Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.

Bild:
<< vorherige Seite

Cap. V. De prudentia
mag nun zu Wasser oder zu Lande geschehen, so brauchet man Leute,
welche packen; daher hat man Ballenbinder, welche in der Geschwin-
digkeit alles können zusammen binden, und bringen es auch dahin, wo
es aufgeladen wird. In Nürnberg hat man auch eigene Leute, so man
Bestatter, Besteller nennet, die müssen die Fracht abtragen, und ande-
re besorgen: Kommt Wein an, so sind verflichtete Leute da, welche den-
selben abladen, damit kein Schade geschehe. Man muß auch an einem
commercirenden Orte richtige Ellen, Maaß und Gewicht haben. Das
commercium ist zwar indigenorum & exterorum, aber man muß doch
allezeit darauf sehen, daß unsre Einwohner von jenen mehr gewinnen,
als sie von uns bekommen. Daher, ob zwar die Engeländer viel gewin-
nen in Ansehung anderer nationen, so verlieren sie doch ratione Franck-
reich vieles. Deßwegen haben sie auch auf allerhand Anschläge ge-
dacht, den profit der Frantzosen zu verringern. Dicis: So werden die
Frantzosen nicht mehr mit den Engeländern handeln wollen? Respond.
Wenn die Frantzmänner nur drey Millionen gewinnen, so werden sie
doch das negotium mit Engeland nicht einstellen. Die Engeländer
haben 1) gesetzt, daß nur eine eintzige Stadt in Engeland soll können
mit denen Frantzosen handeln, wenn die Frantzosen wollen ihre Waaren
nach Engeland verhandeln. Hergegen alle Englische Städte können
mit denen Frantzosen handeln, wenn sie Englische Waaren haben wol-
len, 2) lassen sie keinen Frantzosen auf die Englische Märckte und Mes-
sen. Denn wenn die Frantzosen ihre Waaren hinbringen, so geben sie
dieselben lieber wohlfeil, ehe sie selbige wieder mit nach Hause nehmen,
und können die Engeländer nichts verkauffen, deßwegen ist es verbothen.
Will einer ja Frantzösische Waaren haben, so muß er sie aus der an-
dern Hand kauffen. 3) Die Engeländer lassen kein Geld aus dem Lan-
de, sondern alles muß durch Wechsel bezahlet werden. 4) Incommodi-
ren sie auch die Frantzosen mit Befrachtung der Schiffe, daß sie ihre
Waaren in Englischen Schiffen müssen wieder nach Hause bringen, und
ihre Schiffe müssen leer gehen. Sie scheren die Frantzosen entsetzlich,
welche deßwegen doch nicht wegbleiben. Ja sie haben wollen das com-
mercium
mit Engeland offen lassen, wenn gleich sollte Krieg seyn. Vor
diesem haben die Frantzosen von denen Engeländern über acht Millio-
nen profitiret, aber jetzo hat es sehr abgenommen. Die Engeländer
nehmen viel Papier von ihnen, item viel Glaß. Sie bekommen auch
viele Farben von denen Frantzosen, welche die Engeländer nicht missen
können in ihren Manufacturen. Vor diesem haben sie auch ein Hauf-
fen Pulver von denen Frantzosen genommen. Der Engeländer ist ein

eigener

Cap. V. De prudentia
mag nun zu Waſſer oder zu Lande geſchehen, ſo brauchet man Leute,
welche packen; daher hat man Ballenbinder, welche in der Geſchwin-
digkeit alles koͤnnen zuſammen binden, und bringen es auch dahin, wo
es aufgeladen wird. In Nuͤrnberg hat man auch eigene Leute, ſo man
Beſtatter, Beſteller nennet, die muͤſſen die Fracht abtragen, und ande-
re beſorgen: Kommt Wein an, ſo ſind verflichtete Leute da, welche den-
ſelben abladen, damit kein Schade geſchehe. Man muß auch an einem
commercirenden Orte richtige Ellen, Maaß und Gewicht haben. Das
commercium iſt zwar indigenorum & exterorum, aber man muß doch
allezeit darauf ſehen, daß unſre Einwohner von jenen mehr gewinnen,
als ſie von uns bekommen. Daher, ob zwar die Engelaͤnder viel gewin-
nen in Anſehung anderer nationen, ſo verlieren ſie doch ratione Franck-
reich vieles. Deßwegen haben ſie auch auf allerhand Anſchlaͤge ge-
dacht, den profit der Frantzoſen zu verringern. Dicis: So werden die
Frantzoſen nicht mehr mit den Engelaͤndern handeln wollen? Reſpond.
