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Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.

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status circa Ministros & Magistratus inferiores.
lange währen; es ist gezwungen, es denckt einer, wenn es nur bald aus
wäre. Daher sagt Richelieu, man muß die Leute eine Zeitlang lassen
um sich seyn, sie probiren, die Pfaffen wissen dieses auch wohl, daher
diejenigen, welche Nonnen oder Mönche werden wollen, ihre Probe-
Jahre müssen aushalten, damit sie sehen, ob sie tüchtig zu diesem Stan-
de. Nach einiger Zeit cessiret affectatio. Kan man doch einen Für-
sten auslernen, daß, wenn er nur eine Mine machet, man schon weiß,
was er haben will, warum sollte man nicht auch können andere Leute
erkennen lernen? Man kan ja Espions haben. Die Espions müssen
auch acht geben, was sie thun, wenn sie zu Hause sind, und nicht affecti-
ren. Dieses hat Philippus II. in Spanien wohl verstanden, und wie er
ingeniös gewesen, so kunnte er einen jeden per verba ambigua was fra-
gen. Man lasse die Leute von unten auf hinauf steigen, damit man se-
he, wie sie zu diesen oder jenen geschickt sind. Was nun einen Sangui-
neo-Cholericum
anlanget, der ist douce, das Feuer wird temperiret, er
ist aptus ad consilium, aber zur execution ist er nicht zu gebrauchen. In
affairen, so nicht lange währen, kan man einen solchen nehmen, einen
Ambassadeur extraordinarium kan er abgeben. Er kan ein compliment
machen, wenn ein paar Fürstliche Personen getrauet werden, oder eine
Fürstliche Person in die Wochen kommt. Er praesentiret sich vortreff-
lich wie der Salomo, der, wenn man ihn natürlicher Weise betrachtet,
eben ein Sanguineo-Cholericus gewesen, denn er war sage, eloquens, sa-
he wohl aus etc. Zur execution hat ein solcher die constantiam nicht.
Aber ein David kan zur execution gebrauchet werden, eine Vestung
einzunehmen. Ein Cholerico-Sanguineus ist auch ad consilia danda bo-
nus,
aber die consilia sind so hitzig, wie bey dem Hertzog von Alba. Ein
grosser Herr muß die consilia temperiren, der thut das calidum weg, so
werden es gute consilia. Sie sind zornig, und machen offt ein pudeat
in ihren Zorn. Wenn man das Leben Davids natürlicher Weise be-
trachtet, so hatte er dieses temperament, bald hat er in venere, bald im
Zorn excediret, da hingegen Salomon gantz anders war. Gut wäre
es, wenn man die Heroes auch von ihren natürlichen Wesen betrachtete.
Denn was a Deo geschehen extra ordinem, gehöret nicht hieher. Hier
hat man Historiam sapientiae & stultitiae lassen drucken, worinnen Salo-
monis temperament
noch ziemlich wohl beschrieben. Wenn David ab-
gebildet wird, daß er braunroth vom Gesichte gewesen, so erkennet man
daraus, daß er natürlicher Weise ein courageuser, hertzhaffter Mann
gewesen. Ipse Deus utitur interdum instrumenti ejusmodi & accommo-
dat suam gratiam.
Wäre Lutherus nicht so ein hertzhaffter Mann ge-

wesen,
G g 3

ſtatus circa Miniſtros & Magiſtratus inferiores.
lange waͤhren; es iſt gezwungen, es denckt einer, wenn es nur bald aus
waͤre. Daher ſagt Richelieu, man muß die Leute eine Zeitlang laſſen
um ſich ſeyn, ſie probiren, die Pfaffen wiſſen dieſes auch wohl, daher
diejenigen, welche Nonnen oder Moͤnche werden wollen, ihre Probe-
Jahre muͤſſen aushalten, damit ſie ſehen, ob ſie tuͤchtig zu dieſem Stan-
de. Nach einiger Zeit ceſſiret affectatio. Kan man doch einen Fuͤr-
ſten auslernen, daß, wenn er nur eine Mine machet, man ſchon weiß,
was er haben will, warum ſollte man nicht auch koͤnnen andere Leute
erkennen lernen? Man kan ja Eſpions haben. Die Eſpions muͤſſen
auch acht geben, was ſie thun, wenn ſie zu Hauſe ſind, und nicht affecti-
ren. Dieſes hat Philippus II. in Spanien wohl verſtanden, und wie er
ingeniös geweſen, ſo kunnte er einen jeden per verba ambigua was fra-
gen. Man laſſe die Leute von unten auf hinauf ſteigen, damit man ſe-
he, wie ſie zu dieſen oder jenen geſchickt ſind. Was nun einen Sangui-
neo-Cholericum
anlanget, der iſt douce, das Feuer wird temperiret, er
iſt aptus ad conſilium, aber zur execution iſt er nicht zu gebrauchen. In
affairen, ſo nicht lange waͤhren, kan man einen ſolchen nehmen, einen
Ambaſſadeur extraordinarium kan er abgeben. Er kan ein compliment
machen, wenn ein paar Fuͤrſtliche Perſonen getrauet werden, oder eine
Fuͤrſtliche Perſon in die Wochen kommt. Er præſentiret ſich vortreff-
lich wie der Salomo, der, wenn man ihn natuͤrlicher Weiſe betrachtet,
eben ein Sanguineo-Cholericus geweſen, denn er war ſage, eloquens, ſa-
he wohl aus ꝛc. Zur execution hat ein ſolcher die conſtantiam nicht.
Aber ein David kan zur execution gebrauchet werden, eine Veſtung
einzunehmen. Ein Cholerico-Sanguineus iſt auch ad conſilia danda bo-
nus,
aber die conſilia ſind ſo hitzig, wie bey dem Hertzog von Alba. Ein
groſſer Herr muß die conſilia temperiren, der thut das calidum weg, ſo
werden es gute conſilia. Sie ſind zornig, und machen offt ein pudeat
in ihren Zorn. Wenn man das Leben Davids natuͤrlicher Weiſe be-
trachtet, ſo hatte er dieſes temperament, bald hat er in venere, bald im
Zorn excediret, da hingegen Salomon gantz anders war. Gut waͤre
es, wenn man die Heroes auch von ihren natuͤrlichen Weſen betrachtete.
Denn was a Deo geſchehen extra ordinem, gehoͤret nicht hieher. Hier
hat man Hiſtoriam ſapientiæ & ſtultitiæ laſſen drucken, worinnen Salo-
monis temperament
noch ziemlich wohl beſchrieben. Wenn David ab-
gebildet wird, daß er braunroth vom Geſichte geweſen, ſo erkennet man
daraus, daß er natuͤrlicher Weiſe ein courageuſer, hertzhaffter Mann
geweſen. Ipſe Deus utitur interdum inſtrumenti ejusmodi & accommo-
dat ſuam gratiam.
Waͤre Lutherus nicht ſo ein hertzhaffter Mann ge-

