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Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.

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Cap. V. De prudentia
er erst denen Holländern ein project praesentiret, wie sie ihre Schulden
bezahlen könnten, welche es aber bloß deßwegen nicht acceptiret, weil er
kein Belga, einen Fremden nähmen sie nicht zu ihren Financier. Eben so
würde es dem Law in Engeland ergangen seyn, und war es eine Schwach-
heit von dem Law, daß er nach Holland gegangen. In einer Monar-
chie
aber werden Fremde eher angenommen.

Zu welchen of-
ficiis
junge
und zu welchen
hingegen alte
zu nehmen.

§. 7. Junge Leute kan man nicht bey Seite setzen, sie haben biswei-
len eine vivacite, ein Esprit, können de rebus praesentibus urtheilen, sie
sind auch starck, und können was aussühren; Aber alles ist nicht suffi-
cient,
wenn man redet de Magistratibus praeponendis, es sey in bello oder
pace. Die jungen Leute haben noch keine connoisance von denen rebus
praeteritis;
keine Erfahrung: Denn die Erfahrung supponirt rerum prae-
teritarum memoriam.
Sie haben keine Erfahrung von malis, der keine
mala gesehen, ist praecipitant. Daher findet man auch, daß junge Leute
hitziger sind, als Leute, so etliche mahl bey einer Gefahr gewesen. Das
ist aber der beste Fürst, der beste Ministre, qui mala est expertus. Pru-
dentia
erfordert aliquid timoris, qui nihil timet, nihil providet, securus
est callidus, callidum consilium
aber heißt bey denen Alten ineptum con-
filium.
Daher wird man nicht leicht ein Volck in der Welt finden, so
adolescentes promovirt ad ejusmodi munera, in quibus summa rerum si-
ra est.
Bey denen Jüden hat man auch seniores gehabt, so das Volck
regieret. Man sagt auch: Penes senes est prudentia, experientia, conti-
nuata memoria.
Die jungen Leute müssen erst dazu auferzogen werden,
und zwar nebst denen Alten, welches Richelieu in seinem Testam. polit.
Cap. 7. Part. II.
wohl observiret. Zur execution muß man junge Leute
nehmen, nicht aber ins cabinet, ausser daß sie schweiger, und hören, was
die alten Füchse sagen. Ein alter Fuchs ist allezeit schlauer und listiger, als
ein junger Fuchs. Das principalste ist, welches ich gelesen in des Oso-
rii Principe,
) worinnen er einen Principem instruiret, was er vor Consi-
liarios choisi
ren soll,) dieser sagt: Wenn junge Leute bald steigen, und
groß werden, so meynen sie, es geschehe wegen ihrer meriten, und dencken,
GOtt müsse ihnen was befonders mitgetheilet haben, sie würden stoltz,
verachten andere, nichts schädlicher aber ist, als wenn man andere ver-
achtet. Der Lord Clarendon, Jacobi II. Schwieger-Vater, der die Hi-
stoire des Guerres civiles d'Angle terre
geschrieben, und darinnen bey Ja-
cobo I.
angefangen, zeiget, das alles Unglück von Jacobo I. herkommen.
Unter andern erzehlet er, daß er junge Leute zu den höchsten chargen em-
ploy
ret, wenn einer nur wohl ausgesehen, und einen hübschen reverenz
können machen, so hat er ihn in seine Dienste genommen. An den

Bu-

Cap. V. De prudentia
er erſt denen Hollaͤndern ein project præſentiret, wie ſie ihre Schulden
bezahlen koͤnnten, welche es aber bloß deßwegen nicht acceptiret, weil er
kein Belga, einen Fremden naͤhmen ſie nicht zu ihren Financier. Eben ſo
wuͤrde es dem Law in Engeland ergangen ſeyn, und war es eine Schwach-
heit von dem Law, daß er nach Holland gegangen. In einer Monar-
chie
aber werden Fremde eher angenommen.

Zu welchen of-
ficiis
junge
und zu welchen
hingegen alte
zu nehmen.

