Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.status circa aerarium, tributa & vectigalia. gleich auf die meriten gesehen, daher, als Torstenson auch ein doma-nium hatte, und dem Carl Gustav gesagt wurde, er sollte es ihm wegneh- men, so hat er geantwortet, wenn auch Torstenson die Helffte seines palais inne hätte, wollte er ihn doch nicht vertreiben, denn Torstenson war ein Mann, der meriten hatte. Diese reductiones gehen wohl an in regnis successivis aber nicht electicis; Wenn also der Kayser wollte reductiones vornehmen, würde man es ihm nicht gestatten, weil er die vorgeschriebene capitulation observiren muß. Bey dem aerario muß auch ein Herr darauf sehen, daß alles wohl disponiret wird. Er muß gute Cammer-Räthe und Controlleurs halten. Bey denen Cammer- Räthen ist dieses zu mercken, daß, ehe man die financen in Ordnung gebracht, so haben sich Leute von extraction gescheuet, Cammer-Räthe zu werden. Sie sagten: Dem Edelmann und grossen Herren gehöre der Degen. In Franckreich wird man finden, daß die grössesten Fi- nanciers von geringer extraction gewesen, welche sich hernach in die Hö- he geschwungen: denn auch in Franckreich hat man gemeynet, es schicke sich dergleichen Bedienung nicht vor Leute von extraction. Darum hat eben der Richelieu und Mazarini leicht können zurecht kommen, bis der Colbert kam, welcher die financen erst in die Höhe gebracht. Cal- lieres in seinem Buch la Fortune des Gens de Cour sagt auch: Es sey ein grosses Bedencken, ob einer von Naissance zu dergleichen employe sich könne gebrauchen lassen. Zuletzt meynet er aber doch, es gehe an. Vor allen Dingen muß ein Herr die Camerales hoch setzen, und dieses ist eben ein Fehler an vielen Höfen, daß man diese Leute so schlecht tractiret, und allen andern Collegiis nachsetzet, daher hat sich keiner wol- len auf solche Dinge appliciren, weil sie gesehen, daß man da kein ho- hes fortune machen kan, derowegen muß man als ein principium regu- lativum annehmen, die Cameralisten hoch zu setzen. Es ist eine Kunst einen Financier abzugeben; In Reichs-Städten hat man nichts von financen, da bleibet man bey dem alten. Es werden diejenigen, so bey dem aerario sitzen, nicht mehr geehrt als andere. Man nimmt zwar die ältesten Leute dazu, aber die erhöhet man nur, weil sie seniores sind. Die Losunger in Nürnberg sind alte Leute, welche man ehret wegen ih- res Alters; Wenn aber dieselbigen bloß vom aerario leben sollten, wür- den sie schlecht auskommen. Wer einen Cammer-Rath abgeben will, muß studia, Wissenschafft, experience haben, eine gute Politic, Mo- ral muß er inne haben. Weiß er keine Moral, so kennet er die Men- schen nicht, so machet er einen Fehler über den andern. Die Einrich- tung der financen machet die Leute närrisch, welches man aus der Hi- storie P p
ſtatus circa ærarium, tributa & vectigalia. gleich auf die meriten geſehen, daher, als Torſtenſon auch ein doma-nium hatte, und dem Carl Guſtav geſagt wurde, er ſollte es ihm wegneh- men, ſo hat er geantwortet, wenn auch Torſtenſon die Helffte ſeines palais inne haͤtte, wollte er ihn doch nicht vertreiben, denn Torſtenſon war ein Mann, der meriten hatte. Dieſe reductiones gehen wohl an in regnis ſucceſſivis aber nicht electicis; Wenn alſo der Kayſer wollte reductiones vornehmen, wuͤrde man es ihm nicht geſtatten, weil er die vorgeſchriebene capitulation obſerviren muß. Bey dem ærario muß auch ein Herr darauf ſehen, daß alles wohl diſponiret wird. Er muß gute Cammer-Raͤthe und Controlleurs halten. Bey denen Cammer- Raͤthen iſt dieſes zu mercken, daß, ehe man die finançen in Ordnung gebracht, ſo haben ſich Leute von extraction geſcheuet, Cammer-Raͤthe zu werden. Sie ſagten: Dem Edelmann und groſſen Herren gehoͤre der Degen. In Franckreich wird man finden, daß die groͤſſeſten Fi- nanciers von geringer extraction geweſen, welche ſich hernach in die Hoͤ- he geſchwungen: denn auch in Franckreich hat man gemeynet, es ſchicke ſich dergleichen Bedienung nicht vor Leute von