn wenn

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Zitationshilfe: Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733, S. 222. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gundling_discours_1733/242>, abgerufen am 24.11.2024.