§. 7. Junge Leute kan man nicht bey Seite ſetzen, ſie haben biswei-
len eine vivacité, ein Eſprit, koͤnnen de rebus præſentibus urtheilen, ſie
ſind auch ſtarck, und koͤnnen was ausſuͤhren; Aber alles iſt nicht ſuffi-
cient,
wenn man redet de Magiſtratibus præponendis, es ſey in bello oder
pace. Die jungen Leute haben noch keine connoiſance von denen rebus
præteritis;
keine Erfahrung: Denn die Erfahrung ſupponirt rerum præ-
teritarum memoriam.
Sie haben keine Erfahrung von malis, der keine
mala geſehen, iſt præcipitant. Daher findet man auch, daß junge Leute
hitziger ſind, als Leute, ſo etliche mahl bey einer Gefahr geweſen. Das
iſt aber der beſte Fuͤrſt, der beſte Miniſtre, qui mala eſt expertus. Pru-
dentia
erfordert aliquid timoris, qui nihil timet, nihil providet, ſecurus
eſt callidus, callidum conſilium
aber heißt bey denen Alten ineptum con-
filium.
Daher wird man nicht leicht ein Volck in der Welt finden, ſo
adoleſcentes promovirt ad ejusmodi munera, in quibus ſumma rerum ſi-
ra eſt.
Bey denen Juͤden hat man auch ſeniores gehabt, ſo das Volck
regieret. Man ſagt auch: Penes ſenes eſt prudentia, experientia, conti-
nuata memoria.
Die jungen Leute muͤſſen erſt dazu auferzogen werden,
und zwar nebſt denen Alten, welches Richelieu in ſeinem Teſtam. polit.
Cap. 7. Part. II.
wohl obſerviret. Zur execution muß man junge Leute
nehmen, nicht aber ins cabinet, auſſer daß ſie ſchweiger, und hoͤren, was
die alten Fuͤchſe ſagen. Ein alter Fuchs iſt allezeit ſchlauer und liſtiger, als
ein junger Fuchs. Das principalſte iſt, welches ich geleſen in des Oſo-
rii Principe,
) worinnen er einen Principem inſtruiret, was er vor Conſi-
liarios choiſi
ren ſoll,) dieſer ſagt: Wenn junge Leute bald ſteigen, und
groß werden, ſo meynen ſie, es geſchehe wegen ihrer meriten, und dencken,
GOtt muͤſſe ihnen was befonders mitgetheilet haben, ſie wuͤrden ſtoltz,
verachten andere, nichts ſchaͤdlicher aber iſt, als wenn man andere ver-
achtet. Der Lord Clarendon, Jacobi II. Schwieger-Vater, der die Hi-
ſtoire des Guerres civiles d’Angle terre
geſchrieben, und darinnen bey Ja-
cobo I.
angefangen, zeiget, das alles Ungluͤck von Jacobo I. herkommen.
Unter andern erzehlet er, daß er junge Leute zu den hoͤchſten chargen em-
ploy
ret, wenn einer nur wohl ausgeſehen, und einen huͤbſchen reverenz
koͤnnen machen, ſo hat er ihn in ſeine Dienſte genommen. An den

Bu-
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[228/0248] Cap. V. De prudentia er erſt denen Hollaͤndern ein project præſentiret, wie ſie ihre Schulden bezahlen koͤnnten, welche es aber bloß deßwegen nicht acceptiret, weil er kein Belga, einen Fremden naͤhmen ſie nicht zu ihren Financier. Eben ſo wuͤrde es dem Law in Engeland ergangen ſeyn, und war es eine Schwach- heit von dem Law, daß er nach Holland gegangen. In einer Monar- chie aber werden Fremde eher angenommen. §. 7. Junge Leute kan man nicht bey Seite ſetzen, ſie haben biswei- len eine vivacité, ein Eſprit, koͤnnen de rebus præſentibus urtheilen, ſie ſind auch ſtarck, und koͤnnen was ausſuͤhren; Aber alles iſt nicht ſuffi- cient, wenn man redet de Magiſtratibus præponendis, es ſey in bello oder pace. Die jungen Leute haben noch keine connoiſance von denen rebus præteritis; keine Erfahrung: Denn die Erfahrung ſupponirt rerum præ- teritarum memoriam. Sie haben keine Erfahrung von malis, der keine mala geſehen, iſt præcipitant. Daher findet man auch, daß junge Leute hitziger ſind, als Leute, ſo etliche mahl bey einer Gefahr geweſen. Das iſt aber der beſte Fuͤrſt, der beſte Miniſtre, qui mala eſt expertus. Pru- dentia erfordert aliquid timoris, qui nihil timet, nihil providet, ſecurus eſt callidus, callidum conſilium aber heißt bey denen Alten ineptum con- filium. Daher wird man nicht leicht ein Volck in der Welt finden, ſo adoleſcentes promovirt ad ejusmodi munera, in quibus ſumma rerum ſi- ra eſt. Bey denen Juͤden hat man auch ſeniores gehabt, ſo das Volck regieret. Man ſagt auch: Penes ſenes eſt prudentia, experientia, conti- nuata memoria. Die jungen Leute muͤſſen erſt dazu auferzogen werden, und zwar nebſt denen Alten, welches Richelieu in ſeinem Teſtam. polit. Cap. 7. Part. II. wohl obſerviret. Zur execution muß man junge Leute nehmen, nicht aber ins cabinet, auſſer daß ſie ſchweiger, und hoͤren, was die alten Fuͤchſe ſagen. Ein alter Fuchs iſt allezeit ſchlauer und liſtiger, als ein junger Fuchs. Das principalſte iſt, welches ich geleſen in des Oſo- rii Principe,) worinnen er einen Principem inſtruiret, was er vor Conſi- liarios choiſiren ſoll,) dieſer ſagt: Wenn junge Leute bald ſteigen, und groß werden, ſo meynen ſie, es geſchehe wegen ihrer meriten, und dencken, GOtt muͤſſe ihnen was befonders mitgetheilet haben, ſie wuͤrden ſtoltz, verachten andere, nichts ſchaͤdlicher aber iſt, als wenn man andere ver- achtet. Der Lord Clarendon, Jacobi II. Schwieger-Vater, der die Hi- ſtoire des Guerres civiles d’Angle terre geſchrieben, und darinnen bey Ja- cobo I. angefangen, zeiget, das alles Ungluͤck von Jacobo I. herkommen. Unter andern erzehlet er, daß er junge Leute zu den hoͤchſten chargen em- ployret, wenn einer nur wohl ausgeſehen, und einen huͤbſchen reverenz koͤnnen machen, ſo hat er ihn in ſeine Dienſte genommen. An den Bu-

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Zitationshilfe: Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733, S. 228. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gundling_discours_1733/248>, abgerufen am 24.11.2024.