Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.status circa aerarium, tributa & vectigalia. als Teutschland. Ein jeder comes hatte seine milites unter sich, die ercommandirete, und wenn der Krieg aus war, so gieng er nach Hause, und hielt Gerichte. Es sind auch Bürger mit in den Krieg gegangen, die trieben hernach ihr metier fort, wenn sie wieder nach Hause kamen. Der Pere Daniel hat ein Buch von der Frantzösischen Chevallerie her- aus gegeben, darinnen er die alte und neue Kriegs-facon in Franckreich beschreibet, und beweiset, daß sie eine grosse Anzahl von Trouppen aus Bürgern formiret. Aber vor dem haben auch die Kriege nicht lange gedau- ret, da giengen sie in Krieg, schlugen sich einmahl herum, und marchirten hernach wieder nach Hause. Hergegen jetzo dauren die Kriege lange, ein Kerl muß von seiner Frau und Kindern weg, er muß sein Handwerck liegen lassen. Daher, wenn jetzo einer geworben wird, so ist es, als wenn er gleich sollte in den Tod gehen, die Frau und Kinder heulen. Deßwegen haben eben die Holländer und Engeländer subsidien-Gel- der bezahlet. In Teutschland aber sind viele Müßiggänger. Puffen- dorff hat in seiner Einleitung zur Historie observiret, daß der vierdte Theil in Teutschland Faullentzer, so in den Krieg lauffen, und dencken Beute zu machen, welches eine alte opinion ist bey denen Teutschen. Die grossen Herren in Teutschland haben die inclination gesehen, da- her haben sie solche gebraucht als ein remedium Geld zu machen, denn, wenn ich alle Jahr zwey mahl hundert tausend Thaler subsidien-Gel- der bekomme, so ist es so gut, als wenn ich zwey mittelmäßige Graf- schafften habe. Die Schweitzer machen es eben so, weil sie ihre Leute nicht alle ernehren können; Also ist es kein Wunder, wenn der Autor es ansiehet, als ein Mittel, das aerarium zu vermehren. Die Dähnen haben auch offt viele tausend Mann andern überlassen. Aber Molles- worth, welcher den Staat von Dännemarck beschrieben, sagt: Die Herren dächten, sie hätten avantage, in der That aber schade es ihnen; Man sollte lieber lassen die Leute ein metier ergreiffen, und im Lande be- halten, damit das Land depeupliret werde; Und die Wahrheit zu sagen, so ist es ein grosser Fehler, daß man so einfältig ist, und verkaufft die Menschen aus seinen Landen. Man bedencke, was das vor einen Schaden gethan, da der Hertzog von N. funffzehen hundert Köpffe vor die Venetianer geworben, welches auch grosses Murren verursachet. Aber es ist sein Lebtag bey denen Teutschen so gewesen, weil sie eine so grosse inclination zum Kriege haben. Das hat der Pabst wohl ge- wust, und hätte er sich gerne einen andern advocatum ecclesiae ange- nommen, wenn er nicht gewust, daß die Teutschen sich lassen von an- dern gebrauchen. Caesar hat etliche legionen von Teutschen gehabt, die er M m 3
ſtatus circa ærarium, tributa & vectigalia. als Teutſchland. Ein jeder comes hatte ſeine milites unter ſich, die ercommandirete, und wenn der Krieg aus war, ſo gieng er nach Hauſe, und hielt Gerichte. Es ſind auch Buͤrger mit in den Krieg gegangen, die trieben hernach ihr metier fort, wenn ſie wieder nach Hauſe kamen. Der Pere Daniel hat ein Buch von der Frantzoͤſiſchen Chevallerie her- aus gegeben, darinnen er die alte und neue Kriegs-façon in Franckreich beſchreibet, und beweiſet, daß ſie eine groſſe Anzahl von Trouppen aus Buͤrgern formiret. Aber vor dem haben auch die Kriege nicht lange gedau- ret, da giengen ſie in Krieg, ſchlugen ſich einmahl herum, und marchirten hernach wieder nach Hauſe. Hergegen jetzo dauren die Kriege lange, ein Kerl muß von ſeiner Frau und Kindern weg, er muß ſein Handwerck liegen laſſen. Daher, wenn jetzo einer geworben wird, ſo iſt es, als wenn er gleich ſollte in den Tod gehen, die Frau und Kinder heulen. Deßwegen haben eben die Hollaͤnder und Engelaͤnder ſubſidien-Gel- der bezahlet. In Teutſchland aber ſind viele Muͤßiggaͤnger. Puffen- dorff hat in ſeiner Einleitung zur Hiſtorie obſerviret, daß der vierdte Theil in Teutſchland Faullentzer, ſo in den Krieg lauffen, und dencken Beute zu machen, welches eine alte opinion iſt bey denen Teutſchen. Die groſſen Herren in Teutſchland haben die inclination geſehen, da- her haben ſie