Sectio X. de Prudentia status circa foedera & Legatos.
§. 1. 2.
Connexion; und von Bünd- nissen über- haupt.
DIe connexio ist: Bisher ist abgehandelt worden de juribus ma- jestaticis rite & prudenter exercendis, so man nennet disquipa- rantiae. h. e. Was man mit seinen Unterthanen zu thun hat, da ist disproportio inter imperantem & subditos. Wir haben auch jura majestatica aequiparantia, die wir exerciren in Ansehung anderer princi- pum, anderer rerumpublicarum. Vocabulum aequiparantiae enatum est in scholis Barbarorum. Man nennt sie aequiparantiae, weil hier eine aequalites, e. g. jus foedera pangendi, jus legatos mittendi, jus belli & pacis, geschiehet inter homines aequales, welche jura hier tractirt werden, und wird gezeigt, quomodo sint exercenda. Quaer. Ob man noth- wendig foedera machen müsse, oder ob man ohne dieselben seyn könne? Es sind allezeit abstractive Tropffen, Schul-Füchse, welche sagen, was brauchen wir solennia foedera. Ein privat-Mann machet keine solennitäten, potest coalescere amicitia, etiamsi nihil consignetur und ta- lis amicitia wäre besser, als ein foedus. Dieses aber sind Perfectionisten, Stultisten aus dieser Ursach: Es ist impossible, daß man regieret, und sich einen concept machet, alle wären wiedergebohren. Wenn auch eine Republique in summa perfectione stünde, so haben sie doch böse Nachbarn, welche sie verschlingen können. Ist doch die respublica lu- daica a potentioribus verschlungen worden. Daher muß ich nicht allein Bündnisse haben ut defendar, sondern ich muß mich auch in dem Stand setzen, daß ich selbst Krieg führen, und offensive gehen kan. Ohne Krieg kan man nicht seyn. Es war eine sottise von Jacobo I. in Engeland, daß er keinen Krieg führen wollte, wodurch er verursachet, daß das Kö- nigreich Engeland in einen solchen verderblichen Zustand gerathen. Kei- ner muß dencken, es sey was paradoxes, Krieg zu führen; Offt ists gut, daß man auswärts Kriege hat, sonst würden sich innerliche Unruhen her- vor thun. Die Menschen sind einmahl närrisch, und leben nicht mehr in statu perfectionis. Alle werden von affecten regieret. Es sind die foedera vel bellica vel pacifica, diese gehören ad commercia & alia. Hier
wird
Cap. V. De prudentia
Sectio X. de Prudentia ſtatus circa fœdera & Legatos.
§. 1. 2.
Connexion; und von Buͤnd- niſſen uͤber- haupt.
DIe connexio iſt: Bisher iſt abgehandelt worden de juribus ma- jeſtaticis rite & prudenter exercendis, ſo man nennet diſquipa- rantiæ. h. e. Was man mit ſeinen Unterthanen zu thun hat, da iſt diſproportio inter imperantem & ſubditos. Wir haben auch jura majeſtatica æquiparantia, die wir exerciren in Anſehung anderer princi- pum, anderer rerumpublicarum. Vocabulum æquiparantiæ enatum eſt in ſcholis Barbarorum. Man nennt ſie æquiparantiæ, weil hier eine æqualites, e. g. jus fœdera pangendi, jus legatos mittendi, jus belli & pacis, geſchiehet inter homines æquales, welche jura hier tractirt werden, und wird gezeigt, quomodo ſint exercenda. Quær. Ob man noth- wendig fœdera machen muͤſſe, oder ob man ohne dieſelben ſeyn koͤnne? Es ſind allezeit abſtractive Tropffen, Schul-Fuͤchſe, welche ſagen, was brauchen wir ſolennia fœdera. Ein privat-Mann machet keine ſolennitaͤten, poteſt coaleſcere amicitia, etiamſi nihil conſignetur und ta- lis amicitia waͤre beſſer, als ein fœdus. Dieſes aber ſind Perfectioniſten, Stultiſten aus dieſer Urſach: Es iſt impoſſible, daß man regieret, und ſich einen concept machet, alle waͤren wiedergebohren. Wenn auch eine Republique