Wenn die Frantzmaͤnner nur drey Millionen gewinnen, ſo werden ſie
doch das negotium mit Engeland nicht einſtellen. Die Engelaͤnder
haben 1) geſetzt, daß nur eine eintzige Stadt in Engeland ſoll koͤnnen
mit denen Frantzoſen handeln, wenn die Frantzoſen wollen ihre Waaren
nach Engeland verhandeln. Hergegen alle Engliſche Staͤdte koͤnnen
mit denen Frantzoſen handeln, wenn ſie Engliſche Waaren haben wol-
len, 2) laſſen ſie keinen Frantzoſen auf die Engliſche Maͤrckte und Meſ-
ſen. Denn wenn die Frantzoſen ihre Waaren hinbringen, ſo geben ſie
dieſelben lieber wohlfeil, ehe ſie ſelbige wieder mit nach Hauſe nehmen,
und koͤnnen die Engelaͤnder nichts verkauffen, deßwegen iſt es verbothen.
Will einer ja Frantzoͤſiſche Waaren haben, ſo muß er ſie aus der an-
dern Hand kauffen. 3) Die Engelaͤnder laſſen kein Geld aus dem Lan-
de, ſondern alles muß durch Wechſel bezahlet werden. 4) Incommodi-
ren ſie auch die Frantzoſen mit Befrachtung der Schiffe, daß ſie ihre
Waaren in Engliſchen Schiffen muͤſſen wieder nach Hauſe bringen, und
ihre Schiffe muͤſſen leer gehen. Sie ſcheren die Frantzoſen entſetzlich,
welche deßwegen doch nicht wegbleiben. Ja ſie haben wollen das com-
mercium
mit Engeland offen laſſen, wenn gleich ſollte Krieg ſeyn. Vor
dieſem haben die Frantzoſen von denen Engelaͤndern uͤber acht Millio-
nen profitiret, aber jetzo hat es ſehr abgenommen. Die Engelaͤnder
nehmen viel Papier von ihnen, item viel Glaß. Sie bekommen auch
viele Farben von denen Frantzoſen, welche die Engelaͤnder nicht miſſen
koͤnnen in ihren Manufacturen. Vor dieſem haben ſie auch ein Hauf-
fen Pulver von denen Frantzoſen genommen. Der Engelaͤnder iſt ein

eigener
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0348" n="328"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g"><hi rendition="#k">Cap.</hi></hi> V. De prudentia</hi></fw><lb/>
mag nun zu Wa&#x017F;&#x017F;er oder zu Lande ge&#x017F;chehen, &#x017F;o brauchet man Leute,<lb/>
welche packen; daher hat man Ballenbinder, welche in der Ge&#x017F;chwin-<lb/>
digkeit alles ko&#x0364;nnen zu&#x017F;ammen binden, und bringen es auch dahin, wo<lb/>
es aufgeladen wird. In Nu&#x0364;rnberg hat man auch eigene Leute, &#x017F;o man<lb/>
Be&#x017F;tatter, Be&#x017F;teller nennet, die mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en die Fracht abtragen, und ande-<lb/>
re be&#x017F;orgen: Kommt Wein an, &#x017F;o &#x017F;ind verflichtete Leute da, welche den-<lb/>
&#x017F;elben abladen, damit kein Schade ge&#x017F;chehe. Man muß auch an einem<lb/><hi rendition="#aq">commerci</hi>renden Orte richtige Ellen, Maaß und Gewicht haben. Das<lb/><hi rendition="#aq">commercium</hi> i&#x017F;t zwar <hi rendition="#aq">indigenorum &amp; exterorum,</hi> aber man muß doch<lb/>
allezeit darauf &#x017F;ehen, daß un&#x017F;re Einwohner von jenen mehr gewinnen,<lb/>
als &#x017F;ie von uns bekommen. Daher, ob zwar die Engela&#x0364;nder viel gewin-<lb/>
nen in An&#x017F;ehung anderer <hi rendition="#aq">natio</hi>nen, &#x017F;o verlieren &#x017F;ie doch <hi rendition="#aq">ratione</hi> Franck-<lb/>
