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Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.

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Cap. V. De prudentia
In Engeland haben sie nicht drey tausend equites gehabt, und in Teutsch-
land nicht über zehen tausend. Otto III. ist mit sechs tausend Reuthern
nach Franckreich gegangen, die Türcken haben auch eine Reutherey, aber
die Spahi sind Bärenheuter, sie halten nicht. So lange der Türcke
keine gute Cavallerie hat, darff er nicht dencken, daß er will eine Schlacht
gewinnen. Die Türcken fechten, wie die Bienen, ohne daß sie ihre
trouppen schliessen, ihre Artillerie tauget auch nichts, wie Mons. Ricaut
gewiesen. Daher, wenn ein kluger General gleich auf ihre Cavallerie
loß gehet, so stehen die Janitscharen alsdenn frey, und können leicht in
confusion gebracht werden. Unsere Leute schliessen sich zusammen, wie
eine Mauer, wenn nun die Türckische Cavallerie kömmt, so streuen sie
dieselbe aus einander, damit lauffen sie fort. Hat hernach gleich die
Infanterie retrenchements vor sich, so kan man doch leicht hinein kom-
men. Seit der Zeit, da die Teutschen die geschlossenen trouppen haben,
haben die Türcken keine bataille mehr können gewinnen, sie werden auch
nichts gewinnen, bis sie einen militem mercenarium zu Pferde haben.
Die Janitscharen sind milites mercenarii, aber sie dienen zu Fuß. Die
Türckischen Pferde sind auch wild, und gehen leicht durch, ein eintzig
wildes Pferd aber ist capable, unter der Cavallerie Unordnung zu ma-
chen. Es ist freylich was grosses, einen Krieg zu führen, es gehöret ex-
perience
darzu, und daß einer das Land recht kennet; Italien ist ein
wunderlicher terrain, auch Holland wegen der Canäle, deßwegen ist da-
selbst schwer Krieg zu führen. Hieraus kan man nun auch urtheilen,
von der Pohlnischen Reutherey, die sind hundert und funffzig tausend
starck zu Pferde, wenn alle diejenigen aufgebothen werden, welche Gü-
ther haben. Wider die Türcken haben sie auch gewonnen, aber sie sind
nicht exerciret, und können wider uns nichts ausrichten. Wenn sie
auch mit den Moscowitern zu thun haben, so kriegen sie Schläge. Der
Pohle fürchtet sich entsetzlich, wenn man schiesset. Vor sich sind sie
nicht tüchtig, wider eine geschlossene Armee zu fechten; Sie haben keine
Infanterie, kein Geld, Pferde haben sie gnug, auch bisweilen grosse, son-
derlich nach Preussen zu, und in der Ukraine. Die andern aber taugen
nicht zum Streit. Von dieser materie kan man mehr Nachricht fin-
den in des Roumiere (welcher den König in Schweden wollen sehen,
und nach Bender gereiset,) seinen tractat, darinnen er zeiget, daß Caesar
schon die Frantzösische Cavallerie gelobet. Pere Daniel hat auch von
der Cavallerie einen gantzen tractat geschrieben, woraus einer viel profi-
ti
ren kan. Er sagt: Ich bin zwar ein Jesuit, und solle einer meynen,
ich wäre nicht capable, davon zu schreiben; aber deßwegen kan ich doch

wissen,

Cap. V. De prudentia
In Engeland haben ſie nicht drey tauſend equites gehabt, und in Teutſch-
land nicht uͤber zehen tauſend. Otto III. iſt mit ſechs tauſend Reuthern
nach Franckreich gegangen, die Tuͤrcken haben auch eine Reutherey, aber
die Spahi ſind Baͤrenheuter, ſie halten nicht. So lange der Tuͤrcke
keine gute Cavallerie hat, darff er nicht dencken, daß er will eine Schlacht
gewinnen. Die Tuͤrcken fechten, wie die Bienen, ohne daß ſie ihre
trouppen ſchlieſſen, ihre Artillerie tauget auch nichts, wie Monſ. Ricaut
gewieſen. Daher, wenn ein kluger General gleich auf ihre Cavallerie
loß gehet, ſo ſtehen die Janitſcharen alsdenn frey, und koͤnnen leicht in
confuſion gebracht werden. Unſere Leute ſchlieſſen ſich zuſammen, wie
eine Mauer, wenn nun die Tuͤrckiſche Cavallerie koͤmmt, ſo ſtreuen ſie
dieſelbe aus einander, damit lauffen ſie fort. Hat hernach gleich die
Infanterie retrenchements vor ſich, ſo kan man doch leicht hinein kom-
men. Seit der Zeit, da die Teutſchen die geſchloſſenen trouppen haben,
haben die Tuͤrcken keine bataille mehr koͤnnen gewinnen, ſie werden auch
nichts gewinnen, bis ſie einen militem mercenarium zu Pferde haben.
Die Janitſcharen ſind milites mercenarii, aber ſie dienen zu Fuß. Die
Tuͤrckiſchen Pferde ſind auch wild, und gehen leicht durch, ein eintzig
wildes Pferd aber iſt capable, unter der Cavallerie Unordnung zu ma-
chen. Es iſt freylich was groſſes, einen Krieg zu fuͤhren, es gehoͤret ex-
perience
darzu, und daß einer das Land recht kennet; Italien iſt ein
wunderlicher terrain, auch Holland wegen der Canaͤle, deßwegen iſt da-
ſelbſt ſchwer Krieg zu fuͤhren. Hieraus kan man nun auch urtheilen,
von der Pohlniſchen Reutherey, die ſind hundert und funffzig tauſend
ſtarck zu Pferde, wenn alle diejenigen aufgebothen werden, welche Guͤ-
ther haben. Wider die Tuͤrcken haben ſie auch gewonnen, aber ſie ſind
nicht exerciret, und koͤnnen wider uns nichts ausrichten. Wenn ſie
auch mit den Moſcowitern zu thun haben, ſo kriegen ſie Schlaͤge. Der
Pohle fuͤrchtet ſich entſetzlich, wenn man ſchieſſet. Vor ſich ſind ſie
nicht tuͤchtig, wider eine geſchloſſene Armee zu fechten; Sie haben keine
Infanterie, kein Geld, Pferde haben ſie gnug, auch bisweilen groſſe, ſon-
derlich nach Preuſſen zu, und in der Ukraine. Die andern aber taugen
nicht zum Streit. Von dieſer materie kan man mehr Nachricht fin-
den in des Roumiere (welcher den Koͤnig in Schweden wollen ſehen,
und nach Bender gereiſet,) ſeinen tractat, darinnen er zeiget, daß Cæſar
ſchon die Frantzoͤſiſche Cavallerie gelobet. Pere Daniel hat auch von
der Cavallerie einen gantzen tractat geſchrieben, woraus einer viel profi-
ti
ren kan. Er ſagt: Ich bin zwar ein Jeſuit, und ſolle einer meynen,
ich waͤre nicht capable, davon zu ſchreiben; aber deßwegen kan ich doch