ſolche gebraucht als ein remedium Geld zu machen, denn, wenn ich alle Jahr zwey mahl hundert tauſend Thaler ſubſidien-Gel- der bekomme, ſo iſt es ſo gut, als wenn ich zwey mittelmaͤßige Graf- ſchafften habe. Die Schweitzer machen es eben ſo, weil ſie ihre Leute nicht alle ernehren koͤnnen; Alſo iſt es kein Wunder, wenn der Autor es anſiehet, als ein Mittel, das ærarium zu vermehren. Die Daͤhnen haben auch offt viele tauſend Mann andern uͤberlaſſen. Aber Molles- worth, welcher den Staat von Daͤnnemarck beſchrieben, ſagt: Die Herren daͤchten, ſie haͤtten avantage, in der That aber ſchade es ihnen; Man ſollte lieber laſſen die Leute ein metier ergreiffen, und im Lande be- halten, damit das Land depeupliret werde; Und die Wahrheit zu ſagen, ſo iſt es ein groſſer Fehler, daß man ſo einfaͤltig iſt, und verkaufft die Menſchen aus ſeinen Landen. Man bedencke, was das vor einen Schaden gethan, da der Hertzog von N. funffzehen hundert Koͤpffe vor die Venetianer geworben, welches auch groſſes Murren verurſachet. Aber es iſt ſein Lebtag bey denen Teutſchen ſo geweſen, weil ſie eine ſo groſſe inclination zum Kriege haben. Das hat der Pabſt wohl ge- wuſt, und haͤtte er ſich gerne einen andern advocatum eccleſiæ ange- nommen, wenn er nicht gewuſt, daß die Teutſchen ſich laſſen von an- dern gebrauchen. Cæſar hat etliche legionen von Teutſchen gehabt, die er M m 3
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als Teutſchland. Ein jeder comes hatte ſeine milites unter ſich, die er
commandirete, und wenn der Krieg aus war, ſo gieng er nach Hauſe,
und hielt Gerichte. Es ſind auch Buͤrger mit in den Krieg gegangen,
die trieben hernach ihr metier fort, wenn ſie wieder nach Hauſe kamen.
Der Pere Daniel hat ein Buch von der Frantzoͤſiſchen Chevallerie her-
aus gegeben, darinnen er die alte und neue Kriegs-façon in Franckreich
beſchreibet, und beweiſet, daß ſie eine groſſe Anzahl von Trouppen aus
Buͤrgern formiret. Aber vor dem haben auch die Kriege nicht lange gedau-
ret, da giengen ſie in Krieg, ſchlugen ſich einmahl herum, und marchirten
hernach wieder nach Hauſe. Hergegen jetzo dauren die Kriege lange,
ein Kerl muß von ſeiner Frau und Kindern weg, er muß ſein Handwerck
liegen laſſen. Daher, wenn jetzo einer geworben wird, ſo iſt es, als
wenn er gleich ſollte in den Tod gehen, die Frau und Kinder heulen.
Deßwegen haben eben die Hollaͤnder und Engelaͤnder ſubſidien-Gel-
der bezahlet. In Teutſchland aber ſind viele Muͤßiggaͤnger. Puffen-
dorff hat in ſeiner Einleitung zur Hiſtorie obſerviret, daß der vierdte
Theil in Teutſchland Faullentzer, ſo in den Krieg lauffen, und dencken
Beute zu machen, welches eine alte opinion iſt bey denen Teutſchen.
Die groſſen Herren in Teutſchland haben die inclination geſehen, da-
her haben ſie ſolche gebraucht als ein remedium Geld zu machen, denn,
wenn ich alle Jahr zwey mahl hundert tauſend Thaler ſubſidien-Gel-
der bekomme, ſo iſt es ſo gut, als wenn ich zwey mittelmaͤßige Graf-
ſchafften habe. Die Schweitzer machen es eben ſo, weil ſie ihre Leute
nicht alle ernehren koͤnnen; Alſo iſt es kein Wunder, wenn der Autor
es anſiehet, als ein Mittel, das ærarium zu vermehren. Die Daͤhnen
haben auch offt viele tauſend Mann andern uͤberlaſſen. Aber Molles-
worth, welcher den Staat von Daͤnnemarck beſchrieben, ſagt: Die
Herren daͤchten, ſie haͤtten avantage, in der That aber ſchade es ihnen;
Man ſollte lieber laſſen die Leute ein metier ergreiffen, und im Lande be-
halten, damit das Land depeupliret werde; Und die Wahrheit zu ſagen,
ſo iſt es ein groſſer Fehler, daß man ſo einfaͤltig iſt, und verkaufft die
Menſchen aus ſeinen Landen. Man bedencke, was das vor einen
Schaden gethan, da der Hertzog von N. funffzehen hundert Koͤpffe vor
die Venetianer geworben, welches auch groſſes Murren verurſachet.
Aber es iſt ſein Lebtag bey denen Teutſchen ſo geweſen, weil ſie eine ſo
groſſe inclination zum Kriege haben. Das hat der Pabſt wohl ge-
wuſt, und haͤtte er ſich gerne einen andern advocatum eccleſiæ ange-
nommen, wenn er nicht gewuſt, daß die Teutſchen ſich laſſen von an-
dern gebrauchen. Cæſar hat etliche legionen von Teutſchen gehabt, die
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