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Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.

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status circa Magistros & Magistratus inferiores.
war arm, und die Armuth hat ihn darzu verleitet, daß er offt Geld ge-
nommen, weßwegen er auch verhaßt worden. Die Niederländer haben
keine andere Ursache gehabt, warum sie die masque abgezogen, als daß
sie gesagt, man giebt uns Fremde, die uns regieren sollen, und der Printz
VVilhelm von Oranien wollte die Hertzogin von Lothringen zur Gouver-
nantin
haben, so eine Teutsche Princeßin war, hergegen der Granvella
war ein Bourguignon, dessen Vater eines Schlössers Sohn gewesen,
und beym Carolo V. Premier-Ministre war; Man kan hier lesen des
Grotii Historiam Belgicam, und des VVilhelms von Oranien Briefe, so
er publiciren lassen, worinnen expresse stehet, sie sollten servire peregrinis.
An der Königin Christina ist auch dieses getadelt worden. Wenn man
die Dänen fragt, so sagen sie: per Germanos sese opprimi; aber in
Dännemarck hat es eine andere raison, da muß der König Fremde ha-
ben, weil er den Adel nicht trauen kan, welcher sich unter Friderico III.
nicht wohl gehalten. Die Ungarn haben wider die peregrinos auch
grosse Klagen beygebracht. Ich habe ein Buch, darinnen die grava-
mina
derer Ungarn vorgestellet worden, darunter das Vornehmste, ter-
ras pinguissimus exteris dari, etiam beneficia ecclesiastica.
Wir Teut-
schen haben mit dem Pabst concordata Nationis German. gemacht, wor-
innen expresse bedungen worden, daß der Pabst in mensibus papalibus
keinen Fremden praesentiren solle. Man lässet nicht gerne das Honig-
seim Fremde essen. Sie sagen auch, es sey contemtus nationis, gleich
als wenn unter der Nation keine tüchtigen Leute wären. Man soupco-
ni
rt, der Herr wolle den Staat mutiren. Dieses sind die fructus, si
indigenae non ad sumantur.
Ein weiser Herr weiß alles einzurichten,
und kan man hier keine accuraten Regeln vorschreiben. Je weniger ei-
ner peregrinos hat, je besser ist es. Denn wir haben so viele Exempel,
daß die peregrini grossen Schaden gethan. Bisweilen aber, wenn das
Volck barbarisch ist, ist nöthig, daß man Fremde nimmt, welche sie
cultiviren. So machte es der Czaar, der aber klug war, und die mei-
sten nur auf etliche Jahr annahm. Die mehresten, so dahin gehen,
sind nur interessirte Leute, Passagiers von Fortune. Denn was sollte ei-
nen sonst bewegen, sein Vaterland zu verlassen, und so weit weg zu ge-
hen? De indigenis handelt der Perez in seinem Iure publico Cap. LXIX.
p.
168. Weil es in Niederlanden dieserwegen auch so Verdrießlichkei-
ten gegeben, so hat er gewiesen, wo Philippus II. angestossen. Der Chur-
ländische Law, den man vor einen Atheisten hält, hat eine Piece, so in
etlichen Bogen bestehet, geschrieben, sub Tit. Interesse von Holland, dar-
innen sagt er, daß ehe der andere Law nach Franckreich gegangen, hätte

er
F f 2

ſtatus circa Magiſtros & Magiſtratus inferiores.
war arm, und die Armuth hat ihn darzu verleitet, daß er offt Geld ge-
nommen, weßwegen er auch verhaßt worden. Die Niederlaͤnder haben
keine andere Urſache gehabt, warum ſie die maſque abgezogen, als daß
ſie geſagt, man giebt uns Fremde, die uns regieren ſollen, und der Printz
VVilhelm von Oranien wollte die Hertzogin von Lothringen zur Gouver-
nantin
haben, ſo eine Teutſche Princeßin war, hergegen der Granvella
war ein Bourguignon, deſſen Vater eines Schloͤſſers Sohn geweſen,
und beym Carolo V. Premier-Miniſtre war; Man kan hier leſen des
Grotii Hiſtoriam Belgicam, und des VVilhelms von Oranien Briefe, ſo
er publiciren laſſen, worinnen expreſſe ſtehet, ſie ſollten ſervire peregrinis.
An der Koͤnigin Chriſtina iſt auch dieſes getadelt worden. Wenn man
die Daͤnen fragt, ſo ſagen ſie: per Germanos ſeſe opprimi; aber in
Daͤnnemarck hat es eine andere raiſon, da muß der Koͤnig Fremde ha-
ben, weil er den Adel nicht trauen kan, welcher ſich unter Friderico III.
nicht wohl gehalten. Die Ungarn haben wider die peregrinos auch
groſſe Klagen beygebracht. Ich habe ein Buch, darinnen die grava-
mina
derer Ungarn vorgeſtellet worden, darunter das Vornehmſte, ter-
ras pinguisſimus exteris dari, etiam beneficia eccleſiaſtica.
Wir Teut-
ſchen haben mit dem Pabſt concordata Nationis German. gemacht, wor-
innen expreſſe bedungen worden, daß der Pabſt in menſibus papalibus
keinen Fremden præſentiren ſolle. Man laͤſſet nicht gerne das Honig-
ſeim Fremde eſſen. Sie ſagen auch, es ſey contemtus nationis, gleich
als wenn unter der Nation keine tuͤchtigen Leute waͤren. Man ſoupço-
ni
rt, der Herr wolle den Staat mutiren. Dieſes ſind die fructus, ſi
indigenæ non ad ſumantur.
Ein weiſer Herr weiß alles einzurichten,
und kan man hier keine accuraten Regeln vorſchreiben. Je weniger ei-
ner peregrinos hat, je beſſer iſt es. Denn wir haben ſo viele Exempel,
daß die peregrini groſſen Schaden gethan. Bisweilen aber, wenn das
Volck barbariſch iſt, iſt noͤthig, daß man Fremde nimmt, welche ſie
cultiviren. So machte es der Czaar, der aber klug war, und die mei-
ſten nur auf etliche Jahr annahm. Die mehreſten, ſo dahin gehen,
ſind nur intereſſirte Leute, Paſſagiers von Fortune. Denn was ſollte ei-
nen ſonſt bewegen, ſein Vaterland zu verlaſſen, und ſo weit weg zu ge-
hen? De indigenis handelt der Perez in ſeinem Iure publico Cap. LXIX.
p.
168. Weil es in Niederlanden dieſerwegen auch ſo Verdrießlichkei-
ten gegeben, ſo hat er gewieſen, wo Philippus II. angeſtoſſen. Der Chur-
laͤndiſche Law, den man vor einen Atheiſten haͤlt, hat eine Piece, ſo in
etlichen Bogen beſtehet, geſchrieben, ſub Tit. Intereſſe von Holland, dar-
innen ſagt er, daß ehe der andere Law nach Franckreich gegangen, haͤtte