reich vieles. Deßwegen haben &#x017F;ie auch auf allerhand An&#x017F;chla&#x0364;ge ge-<lb/>
dacht, den <hi rendition="#aq">profit</hi> der Frantzo&#x017F;en zu verringern. <hi rendition="#aq">Dicis:</hi> So werden die<lb/>
Frantzo&#x017F;en nicht mehr mit den Engela&#x0364;ndern handeln wollen? <hi rendition="#aq">Re&#x017F;pond.</hi><lb/>
Wenn die Frantzma&#x0364;nner nur drey Millionen gewinnen, &#x017F;o werden &#x017F;ie<lb/>
doch das <hi rendition="#aq">negotium</hi> mit Engeland nicht ein&#x017F;tellen. Die Engela&#x0364;nder<lb/>
haben 1) ge&#x017F;etzt, daß nur eine eintzige Stadt in Engeland &#x017F;oll ko&#x0364;nnen<lb/>
mit denen Frantzo&#x017F;en handeln, wenn die Frantzo&#x017F;en wollen ihre Waaren<lb/>
nach Engeland verhandeln. Hergegen alle Engli&#x017F;che Sta&#x0364;dte ko&#x0364;nnen<lb/>
mit denen Frantzo&#x017F;en handeln, wenn &#x017F;ie Engli&#x017F;che Waaren haben wol-<lb/>
len, 2) la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie keinen Frantzo&#x017F;en auf die Engli&#x017F;che Ma&#x0364;rckte und Me&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en. Denn wenn die Frantzo&#x017F;en ihre Waaren hinbringen, &#x017F;o geben &#x017F;ie<lb/>
die&#x017F;elben lieber wohlfeil, ehe &#x017F;ie &#x017F;elbige wieder mit nach Hau&#x017F;e nehmen,<lb/>
und ko&#x0364;nnen die Engela&#x0364;nder nichts verkauffen, deßwegen i&#x017F;t es verbothen.<lb/>
Will einer ja Frantzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;che Waaren haben, &#x017F;o muß er &#x017F;ie aus der an-<lb/>
dern Hand kauffen. 3) Die Engela&#x0364;nder la&#x017F;&#x017F;en kein Geld aus dem Lan-<lb/>
de, &#x017F;ondern alles muß durch Wech&#x017F;el bezahlet werden. 4) <hi rendition="#aq">Incommodi</hi>-<lb/>
ren &#x017F;ie auch die Frantzo&#x017F;en mit Befrachtung der Schiffe, daß &#x017F;ie ihre<lb/>
Waaren in Engli&#x017F;chen Schiffen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en wieder nach Hau&#x017F;e bringen, und<lb/>
ihre Schiffe mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en leer gehen. Sie &#x017F;cheren die Frantzo&#x017F;en ent&#x017F;etzlich,<lb/>
welche deßwegen doch nicht wegbleiben. Ja &#x017F;ie haben wollen das <hi rendition="#aq">com-<lb/>
mercium</hi> mit Engeland offen la&#x017F;&#x017F;en, wenn gleich &#x017F;ollte Krieg &#x017F;eyn. Vor<lb/>
die&#x017F;em haben die Frantzo&#x017F;en von denen Engela&#x0364;ndern u&#x0364;ber acht Millio-<lb/>
nen <hi rendition="#aq">profiti</hi>ret, aber jetzo hat es &#x017F;ehr abgenommen. Die Engela&#x0364;nder<lb/>
nehmen viel Papier von ihnen, <hi rendition="#aq">item</hi> viel Glaß. Sie bekommen auch<lb/>
viele Farben von denen Frantzo&#x017F;en, welche die Engela&#x0364;nder nicht mi&#x017F;&#x017F;en<lb/>
ko&#x0364;nnen in ihren <hi rendition="#aq">Manufactu</hi>ren. Vor die&#x017F;em haben &#x017F;ie auch ein Hauf-<lb/>
