Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.Cap. V. De prudentia Königen in Franckreich gestiegen. Er hat grosse Kupffer lassen verfer-tigen, da man sich einen concept von Vestungen machen kan, so wohl was inwendig als auswärts zu observiren. Er hat alle Vestungen lassen in Kupffer stechen, und ist es ein perfectissimum opus. Die at- taquen la marine kan man auch daraus verstehen lernen. Viele haben das Buch vor schlecht angesehen, aber das sind Tropffen, hätten sie politische studia, so würden sie sehen, daß es ein trefflich Buch. Wenn man Zeitungen recht verstehen will, ist es vortrefflich zu gebrauchen. Ein jeder gehet ja nicht in Krieg, und will doch von solchen Sachen in- formiret seyn, da kan er es aus diesem Buche lernen. Diejenigen, welche sagen, sie wollten gar keine fortalitia haben, verlassen sich auf bataillen, oder haben darbey arcanam rationem, wie die Pohlen, wel- che deßwegen keine Festungen haben, damit sich der Feind in ihren Lan- den nicht könne aufhalten, oder ihre Könige sich souverain machen. Den närrischen Kopf hat der Pohle, wird ihn auch nicht ablegen; Ob es zwar einen Schein hat, daß der Feind sich alsdenn nicht könne aufhalten, so ist doch zu bedencken, daß er auf einmahl kan das gantze Land durchlauffen und es aussaugen: wie eben die Schweden gethan. Hätten sie fortificationes, würden sie nicht so leicht können incommo- dirt werden; deßwegen kan man doch schon verhüten, daß der König nicht souverain. Der Pohlen Philosophie stehet auch nicht allen an. Manches Land aber kan nicht fortificiret werden, weil es zerstückt ist. Der König in Preussen hat ein zerstreutes Land, da ist nöthig, in jedem Stück viele Vestungen anzulegen, sondern es ist genug, wenn in einem jeden Stück eine Vestung ist, daß wenn ein Lermen entstehet, sich die Leute dahin retiriren und ihre Sachen dahin bringen können. Her- gegen auf andern Gräntzen, in Cleve, Preussen, gegen Pohlen zu, müssen wir Vestungen haben, und wo die Moscowiter Nachbarn sind, müssen auch Vestungen seyn, sonderlich, wenn sie Churland behalten. Wer ein klein Land hat, und liegt zwischen den grossen Potenzen, der muß alles fortificiren, e. g. der Hertzog von Savoyen liegt zwischen dem Kayser und Könige in Franckreich, daher sind in seinem Lande so viele Vestungen; und wenn er dieselben nicht hätte, so wäre sein Land längst ruiniret. Auch in Teutschland, wer ein klein Land hat, und es hangt zu- sammen, thut wohl, wenn er Vestungen hat. Hätten die Sachsen etliche Vestungen gehabt, würden die Schweden ihr Land nicht so ruiniret haben. Was den modum betrifft, wie man fortificiren soll, so hat man vor die- sem die Städte alle in Rundung fortificiret, und hohe Mauren gemacht, auf welche Art Jerusalem gemacht gewesen, deßwegen haben die Römer sol-
Cap. V. De prudentia Koͤnigen in Franckreich geſtiegen. Er hat groſſe Kupffer laſſen verfer-tigen, da man ſich einen concept von Veſtungen machen kan, ſo wohl was inwendig als auswaͤrts zu obſerviren. Er hat alle Veſtungen laſſen in Kupffer ſtechen, und iſt es ein perfectiſſimum opus. Die at- taquen la marine kan man auch daraus verſtehen lernen. Viele haben das Buch vor ſchlecht angeſehen, aber das ſind Tropffen, haͤtten ſie politiſche ſtudia, ſo wuͤrden ſie ſehen, daß es ein trefflich Buch. Wenn man Zeitungen recht verſtehen will, iſt es vortrefflich zu gebrauchen. Ein jeder gehet ja nicht in Krieg, und will doch von ſolchen Sachen in- formiret ſeyn, da kan er es aus dieſem Buche lernen. Diejenigen, welche ſagen, ſie wollten gar keine fortalitia haben, verlaſſen ſich auf bataillen, oder haben darbey arcanam rationem, wie die Pohlen, wel- che deßwegen keine Feſtungen haben, damit ſich der Feind in ihren Lan- den nicht koͤnne aufhalten, oder ihre Koͤnige ſich ſouverain machen. Den naͤrriſchen Kopf hat der Pohle, wird ihn auch nicht ablegen; Ob es zwar einen Schein hat, daß der Feind ſich alsdenn nicht koͤnne aufhalten, ſo iſt doch zu bedencken, daß er auf einmahl kan das gantze Land durchlauffen und es ausſaugen: wie eben die Schweden gethan. Haͤtten ſie fortificationes, wuͤrden ſie nicht ſo leicht koͤnnen incommo- dirt werden; deßwegen kan man doch ſchon verhuͤten, daß der Koͤnig