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[398/0418] Cap. V. De prudentia In Engeland haben ſie nicht drey tauſend equites gehabt, und in Teutſch- land nicht uͤber zehen tauſend. Otto III. iſt mit ſechs tauſend Reuthern nach Franckreich gegangen, die Tuͤrcken haben auch eine Reutherey, aber die Spahi ſind Baͤrenheuter, ſie halten nicht. So lange der Tuͤrcke keine gute Cavallerie hat, darff er nicht dencken, daß er will eine Schlacht gewinnen. Die Tuͤrcken fechten, wie die Bienen, ohne daß ſie ihre trouppen ſchlieſſen, ihre Artillerie tauget auch nichts, wie Monſ. Ricaut gewieſen. Daher, wenn ein kluger General gleich auf ihre Cavallerie loß gehet, ſo ſtehen die Janitſcharen alsdenn frey, und koͤnnen leicht in confuſion gebracht werden. Unſere Leute ſchlieſſen ſich zuſammen, wie eine Mauer, wenn nun die Tuͤrckiſche Cavallerie koͤmmt, ſo ſtreuen ſie dieſelbe aus einander, damit lauffen ſie fort. Hat hernach gleich die Infanterie retrenchements vor ſich, ſo kan man doch leicht hinein kom- men. Seit der Zeit, da die Teutſchen die geſchloſſenen trouppen haben, haben die Tuͤrcken keine bataille mehr koͤnnen gewinnen, ſie werden auch nichts gewinnen, bis ſie einen militem mercenarium zu Pferde haben. Die Janitſcharen ſind milites mercenarii, aber ſie dienen zu Fuß. Die Tuͤrckiſchen Pferde ſind auch wild, und gehen leicht durch, ein eintzig wildes Pferd aber iſt capable, unter der Cavallerie Unordnung zu ma- chen. Es iſt freylich was groſſes, einen Krieg zu fuͤhren, es gehoͤret ex- perience darzu, und daß einer das Land recht kennet; Italien iſt ein wunderlicher terrain, auch Holland wegen der Canaͤle, deßwegen iſt da- ſelbſt ſchwer Krieg zu fuͤhren. Hieraus kan man nun auch urtheilen, von der Pohlniſchen Reutherey, die ſind hundert und funffzig tauſend ſtarck zu Pferde, wenn alle diejenigen aufgebothen werden, welche Guͤ- ther haben. Wider die Tuͤrcken haben ſie auch gewonnen, aber ſie ſind nicht exerciret, und koͤnnen wider uns nichts ausrichten. Wenn ſie auch mit den Moſcowitern zu thun haben, ſo kriegen ſie Schlaͤge. Der Pohle fuͤrchtet ſich entſetzlich, wenn man ſchieſſet. Vor ſich ſind ſie nicht tuͤchtig, wider eine geſchloſſene Armee zu fechten; Sie haben keine Infanterie, kein Geld, Pferde haben ſie gnug, auch bisweilen groſſe, ſon- derlich nach Preuſſen zu, und in der Ukraine. Die andern aber taugen nicht zum Streit. Von dieſer materie kan man mehr Nachricht fin- den in des Roumiere (welcher den Koͤnig in Schweden wollen ſehen, und nach Bender gereiſet,) ſeinen tractat, darinnen er zeiget, daß Cæſar ſchon die Frantzoͤſiſche Cavallerie gelobet. Pere Daniel hat auch von der Cavallerie einen gantzen tractat geſchrieben, woraus einer viel profi- tiren kan. Er ſagt: Ich bin zwar ein Jeſuit, und ſolle einer meynen, ich waͤre nicht capable, davon zu ſchreiben; aber deßwegen kan ich doch wiſſen,

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Zitationshilfe: Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733, S. 398. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gundling_discours_1733/418>, abgerufen am 24.11.2024.