fen Pulver von denen Frantzo&#x017F;en genommen. Der Engela&#x0364;nder i&#x017F;t ein<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">eigener</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[328/0348] Cap. V. De prudentia mag nun zu Waſſer oder zu Lande geſchehen, ſo brauchet man Leute, welche packen; daher hat man Ballenbinder, welche in der Geſchwin- digkeit alles koͤnnen zuſammen binden, und bringen es auch dahin, wo es aufgeladen wird. In Nuͤrnberg hat man auch eigene Leute, ſo man Beſtatter, Beſteller nennet, die muͤſſen die Fracht abtragen, und ande- re beſorgen: Kommt Wein an, ſo ſind verflichtete Leute da, welche den- ſelben abladen, damit kein Schade geſchehe. Man muß auch an einem commercirenden Orte richtige Ellen, Maaß und Gewicht haben. Das commercium iſt zwar indigenorum & exterorum, aber man muß doch allezeit darauf ſehen, daß unſre Einwohner von jenen mehr gewinnen, als ſie von uns bekommen. Daher, ob zwar die Engelaͤnder viel gewin- nen in Anſehung anderer nationen, ſo verlieren ſie doch ratione Franck- reich vieles. Deßwegen haben ſie auch auf allerhand Anſchlaͤge ge- dacht, den profit der Frantzoſen zu verringern. Dicis: So werden die Frantzoſen nicht mehr mit den Engelaͤndern handeln wollen? Reſpond. Wenn die Frantzmaͤnner nur drey Millionen gewinnen, ſo werden ſie doch das negotium mit Engeland nicht einſtellen. Die Engelaͤnder haben 1) geſetzt, daß nur eine eintzige Stadt in Engeland ſoll koͤnnen mit denen Frantzoſen handeln, wenn die Frantzoſen wollen ihre Waaren nach Engeland verhandeln. Hergegen alle Engliſche Staͤdte koͤnnen mit denen Frantzoſen handeln, wenn ſie Engliſche Waaren haben wol- len, 2) laſſen ſie keinen Frantzoſen auf die Engliſche Maͤrckte und Meſ- ſen. Denn wenn die Frantzoſen ihre Waaren hinbringen, ſo geben ſie dieſelben lieber wohlfeil, ehe ſie ſelbige wieder mit nach Hauſe nehmen, und koͤnnen die Engelaͤnder nichts verkauffen, deßwegen iſt es verbothen. Will einer ja Frantzoͤſiſche Waaren haben, ſo muß er ſie aus der an- dern Hand kauffen. 3) Die Engelaͤnder laſſen kein Geld aus dem Lan- de, ſondern alles muß durch Wechſel bezahlet werden. 4) Incommodi- ren ſie auch die Frantzoſen mit Befrachtung der Schiffe, daß ſie ihre Waaren in Engliſchen Schiffen muͤſſen wieder nach Hauſe bringen, und ihre Schiffe muͤſſen leer gehen. Sie ſcheren die Frantzoſen entſetzlich, welche deßwegen doch nicht wegbleiben. Ja ſie haben wollen das com- mercium mit Engeland offen laſſen, wenn gleich ſollte Krieg ſeyn. Vor dieſem haben die Frantzoſen von denen Engelaͤndern uͤber acht Millio- nen profitiret, aber jetzo hat es ſehr abgenommen. Die Engelaͤnder nehmen viel Papier von ihnen, item viel Glaß. Sie bekommen auch viele Farben von denen Frantzoſen, welche die Engelaͤnder nicht miſſen koͤnnen in ihren Manufacturen. Vor dieſem haben ſie auch ein Hauf- fen Pulver von denen Frantzoſen genommen. Der Engelaͤnder iſt ein eigener

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gundling_discours_1733
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gundling_discours_1733/348
Zitationshilfe: Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733, S. 328. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gundling_discours_1733/348>, abgerufen am 20.05.2024.