Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.status circa aerarium, tributa & vectigalia. Autor theilet auch die remedia in ordinaria und extraordinaria. Wennman in desordre kommt, ins Unglück, alsdenn kan man extraordinaria remedia gebrauchen; Diejenigen aber handeln närrisch, welche ordent- lich solche nehmen. Die meisten verstehen es nicht, auf Universitäten lernen sie nichts davon, wenn sie hernach in affairen kommen, wollen sie auch dabey in Compagnien gehen, dencken nicht nach, und lassen es al- les auf einen hazard ankommen, sie brauchen die Artzney-Mittel als or- dentliche Speisen. Die media licita bestehen darinnen, daß eines Für- sten sein Hauß, seine oeconomie so muß eingerichtet werden, damit alles Standes-mäßig sey. Das Wort Standes-mäßig aber ist ein vocabu- lum relativum, und kan man es hier nicht accurat determiniren. Die Verschwender nennen es alles Standes-mäßig. Man muß aber die magnificence so wissen zu figiren, daß keine Verschwendung heraus kommt, daher muß man nach proportion der revenüen davon judiciren. Einen eintzigen Secretarium, und einen Bedienten kan ein Herr nicht haben, wie einigen geträumet hat. Er kan auch nicht mit etlichen Pagen zu frieden seyn, aber das ist nicht nöthig, daß er viele hundert, ja tausend Personen ernähret, welche so zu sagen, fast alle nichts thun. Der Ab- be Veyrac, (welcher mit dem Hertzog von Anjou nach Spanien gegan- gen, und Spanien gantz durch gereiset, auch in Portugall gewesen, sa- get von Spanien, es habe der König funffzig Millionen revenüen, wel- che alle vor seine Bedienten aufgegangen; aber er habe so viel unnütze Leute. Er hat ausgerechnet, daß der König in Spanien viele tausend Thaler denen Thürhüthern gebe, welche ihm die Thüren aufmachten, wenn er in die Zimmer gehen wollte. Ingleichen bekommen auch die Glöckner viel Geld, und sagt er, wenn der König retranchiren wollte, was unnütze ausgegeben würde, so könnte er viele Millionen in seinem Tressor legen. Bisher hat es noch nicht geschehen können, weil es die Spanier so lange Zeit gewohnet sind, und thäte ein Herr nicht rath- sam, wenn er alles auf einmahl abschaffen wollte, die Leute würden mur- ren, aber peu a peu kan man schon was ändern. Ein Herr muß Ge- dult haben, auf einmahl kan er nicht reich werden. Mons. Bayle hat in seinem Dict Hist. Crit. eine artige reflexion gemacht, über den Etaat von Franckreich, und saget: Der König in Franckreich habe auch so viele Bedienten, welche alle von seinen pensions lebten, und wenn man es beym Lichte besähe, so helffen sie nichts, könnten also retranchiret wer- den. Was hat man nöthig, so viele Tage-Diebe zu ernähren? Am be- sten ist hier, wenn man das Mittel in acht nimmt, daß man seine redi- tus ansiehet, ingleichen, was man ausgiebet, und was übrig bleibet. Man M m
ſtatus circa ærarium, tributa & vectigalia. Autor theilet auch die remedia in ordinaria und extraordinaria. Wennman in deſordre kommt, ins Ungluͤck, alsdenn kan man extraordinaria remedia gebrauchen; Diejenigen aber handeln naͤrriſch, welche ordent- lich ſolche nehmen. Die meiſten verſtehen es nicht, auf Univerſitaͤten lernen ſie nichts davon, wenn ſie hernach in affairen kommen, wollen ſie auch dabey in Compagnien gehen, dencken nicht nach, und laſſen es al- les auf einen hazard ankommen, ſie brauchen die Artzney-Mittel als or- dentliche Speiſen. Die media licita beſtehen darinnen, daß eines Fuͤr- ſten ſein Hauß, ſeine œconomie ſo muß eingerichtet werden, damit alles Standes-maͤßig ſey. Das Wort Standes-maͤßig aber iſt ein vocabu- lum relativum, und kan man es hier nicht accurat determiniren. Die Verſchwender nennen es alles Standes-maͤßig. Man muß aber die magnificence ſo wiſſen zu figiren, daß keine Verſchwendung heraus kommt, daher muß man nach proportion der revenüen davon judiciren. Einen eintzigen Secretarium, und einen Bedienten kan ein Herr nicht haben, wie einigen getraͤumet hat. Er kan auch nicht mit etlichen Pagen zu frieden ſeyn, aber das iſt nicht noͤthig, daß er viele hundert, ja tauſend Perſonen ernaͤhret, welche ſo zu ſagen, faſt alle nichts thun. Der Ab- be Veyrac, (welcher mit dem Hertzog von Anjou nach Spanien gegan- gen, und Spanien gantz durch gereiſet, auch