extraction. Darum hat eben der Richelieu und Mazarini leicht koͤnnen zurecht kommen, bis der Colbert kam, welcher die finançen erſt in die Hoͤhe gebracht. Cal- lieres in ſeinem Buch la Fortune des Gens de Cour ſagt auch: Es ſey ein groſſes Bedencken, ob einer von Naiſſance zu dergleichen employe ſich koͤnne gebrauchen laſſen. Zuletzt meynet er aber doch, es gehe an. Vor allen Dingen muß ein Herr die Camerales hoch ſetzen, und dieſes iſt eben ein Fehler an vielen Hoͤfen, daß man dieſe Leute ſo ſchlecht tractiret, und allen andern Collegiis nachſetzet, daher hat ſich keiner wol- len auf ſolche Dinge appliciren, weil ſie geſehen, daß man da kein ho- hes fortune machen kan, derowegen muß man als ein principium regu- lativum annehmen, die Cameraliſten hoch zu ſetzen. Es iſt eine Kunſt einen Financier abzugeben; In Reichs-Staͤdten hat man nichts von finançen, da bleibet man bey dem alten. Es werden diejenigen, ſo bey dem ærario ſitzen, nicht mehr geehrt als andere. Man nimmt zwar die aͤlteſten Leute dazu, aber die erhoͤhet man nur, weil ſie ſeniores ſind. Die Loſunger in Nuͤrnberg ſind alte Leute, welche man ehret wegen ih- res Alters; Wenn aber dieſelbigen bloß vom ærario leben ſollten, wuͤr- den ſie ſchlecht auskommen. Wer einen Cammer-Rath abgeben will, muß ſtudia, Wiſſenſchafft, experience haben, eine gute Politic, Mo- ral muß er inne haben. Weiß er keine Moral, ſo kennet er die Men- ſchen nicht, ſo machet er einen Fehler uͤber den andern. Die Einrich- tung der finançen machet die Leute naͤrriſch, welches man aus der Hi- ſtorie P p
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men, ſo hat er geantwortet, wenn auch Torſtenſon die Helffte ſeines
palais inne haͤtte, wollte er ihn doch nicht vertreiben, denn Torſtenſon
war ein Mann, der meriten hatte. Dieſe reductiones gehen wohl an
in regnis ſucceſſivis aber nicht electicis; Wenn alſo der Kayſer wollte
reductiones vornehmen, wuͤrde man es ihm nicht geſtatten, weil er die
vorgeſchriebene capitulation obſerviren muß. Bey dem ærario muß
auch ein Herr darauf ſehen, daß alles wohl diſponiret wird. Er muß
gute Cammer-Raͤthe und Controlleurs halten. Bey denen Cammer-
Raͤthen iſt dieſes zu mercken, daß, ehe man die finançen in Ordnung
gebracht, ſo haben ſich Leute von extraction geſcheuet, Cammer-Raͤthe
zu werden. Sie ſagten: Dem Edelmann und groſſen Herren gehoͤre
der Degen. In Franckreich wird man finden, daß die groͤſſeſten Fi-
nanciers von geringer extraction geweſen, welche ſich hernach in die Hoͤ-
he geſchwungen: denn auch in Franckreich hat man gemeynet, es ſchicke
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hat eben der Richelieu und Mazarini leicht koͤnnen zurecht kommen, bis
der Colbert kam, welcher die finançen erſt in die Hoͤhe gebracht. Cal-
lieres in ſeinem Buch la Fortune des Gens de Cour ſagt auch: Es ſey
ein groſſes Bedencken, ob einer von Naiſſance zu dergleichen employe
ſich koͤnne gebrauchen laſſen. Zuletzt meynet er aber doch, es gehe an.
Vor allen Dingen muß ein Herr die Camerales hoch ſetzen, und dieſes
iſt eben ein Fehler an vielen Hoͤfen, daß man dieſe Leute ſo ſchlecht
tractiret, und allen andern Collegiis nachſetzet, daher hat ſich keiner wol-
len auf ſolche Dinge appliciren, weil ſie geſehen, daß man da kein ho-
hes fortune machen kan, derowegen muß man als ein principium regu-
lativum annehmen, die Cameraliſten hoch zu ſetzen. Es iſt eine Kunſt
einen Financier abzugeben; In Reichs-Staͤdten hat man nichts von
finançen, da bleibet man bey dem alten. Es werden diejenigen, ſo bey
dem ærario ſitzen, nicht mehr geehrt als andere. Man nimmt zwar die
aͤlteſten Leute dazu, aber die erhoͤhet man nur, weil ſie ſeniores ſind.
Die Loſunger in Nuͤrnberg ſind alte Leute, welche man ehret wegen ih-
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den ſie ſchlecht auskommen. Wer einen Cammer-Rath abgeben
will, muß ſtudia, Wiſſenſchafft, experience haben, eine gute Politic, Mo-
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