in ſumma perfectione ſtuͤnde, ſo haben ſie doch boͤſe Nachbarn, welche ſie verſchlingen koͤnnen. Iſt doch die respublica lu- daica a potentioribus verſchlungen worden. Daher muß ich nicht allein Buͤndniſſe haben ut defendar, ſondern ich muß mich auch in dem Stand ſetzen, daß ich ſelbſt Krieg fuͤhren, und offenſive gehen kan. Ohne Krieg kan man nicht ſeyn. Es war eine ſottiſe von Jacobo I. in Engeland, daß er keinen Krieg fuͤhren wollte, wodurch er verurſachet, daß das Koͤ- nigreich Engeland in einen ſolchen verderblichen Zuſtand gerathen. Kei- ner muß dencken, es ſey was paradoxes, Krieg zu fuͤhren; Offt iſts gut, daß man auswaͤrts Kriege hat, ſonſt wuͤrden ſich innerliche Unruhen her- vor thun. Die Menſchen ſind einmahl naͤrriſch, und leben nicht mehr in ſtatu perfectionis. Alle werden von affecten regieret. Es ſind die fœdera vel bellica vel pacifica, dieſe gehoͤren ad commercia & alia. Hier
wird
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0378"n="358"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#aq"><hirendition="#g"><hirendition="#k">Cap.</hi></hi> V. De prudentia</hi></fw><lb/><divn="2"><head><hirendition="#aq">Sectio X.<lb/>
de<lb/>
Prudentia ſtatus circa fœdera & Legatos.</hi></head><lb/><divn="3"><head>§. 1. 2.</head><lb/><noteplace="left"><hirendition="#aq">Connexion;</hi><lb/>
und von Buͤnd-<lb/>
niſſen uͤber-<lb/>
haupt.</note><p><hirendition="#in">D</hi>Ie <hirendition="#aq">connexio</hi> iſt: Bisher iſt abgehandelt worden <hirendition="#aq">de juribus ma-<lb/>
jeſtaticis rite & prudenter exercendis,</hi>ſo man nennet <hirendition="#aq">diſquipa-<lb/>
rantiæ. h. e.</hi> Was man mit ſeinen Unterthanen zu thun hat,<lb/>
da iſt <hirendition="#aq">diſproportio inter imperantem &ſubditos.</hi> Wir haben auch <hirendition="#aq">jura<lb/>
majeſtatica æquiparantia,</hi> die wir <hirendition="#aq">exerci</hi>ren in Anſehung anderer <hirendition="#aq">princi-<lb/>
pum,</hi> anderer <hirendition="#aq">rerumpublicarum. Vocabulum æquiparantiæ enatum eſt<lb/>
in ſcholis Barbarorum.</hi> Man nennt ſie <hirendition="#aq">æquiparantiæ,</hi> weil hier eine<lb/><hirendition="#aq">æqualites, e. g. jus fœdera pangendi, jus legatos mittendi, jus belli &<lb/>
pacis,</hi> geſchiehet <hirendition="#aq">inter homines æquales,</hi> welche <hirendition="#aq">jura</hi> hier <hirendition="#aq">tracti</hi>rt werden,<lb/>
und wird gezeigt, <hirendition="#aq">quomodo ſint exercenda. Quær.</hi> Ob man noth-<lb/>
wendig <hirendition="#aq">fœdera</hi> machen muͤſſe, oder ob man ohne dieſelben ſeyn koͤnne?<lb/>
Es ſind allezeit <hirendition="#aq">abſtractive</hi> Tropffen, Schul-Fuͤchſe, welche ſagen,<lb/>
was brauchen wir <hirendition="#aq">ſolennia fœdera.</hi> Ein <hirendition="#aq">privat</hi>-Mann machet keine<lb/><hirendition="#aq">ſolennit</hi>aͤten, <hirendition="#aq">poteſt coaleſcere amicitia, etiamſi nihil conſignetur</hi> und <hirendition="#aq">ta-<lb/>
lis amicitia</hi> waͤre beſſer, als ein <hirendition="#aq">fœdus.</hi> Dieſes aber ſind <hirendition="#aq">Perfectioniſt</hi>en,<lb/><hirendition="#aq">Stulti</hi>ſten aus dieſer Urſach: Es iſt <hirendition="#aq">impoſſible,</hi> daß man regieret, und<lb/>ſich einen <hirendition="#aq">concept</hi> machet, alle waͤren wiedergebohren. Wenn auch<lb/>
eine Republique <hirendition="#aq">in ſumma perfectione</hi>ſtuͤnde, ſo haben ſie doch boͤſe<lb/>
Nachbarn, welche ſie verſchlingen koͤnnen. Iſt doch die <hirendition="#aq">respublica lu-<lb/>
