Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.Cap. V. De prudentia an den Amelot, und der König in Dännemarck an den närrischen Mo-lesworth wollen kehren, würden sie längst ihren statum haben verändern müssen. Grosse Herren sind vielen Pasquinanden unterworffen. Wenn ein Privat-Mann nicht leiden kan, daß andere von ihm schwatzen, so kan er solches von grossen Herren lernen. Ich getraue mir eine gräßliche Idee von Engeland zu machen, und von Teutschland einen lächerlichen concept zu geben. Man kan alles reprehendiren; denn die reprehensiones beste- hen in comparationibus & diversis relationibus, Ein grosser Herr muß auch titulos vor sich behalten, alle externa, alle honores &c. Die Im- peratores Romani haben nicht zugelassen, daß jemand einen solchen Sel- lam gehabt, wie sie; sie haben nicht gelitten, daß ein anderer ihre ti- tulos geführet: Weil leicht geschehen können, daß sich das Volck an sol- che gehänget. Sie haben auch in Teutschland nicht wollen leiden, daß andere, ausser dem Kayser, sich geschrieben: Dei gratia, bis unter Hen- rico IV. da der Pabst andern solches zuwege gebracht. Die Spanier lassen ihre Grandes sich bedecken. Herunter mit dem Huth. Die Chur- fürsten haben in der neuen capitulation unter Leopoldo erst erhalten, daß sie sich bedecken dürfen. In Engeland bedecket sich kein Mann, wenn der König da ist. Philippus II. hat sie zwar herunter gesetzet und gesagt: Ihre Grandezze bestunde nel Capello, im Huth oder in Haaren, indessen ists doch etwas. Lud. Cant. Faber hat de l'Origine de fiefs artige remar- quen von Franckreich beygebracht. Die tituli müssen ihnen bleiben. Es kommt auch darauf an, daß die Imperantes in Ehren gehalten wer- den, und daß man sie denen Unterthanen angenehm machet. Deßwe- gen ist aber eben nicht die opinion zu defendiren, Majestatem esse a Deo immediate, als wie Hector Gottfried Masius in seinem Interesse religio- num gethan, welchen Thomasius refutiret. Das hat dem Masio so ver- drossen, daß er dem Könige in Dännemarck vorgestellet, es würde die Souverainite übern Hauffen gehen, wenn man nicht sagte: Majestatem immediate esse a Deo; daher Christianus V. des Thomasii Schrifft durch den Hencker verbrennen lassen. Allein die Sanctitas, inviolabilitas Impe- rantium bleibt doch, pacta sunt servanda. Wer geschworen hat, und hat keine causam legitimam abzugehen, muß dabey bleiben. Die Sancti- tas bleibt, wenn ich gleich nicht statuire, daß der Princeps per miraculum Majestatem bekommen, zumahl diese Meynung das absurdum hat, daß ein jeder Bürgemeister muß von GOtt per miraculum darzu gemachet werden, und wir sehen doch, wie es zugehet, daß sie offt Geld geben. Es ist gut daß ein Imperator autorite hat. In Vene-
Cap. V. De prudentia an den Amelot, und der Koͤnig in Daͤnnemarck an den naͤrriſchen Mo-lesworth wollen kehren, wuͤrden ſie laͤngſt ihren ſtatum haben veraͤndern muͤſſen. Groſſe Herren ſind vielen Paſquinanden unterworffen. Wenn ein Privat-Mann nicht leiden kan, daß andere von ihm ſchwatzen, ſo kan er ſolches von groſſen Herren lernen. Ich getraue mir eine graͤßliche Idée von Engeland zu machen, und von Teutſchland einen laͤcherlichen concept zu geben. Man kan alles reprehendiren; denn die reprehenſiones beſte- hen in comparationibus & diverſis relationibus, Ein groſſer Herr muß auch titulos vor ſich behalten, alle externa, alle honores &c. Die Im- peratores Romani haben