weſen,
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[237/0257] ſtatus circa Miniſtros & Magiſtratus inferiores. lange waͤhren; es iſt gezwungen, es denckt einer, wenn es nur bald aus waͤre. Daher ſagt Richelieu, man muß die Leute eine Zeitlang laſſen um ſich ſeyn, ſie probiren, die Pfaffen wiſſen dieſes auch wohl, daher diejenigen, welche Nonnen oder Moͤnche werden wollen, ihre Probe- Jahre muͤſſen aushalten, damit ſie ſehen, ob ſie tuͤchtig zu dieſem Stan- de. Nach einiger Zeit ceſſiret affectatio. Kan man doch einen Fuͤr- ſten auslernen, daß, wenn er nur eine Mine machet, man ſchon weiß, was er haben will, warum ſollte man nicht auch koͤnnen andere Leute erkennen lernen? Man kan ja Eſpions haben. Die Eſpions muͤſſen auch acht geben, was ſie thun, wenn ſie zu Hauſe ſind, und nicht affecti- ren. Dieſes hat Philippus II. in Spanien wohl verſtanden, und wie er ingeniös geweſen, ſo kunnte er einen jeden per verba ambigua was fra- gen. Man laſſe die Leute von unten auf hinauf ſteigen, damit man ſe- he, wie ſie zu dieſen oder jenen geſchickt ſind. Was nun einen Sangui- neo-Cholericum anlanget, der iſt douce, das Feuer wird temperiret, er iſt aptus ad conſilium, aber zur execution iſt er nicht zu gebrauchen. In affairen, ſo nicht lange waͤhren, kan man einen ſolchen nehmen, einen Ambaſſadeur extraordinarium kan er abgeben. Er kan ein compliment machen, wenn ein paar Fuͤrſtliche Perſonen getrauet werden, oder eine Fuͤrſtliche Perſon in die Wochen kommt. Er præſentiret ſich vortreff- lich wie der Salomo, der, wenn man ihn natuͤrlicher Weiſe betrachtet, eben ein Sanguineo-Cholericus geweſen, denn er war ſage, eloquens, ſa- he wohl aus ꝛc. Zur execution hat ein ſolcher die conſtantiam nicht. Aber ein David kan zur execution gebrauchet werden, eine Veſtung einzunehmen. Ein Cholerico-Sanguineus iſt auch ad conſilia danda bo- nus, aber die conſilia ſind ſo hitzig, wie bey dem Hertzog von Alba. Ein groſſer Herr muß die conſilia temperiren, der thut das calidum weg, ſo werden es gute conſilia. Sie ſind zornig, und machen offt ein pudeat in ihren Zorn. Wenn man das Leben Davids natuͤrlicher Weiſe be- trachtet, ſo hatte er dieſes temperament, bald hat er in venere, bald im Zorn excediret, da hingegen Salomon gantz anders war. Gut waͤre es, wenn man die Heroes auch von ihren natuͤrlichen Weſen betrachtete. Denn was a Deo geſchehen extra ordinem, gehoͤret nicht hieher. Hier hat man Hiſtoriam ſapientiæ & ſtultitiæ laſſen drucken, worinnen Salo- monis temperament noch ziemlich wohl beſchrieben. Wenn David ab- gebildet wird, daß er braunroth vom Geſichte geweſen, ſo erkennet man daraus, daß er natuͤrlicher Weiſe ein courageuſer, hertzhaffter Mann geweſen. Ipſe Deus utitur interdum inſtrumenti ejusmodi & accommo- dat ſuam gratiam. Waͤre Lutherus nicht ſo ein hertzhaffter Mann ge- weſen, G g 3

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Zitationshilfe: Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733, S. 237. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gundling_discours_1733/257>, abgerufen am 24.11.2024.