daica a potentioribus</hi> verſchlungen worden. Daher muß ich nicht allein<lb/>
Buͤndniſſe haben <hirendition="#aq">ut defendar,</hi>ſondern ich muß mich auch in dem Stand<lb/>ſetzen, daß ich ſelbſt Krieg fuͤhren, und <hirendition="#aq">offenſive</hi> gehen kan. Ohne Krieg<lb/>
kan man nicht ſeyn. Es war eine <hirendition="#aq">ſottiſe</hi> von <hirendition="#aq">Jacobo I.</hi> in Engeland,<lb/>
daß er keinen Krieg fuͤhren wollte, wodurch er verurſachet, daß das Koͤ-<lb/>
nigreich Engeland in einen ſolchen verderblichen Zuſtand gerathen. Kei-<lb/>
ner muß dencken, es ſey was <hirendition="#aq">paradoxes,</hi> Krieg zu fuͤhren; Offt iſts gut,<lb/>
daß man auswaͤrts Kriege hat, ſonſt wuͤrden ſich innerliche Unruhen her-<lb/>
vor thun. Die Menſchen ſind einmahl naͤrriſch, und leben nicht mehr<lb/><hirendition="#aq">in ſtatu perfectionis.</hi> Alle werden von <hirendition="#aq">affect</hi>en regieret. Es ſind die<lb/><hirendition="#aq">fœdera vel bellica vel pacifica,</hi> dieſe gehoͤren <hirendition="#aq">ad commercia & alia.</hi> Hier<lb/><fwplace="bottom"type="catch">wird</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[358/0378]
Cap. V. De prudentia
Sectio X.
de
Prudentia ſtatus circa fœdera & Legatos.
§. 1. 2.
DIe connexio iſt: Bisher iſt abgehandelt worden de juribus ma-
jeſtaticis rite & prudenter exercendis, ſo man nennet diſquipa-
rantiæ. h. e. Was man mit ſeinen Unterthanen zu thun hat,
da iſt diſproportio inter imperantem & ſubditos. Wir haben auch jura
majeſtatica æquiparantia, die wir exerciren in Anſehung anderer princi-
pum, anderer rerumpublicarum. Vocabulum æquiparantiæ enatum eſt
in ſcholis Barbarorum. Man nennt ſie æquiparantiæ, weil hier eine
æqualites, e. g. jus fœdera pangendi, jus legatos mittendi, jus belli &
pacis, geſchiehet inter homines æquales, welche jura hier tractirt werden,
und wird gezeigt, quomodo ſint exercenda. Quær. Ob man noth-
wendig fœdera machen muͤſſe, oder ob man ohne dieſelben ſeyn koͤnne?
Es ſind allezeit abſtractive Tropffen, Schul-Fuͤchſe, welche ſagen,
was brauchen wir ſolennia fœdera. Ein privat-Mann machet keine
ſolennitaͤten, poteſt coaleſcere amicitia, etiamſi nihil conſignetur und ta-
lis amicitia waͤre beſſer, als ein fœdus. Dieſes aber ſind Perfectioniſten,
Stultiſten aus dieſer Urſach: Es iſt impoſſible, daß man regieret, und
ſich einen concept machet, alle waͤren wiedergebohren. Wenn auch
eine Republique in ſumma perfectione ſtuͤnde, ſo haben ſie doch boͤſe
Nachbarn, welche ſie verſchlingen koͤnnen. Iſt doch die respublica lu-
daica a potentioribus verſchlungen worden. Daher muß ich nicht allein
Buͤndniſſe haben ut defendar, ſondern ich muß mich auch in dem Stand
ſetzen, daß ich ſelbſt Krieg fuͤhren, und offenſive gehen kan. Ohne Krieg
kan man nicht ſeyn. Es war eine ſottiſe von Jacobo I. in Engeland,
daß er keinen Krieg fuͤhren wollte, wodurch er verurſachet, daß das Koͤ-
nigreich Engeland in einen ſolchen verderblichen Zuſtand gerathen. Kei-
ner muß dencken, es ſey was paradoxes, Krieg zu fuͤhren; Offt iſts gut,
daß man auswaͤrts Kriege hat, ſonſt wuͤrden ſich innerliche Unruhen her-
vor thun. Die Menſchen ſind einmahl naͤrriſch, und leben nicht mehr
in ſtatu perfectionis. Alle werden von affecten regieret. Es ſind die
fœdera vel bellica vel pacifica, dieſe gehoͤren ad commercia & alia. Hier
wird
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733, S. 358. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gundling_discours_1733/378>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.