Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.Cap. V. De prudentia in seinen memoiren vieles in praejudicium Grotii geschrieben, aber esist ihm unrecht geschehen. Clerc hat vielmehr aus seinen epistolis ge- wiesen, daß er alles wohl in acht genommen, und assiduus in aula gewesen. Wo kein Hof ist, muß ein Gesandter sich sonst bey allen Zusammenkünfften einfinden, wie in der Schweitz. Wer in Pohlen ist, muß auf dem Reichs-Tage seyn, oder wenigstens seinen Secretaire da haben. Er muß auch sonst seine espions haben, damit er alles er- fähret. In Schweden ist es jetzo auch schwer zu negotiiren. In En- geland gehet es auch wegen des Ober- und Unter-Hauses sehr langsam zu, daß, wenn der König autorite hat, wie jetzo, da man ihm trauet, da gehet es auch leichter mit der negociation. Ein Ministre muß auch die Favoriten besuchen, denn ein Mignon kan bisweilen auch was thun. Von Rechtswegen sollten sich diese in keine affairen mischen, weil sie die suite nicht im Kopffe haben, und laufft es auf die letzt mehrentheils nicht gut ab; Aber sie thun es doch, daher muß man es mit ihnen hal- ten, sie ehren, respectiren, tractiren, beschencken. Die Dames können auch zuweilen vieles effectuiren, wie die Madame de Maintenon bey dem Louis XIV. in hoher grace gestanden, so konnte keiner reussiren, als der bey der Dame wohl stund. Der König Sigismundus Augustus in Poh- len hat nichts gethan, was nicht seine Maitresse approbiret. Biswei- len kan ein Cammerdiener viel ausrichten. Die grossen Herren haben wunderliche inclinationes. Wer in Engeland nicht kan mit Dames umgehen, der ist verlohren. Der vorige König in Engeland, Georg, ist ein wackerer serieuser Herr gewesen, doch hielt er alle Woche Zu- sammenkünffte, da Frauenzimmer dabey war, mit welchen er sprach. Am Türckischen Hofe ist nicht nöthig, mit Frauenzimmer umzugehen, da kriegt man keine maitressen vom Sultan zu sehen. Ein Gesandter muß auch das Spiel verstehen, wenn er seines Herrn interesse kan durchs Spiel befördern, da er einen etwa läßt was gewinnen, so gehet es gar wohl an. Es kömmt viel darauf an, daß ein Gesandter den Principal selbst weiß zu entrepreniren, und auf eine polite Art mit ihm zu conver- firen. Der Charnace wollte den Gustav Adolph encouragiren, nach Teutschland zu gehen, und hatte viel Mühe, weil die Dänen schon ab- gemattet waren. Gleichwohl wollte Richelieu Teutschland nicht lassen supprimiren von dem Kayser Ferdinand, und gehörete also eine grosse Kunst dazu, den Gustav Adolph dahin zu bringen. Anfangs hatte der König gar keine Lust darzu, aber Charnace suchte ihn zu gewinnen, kleidete sich wie der König, hat der König gesungen, so sang er mit, war der König traurig, so war er auch traurig, spielte der König, so that
Cap. V. De prudentia in ſeinen memoiren vieles in præjudicium Grotii geſchrieben, aber esiſt ihm unrecht geſchehen. Clerc hat vielmehr aus ſeinen epiſtolis ge- wieſen, daß er alles wohl in acht genommen, und aſſiduus in aula geweſen. Wo kein Hof iſt, muß ein Geſandter ſich ſonſt bey allen Zuſammenkuͤnfften einfinden, wie in der Schweitz. Wer in Pohlen iſt, muß auf dem Reichs-Tage ſeyn, oder wenigſtens ſeinen Secretaire da haben. Er muß auch ſonſt ſeine eſpions haben, damit er alles er- faͤhret. In Schweden iſt es jetzo auch ſchwer zu negotiiren. In En- geland gehet es auch wegen des Ober- und Unter-Hauſes ſehr langſam zu, daß, wenn der Koͤnig autorité hat, wie jetzo, da man ihm trauet, da gehet es auch leichter mit der negociation. Ein Miniſtre muß auch die Favoriten beſuchen, denn ein Mignon kan bisweilen auch was thun. Von Rechtswegen ſollten ſich dieſe in keine affairen miſchen, weil ſie die ſuite nicht im Kopffe haben, und laufft es auf die letzt mehrentheils nicht gut ab; Aber ſie thun es doch, daher muß man es mit ihnen hal- ten, ſie ehren, reſpectiren, tractiren, beſchencken. Die Dames koͤnnen auch zuweilen vieles effectuiren, wie die Madame de Maintenon bey dem Louis XIV. in hoher grace geſtanden, ſo konnte keiner reuſſiren, als der bey der Dame wohl ſtund. Der Koͤnig Sigismundus Auguſtus in