nicht ſouverain. Der Pohlen Philoſophie ſtehet auch nicht allen an. Manches Land aber kan nicht fortificiret werden, weil es zerſtuͤckt iſt. Der Koͤnig in Preuſſen hat ein zerſtreutes Land, da iſt noͤthig, in jedem Stuͤck viele Veſtungen anzulegen, ſondern es iſt genug, wenn in einem jeden Stuͤck eine Veſtung iſt, daß wenn ein Lermen entſtehet, ſich die Leute dahin retiriren und ihre Sachen dahin bringen koͤnnen. Her- gegen auf andern Graͤntzen, in Cleve, Preuſſen, gegen Pohlen zu, muͤſſen wir Veſtungen haben, und wo die Moſcowiter Nachbarn ſind, muͤſſen auch Veſtungen ſeyn, ſonderlich, wenn ſie Churland behalten. Wer ein klein Land hat, und liegt zwiſchen den groſſen Potenzen, der muß alles fortificiren, e. g. der Hertzog von Savoyen liegt zwiſchen dem Kayſer und Koͤnige in Franckreich, daher ſind in ſeinem Lande ſo viele Veſtungen; und wenn er dieſelben nicht haͤtte, ſo waͤre ſein Land laͤngſt ruiniret. Auch in Teutſchland, wer ein klein Land hat, und es hangt zu- ſammen, thut wohl, wenn er Veſtungen hat. Haͤtten die Sachſen etliche Veſtungen gehabt, wuͤrden die Schweden ihr Land nicht ſo ruiniret haben. Was den modum betrifft, wie man fortificiren ſoll, ſo hat man vor die- ſem die Staͤdte alle in Rundung fortificiret, und hohe Mauren gemacht, auf welche Art Jeruſalem gemacht geweſen, deßwegen haben die Roͤmer ſol-
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Cap. V. De prudentia
Koͤnigen in Franckreich geſtiegen. Er hat groſſe Kupffer laſſen verfer-
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was inwendig als auswaͤrts zu obſerviren. Er hat alle Veſtungen
laſſen in Kupffer ſtechen, und iſt es ein perfectiſſimum opus. Die at-
taquen la marine kan man auch daraus verſtehen lernen. Viele haben
das Buch vor ſchlecht angeſehen, aber das ſind Tropffen, haͤtten ſie
politiſche ſtudia, ſo wuͤrden ſie ſehen, daß es ein trefflich Buch. Wenn
man Zeitungen recht verſtehen will, iſt es vortrefflich zu gebrauchen.
Ein jeder gehet ja nicht in Krieg, und will doch von ſolchen Sachen in-
formiret ſeyn, da kan er es aus dieſem Buche lernen. Diejenigen,
welche ſagen, ſie wollten gar keine fortalitia haben, verlaſſen ſich auf
bataillen, oder haben darbey arcanam rationem, wie die Pohlen, wel-
che deßwegen keine Feſtungen haben, damit ſich der Feind in ihren Lan-
den nicht koͤnne aufhalten, oder ihre Koͤnige ſich ſouverain machen.
Den naͤrriſchen Kopf hat der Pohle, wird ihn auch nicht ablegen;
Ob es zwar einen Schein hat, daß der Feind ſich alsdenn nicht koͤnne
aufhalten, ſo iſt doch zu bedencken, daß er auf einmahl kan das gantze
Land durchlauffen und es ausſaugen: wie eben die Schweden gethan.
Haͤtten ſie fortificationes, wuͤrden ſie nicht ſo leicht koͤnnen incommo-
dirt werden; deßwegen kan man doch ſchon verhuͤten, daß der Koͤnig
nicht ſouverain. Der Pohlen Philoſophie ſtehet auch nicht allen an.
Manches Land aber kan nicht fortificiret werden, weil es zerſtuͤckt iſt.
Der Koͤnig in Preuſſen hat ein zerſtreutes Land, da iſt noͤthig, in jedem
Stuͤck viele Veſtungen anzulegen, ſondern es iſt genug, wenn in einem
jeden Stuͤck eine Veſtung iſt, daß wenn ein Lermen entſtehet, ſich die
Leute dahin retiriren und ihre Sachen dahin bringen koͤnnen. Her-
gegen auf andern Graͤntzen, in Cleve, Preuſſen, gegen Pohlen zu, muͤſſen
wir Veſtungen haben, und wo die Moſcowiter Nachbarn ſind, muͤſſen
auch Veſtungen ſeyn, ſonderlich, wenn ſie Churland behalten. Wer
ein klein Land hat, und liegt zwiſchen den groſſen Potenzen, der muß
alles fortificiren, e. g. der Hertzog von Savoyen liegt zwiſchen dem
Kayſer und Koͤnige in Franckreich, daher ſind in ſeinem Lande ſo viele
Veſtungen; und wenn er dieſelben nicht haͤtte, ſo waͤre ſein Land laͤngſt
ruiniret. Auch in Teutſchland, wer ein klein Land hat, und es hangt zu-
ſammen, thut wohl, wenn er Veſtungen hat. Haͤtten die Sachſen etliche
Veſtungen gehabt, wuͤrden die Schweden ihr Land nicht ſo ruiniret haben.
Was den modum betrifft, wie man fortificiren ſoll, ſo hat man vor die-
ſem die Staͤdte alle in Rundung fortificiret, und hohe Mauren gemacht,
auf welche Art Jeruſalem gemacht geweſen, deßwegen haben die Roͤmer
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