in Portugall geweſen, ſa- get von Spanien, es habe der Koͤnig funffzig Millionen revenüen, wel- che alle vor ſeine Bedienten aufgegangen; aber er habe ſo viel unnuͤtze Leute. Er hat ausgerechnet, daß der Koͤnig in Spanien viele tauſend Thaler denen Thuͤrhuͤthern gebe, welche ihm die Thuͤren aufmachten, wenn er in die Zimmer gehen wollte. Ingleichen bekommen auch die Gloͤckner viel Geld, und ſagt er, wenn der Koͤnig retranchiren wollte, was unnuͤtze ausgegeben wuͤrde, ſo koͤnnte er viele Millionen in ſeinem Treſſor legen. Bisher hat es noch nicht geſchehen koͤnnen, weil es die Spanier ſo lange Zeit gewohnet ſind, und thaͤte ein Herr nicht rath- ſam, wenn er alles auf einmahl abſchaffen wollte, die Leute wuͤrden mur- ren, aber peu a peu kan man ſchon was aͤndern. Ein Herr muß Ge- dult haben, auf einmahl kan er nicht reich werden. Monſ. Bayle hat in ſeinem Dict Hiſt. Crit. eine artige reflexion gemacht, uͤber den Etaat von Franckreich, und ſaget: Der Koͤnig in Franckreich habe auch ſo viele Bedienten, welche alle von ſeinen penſions lebten, und wenn man es beym Lichte beſaͤhe, ſo helffen ſie nichts, koͤnnten alſo retranchiret wer- den. Was hat man noͤthig, ſo viele Tage-Diebe zu ernaͤhren? Am be- ſten iſt hier, wenn man das Mittel in acht nimmt, daß man ſeine redi- tus anſiehet, ingleichen, was man ausgiebet, und was uͤbrig bleibet. Man M m
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Autor theilet auch die remedia in ordinaria und extraordinaria. Wenn
man in deſordre kommt, ins Ungluͤck, alsdenn kan man extraordinaria
remedia gebrauchen; Diejenigen aber handeln naͤrriſch, welche ordent-
lich ſolche nehmen. Die meiſten verſtehen es nicht, auf Univerſitaͤten
lernen ſie nichts davon, wenn ſie hernach in affairen kommen, wollen ſie
auch dabey in Compagnien gehen, dencken nicht nach, und laſſen es al-
les auf einen hazard ankommen, ſie brauchen die Artzney-Mittel als or-
dentliche Speiſen. Die media licita beſtehen darinnen, daß eines Fuͤr-
ſten ſein Hauß, ſeine œconomie ſo muß eingerichtet werden, damit alles
Standes-maͤßig ſey. Das Wort Standes-maͤßig aber iſt ein vocabu-
lum relativum, und kan man es hier nicht accurat determiniren. Die
Verſchwender nennen es alles Standes-maͤßig. Man muß aber die
magnificence ſo wiſſen zu figiren, daß keine Verſchwendung heraus
kommt, daher muß man nach proportion der revenüen davon judiciren.
Einen eintzigen Secretarium, und einen Bedienten kan ein Herr nicht
haben, wie einigen getraͤumet hat. Er kan auch nicht mit etlichen Pagen
zu frieden ſeyn, aber das iſt nicht noͤthig, daß er viele hundert, ja tauſend
Perſonen ernaͤhret, welche ſo zu ſagen, faſt alle nichts thun. Der Ab-
be Veyrac, (welcher mit dem Hertzog von Anjou nach Spanien gegan-
gen, und Spanien gantz durch gereiſet, auch in Portugall geweſen, ſa-
get von Spanien, es habe der Koͤnig funffzig Millionen revenüen, wel-
che alle vor ſeine Bedienten aufgegangen; aber er habe ſo viel unnuͤtze
Leute. Er hat ausgerechnet, daß der Koͤnig in Spanien viele tauſend
Thaler denen Thuͤrhuͤthern gebe, welche ihm die Thuͤren aufmachten,
wenn er in die Zimmer gehen wollte. Ingleichen bekommen auch die
Gloͤckner viel Geld, und ſagt er, wenn der Koͤnig retranchiren wollte,
was unnuͤtze ausgegeben wuͤrde, ſo koͤnnte er viele Millionen in ſeinem
Treſſor legen. Bisher hat es noch nicht geſchehen koͤnnen, weil es
die Spanier ſo lange Zeit gewohnet ſind, und thaͤte ein Herr nicht rath-
ſam, wenn er alles auf einmahl abſchaffen wollte, die Leute wuͤrden mur-
ren, aber peu a peu kan man ſchon was aͤndern. Ein Herr muß Ge-
dult haben, auf einmahl kan er nicht reich werden. Monſ. Bayle hat in
ſeinem Dict Hiſt. Crit. eine artige reflexion gemacht, uͤber den Etaat von
Franckreich, und ſaget: Der Koͤnig in Franckreich habe auch ſo viele
Bedienten, welche alle von ſeinen penſions lebten, und wenn man es
beym Lichte beſaͤhe, ſo helffen ſie nichts, koͤnnten alſo retranchiret wer-
den. Was hat man noͤthig, ſo viele Tage-Diebe zu ernaͤhren? Am be-
ſten iſt hier, wenn man das Mittel in acht nimmt, daß man ſeine redi-
tus anſiehet, ingleichen, was man ausgiebet, und was uͤbrig bleibet.
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