Poh- len hat nichts gethan, was nicht ſeine Maitreſſe approbiret. Biswei- len kan ein Cammerdiener viel ausrichten. Die groſſen Herren haben wunderliche inclinationes. Wer in Engeland nicht kan mit Dames umgehen, der iſt verlohren. Der vorige Koͤnig in Engeland, Georg, iſt ein wackerer ſerieuſer Herr geweſen, doch hielt er alle Woche Zu- ſammenkuͤnffte, da Frauenzimmer dabey war, mit welchen er ſprach. Am Tuͤrckiſchen Hofe iſt nicht noͤthig, mit Frauenzimmer umzugehen, da kriegt man keine maitreſſen vom Sultan zu ſehen. Ein Geſandter muß auch das Spiel verſtehen, wenn er ſeines Herrn intereſſe kan durchs Spiel befoͤrdern, da er einen etwa laͤßt was gewinnen, ſo gehet es gar wohl an. Es koͤmmt viel darauf an, daß ein Geſandter den Principal ſelbſt weiß zu entrepreniren, und auf eine polite Art mit ihm zu conver- firen. Der Charnace wollte den Guſtav Adolph encouragiren, nach Teutſchland zu gehen, und hatte viel Muͤhe, weil die Daͤnen ſchon ab- gemattet waren. Gleichwohl wollte Richelieu Teutſchland nicht laſſen ſupprimiren von dem Kayſer Ferdinand, und gehoͤrete alſo eine groſſe Kunſt dazu, den Guſtav Adolph dahin zu bringen. Anfangs hatte der Koͤnig gar keine Luſt darzu, aber Charnace ſuchte ihn zu gewinnen, kleidete ſich wie der Koͤnig, hat der Koͤnig geſungen, ſo ſang er mit, war der Koͤnig traurig, ſo war er auch traurig, ſpielte der Koͤnig, ſo that
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iſt ihm unrecht geſchehen. Clerc hat vielmehr aus ſeinen epiſtolis ge-
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geweſen. Wo kein Hof iſt, muß ein Geſandter ſich ſonſt bey allen
Zuſammenkuͤnfften einfinden, wie in der Schweitz. Wer in Pohlen
iſt, muß auf dem Reichs-Tage ſeyn, oder wenigſtens ſeinen Secretaire
da haben. Er muß auch ſonſt ſeine eſpions haben, damit er alles er-
faͤhret. In Schweden iſt es jetzo auch ſchwer zu negotiiren. In En-
geland gehet es auch wegen des Ober- und Unter-Hauſes ſehr langſam
zu, daß, wenn der Koͤnig autorité hat, wie jetzo, da man ihm trauet,
da gehet es auch leichter mit der negociation. Ein Miniſtre muß auch
die Favoriten beſuchen, denn ein Mignon kan bisweilen auch was thun.
Von Rechtswegen ſollten ſich dieſe in keine affairen miſchen, weil ſie
die ſuite nicht im Kopffe haben, und laufft es auf die letzt mehrentheils
nicht gut ab; Aber ſie thun es doch, daher muß man es mit ihnen hal-
ten, ſie ehren, reſpectiren, tractiren, beſchencken. Die Dames koͤnnen
auch zuweilen vieles effectuiren, wie die Madame de Maintenon bey dem
Louis XIV. in hoher grace geſtanden, ſo konnte keiner reuſſiren, als der
bey der Dame wohl ſtund. Der Koͤnig Sigismundus Auguſtus in Poh-
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len kan ein Cammerdiener viel ausrichten. Die groſſen Herren haben
wunderliche inclinationes. Wer in Engeland nicht kan mit Dames
umgehen, der iſt verlohren. Der vorige Koͤnig in Engeland, Georg,
iſt ein wackerer ſerieuſer Herr geweſen, doch hielt er alle Woche Zu-
ſammenkuͤnffte, da Frauenzimmer dabey war, mit welchen er ſprach.
Am Tuͤrckiſchen Hofe iſt nicht noͤthig, mit Frauenzimmer umzugehen,
da kriegt man keine maitreſſen vom Sultan zu ſehen. Ein Geſandter
muß auch das Spiel verſtehen, wenn er ſeines Herrn intereſſe kan durchs
Spiel befoͤrdern, da er einen etwa laͤßt was gewinnen, ſo gehet es gar
wohl an. Es koͤmmt viel darauf an, daß ein Geſandter den Principal
ſelbſt weiß zu entrepreniren, und auf eine polite Art mit ihm zu conver-
firen. Der Charnace wollte den Guſtav Adolph encouragiren, nach
Teutſchland zu gehen, und hatte viel Muͤhe, weil die Daͤnen ſchon ab-
gemattet waren. Gleichwohl wollte Richelieu Teutſchland nicht laſſen
ſupprimiren von dem Kayſer Ferdinand, und gehoͤrete alſo eine groſſe
Kunſt dazu, den Guſtav Adolph dahin zu bringen. Anfangs hatte der
Koͤnig gar keine Luſt darzu, aber Charnace ſuchte ihn zu gewinnen,
kleidete ſich wie der Koͤnig, hat der Koͤnig geſungen, ſo ſang er mit,
war der Koͤnig traurig, ſo war er auch traurig, ſpielte der Koͤnig, ſo
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