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[227/0247] ſtatus circa Magiſtros & Magiſtratus inferiores. war arm, und die Armuth hat ihn darzu verleitet, daß er offt Geld ge- nommen, weßwegen er auch verhaßt worden. Die Niederlaͤnder haben keine andere Urſache gehabt, warum ſie die maſque abgezogen, als daß ſie geſagt, man giebt uns Fremde, die uns regieren ſollen, und der Printz VVilhelm von Oranien wollte die Hertzogin von Lothringen zur Gouver- nantin haben, ſo eine Teutſche Princeßin war, hergegen der Granvella war ein Bourguignon, deſſen Vater eines Schloͤſſers Sohn geweſen, und beym Carolo V. Premier-Miniſtre war; Man kan hier leſen des Grotii Hiſtoriam Belgicam, und des VVilhelms von Oranien Briefe, ſo er publiciren laſſen, worinnen expreſſe ſtehet, ſie ſollten ſervire peregrinis. An der Koͤnigin Chriſtina iſt auch dieſes getadelt worden. Wenn man die Daͤnen fragt, ſo ſagen ſie: per Germanos ſeſe opprimi; aber in Daͤnnemarck hat es eine andere raiſon, da muß der Koͤnig Fremde ha- ben, weil er den Adel nicht trauen kan, welcher ſich unter Friderico III. nicht wohl gehalten. Die Ungarn haben wider die peregrinos auch groſſe Klagen beygebracht. Ich habe ein Buch, darinnen die grava- mina derer Ungarn vorgeſtellet worden, darunter das Vornehmſte, ter- ras pinguisſimus exteris dari, etiam beneficia eccleſiaſtica. Wir Teut- ſchen haben mit dem Pabſt concordata Nationis German. gemacht, wor- innen expreſſe bedungen worden, daß der Pabſt in menſibus papalibus keinen Fremden præſentiren ſolle. Man laͤſſet nicht gerne das Honig- ſeim Fremde eſſen. Sie ſagen auch, es ſey contemtus nationis, gleich als wenn unter der Nation keine tuͤchtigen Leute waͤren. Man ſoupço- nirt, der Herr wolle den Staat mutiren. Dieſes ſind die fructus, ſi indigenæ non ad ſumantur. Ein weiſer Herr weiß alles einzurichten, und kan man hier keine accuraten Regeln vorſchreiben. Je weniger ei- ner peregrinos hat, je beſſer iſt es. Denn wir haben ſo viele Exempel, daß die peregrini groſſen Schaden gethan. Bisweilen aber, wenn das Volck barbariſch iſt, iſt noͤthig, daß man Fremde nimmt, welche ſie cultiviren. So machte es der Czaar, der aber klug war, und die mei- ſten nur auf etliche Jahr annahm. Die mehreſten, ſo dahin gehen, ſind nur intereſſirte Leute, Paſſagiers von Fortune. Denn was ſollte ei- nen ſonſt bewegen, ſein Vaterland zu verlaſſen, und ſo weit weg zu ge- hen? De indigenis handelt der Perez in ſeinem Iure publico Cap. LXIX. p. 168. Weil es in Niederlanden dieſerwegen auch ſo Verdrießlichkei- ten gegeben, ſo hat er gewieſen, wo Philippus II. angeſtoſſen. Der Chur- laͤndiſche Law, den man vor einen Atheiſten haͤlt, hat eine Piece, ſo in etlichen Bogen beſtehet, geſchrieben, ſub Tit. Intereſſe von Holland, dar- innen ſagt er, daß ehe der andere Law nach Franckreich gegangen, haͤtte er F f 2

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Zitationshilfe: Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733, S. 227. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gundling_discours_1733/247>, abgerufen am 24.11.2024.