nicht zugelaſſen, daß jemand einen ſolchen Sel- lam gehabt, wie ſie; ſie haben nicht gelitten, daß ein anderer ihre ti- tulos gefuͤhret: Weil leicht geſchehen koͤnnen, daß ſich das Volck an ſol- che gehaͤnget. Sie haben auch in Teutſchland nicht wollen leiden, daß andere, auſſer dem Kayſer, ſich geſchrieben: Dei gratia, bis unter Hen- rico IV. da der Pabſt andern ſolches zuwege gebracht. Die Spanier laſſen ihre Grandes ſich bedecken. Herunter mit dem Huth. Die Chur- fuͤrſten haben in der neuen capitulation unter Leopoldo erſt erhalten, daß ſie ſich bedecken duͤrfen. In Engeland bedecket ſich kein Mann, wenn der Koͤnig da iſt. Philippus II. hat ſie zwar herunter geſetzet und geſagt: Ihre Grandezze beſtunde nel Capello, im Huth oder in Haaren, indeſſen iſts doch etwas. Lud. Cant. Faber hat de l’Origine de fiefs artige remar- quen von Franckreich beygebracht. Die tituli muͤſſen ihnen bleiben. Es kommt auch darauf an, daß die Imperantes in Ehren gehalten wer- den, und daß man ſie denen Unterthanen angenehm machet. Deßwe- gen iſt aber eben nicht die opinion zu defendiren, Majeſtatem eſſe a Deo immediate, als wie Hector Gottfried Maſius in ſeinem Intereſſe religio- num gethan, welchen Thomaſius refutiret. Das hat dem Maſio ſo ver- droſſen, daß er dem Koͤnige in Daͤnnemarck vorgeſtellet, es wuͤrde die Souverainité uͤbern Hauffen gehen, wenn man nicht ſagte: Majeſtatem immediate eſſe a Deo; daher Chriſtianus V. des Thomaſii Schrifft durch den Hencker verbrennen laſſen. Allein die Sanctitas, inviolabilitas Impe- rantium bleibt doch, pacta ſunt ſervanda. Wer geſchworen hat, und hat keine cauſam legitimam abzugehen, muß dabey bleiben. Die Sancti- tas bleibt, wenn ich gleich nicht ſtatuire, daß der Princeps per miraculum Majeſtatem bekommen, zumahl dieſe Meynung das abſurdum hat, daß ein jeder Buͤrgemeiſter muß von GOtt per miraculum darzu gemachet werden, und wir ſehen doch, wie es zugehet, daß ſie offt Geld geben. Es iſt gut daß ein Imperator autorité hat. In Vene-
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an den Amelot, und der Koͤnig in Daͤnnemarck an den naͤrriſchen Mo-
lesworth wollen kehren, wuͤrden ſie laͤngſt ihren ſtatum haben veraͤndern
muͤſſen. Groſſe Herren ſind vielen Paſquinanden unterworffen. Wenn
ein Privat-Mann nicht leiden kan, daß andere von ihm ſchwatzen, ſo kan
er ſolches von groſſen Herren lernen. Ich getraue mir eine graͤßliche Idée
von Engeland zu machen, und von Teutſchland einen laͤcherlichen concept
zu geben. Man kan alles reprehendiren; denn die reprehenſiones beſte-
hen in comparationibus & diverſis relationibus, Ein groſſer Herr muß
auch titulos vor ſich behalten, alle externa, alle honores &c. Die Im-
peratores Romani haben nicht zugelaſſen, daß jemand einen ſolchen Sel-
lam gehabt, wie ſie; ſie haben nicht gelitten, daß ein anderer ihre ti-
tulos gefuͤhret: Weil leicht geſchehen koͤnnen, daß ſich das Volck an ſol-
che gehaͤnget. Sie haben auch in Teutſchland nicht wollen leiden, daß
andere, auſſer dem Kayſer, ſich geſchrieben: Dei gratia, bis unter Hen-
rico IV. da der Pabſt andern ſolches zuwege gebracht. Die Spanier
laſſen ihre Grandes ſich bedecken. Herunter mit dem Huth. Die Chur-
fuͤrſten haben in der neuen capitulation unter Leopoldo erſt erhalten, daß
ſie ſich bedecken duͤrfen. In Engeland bedecket ſich kein Mann, wenn
der Koͤnig da iſt. Philippus II. hat ſie zwar herunter geſetzet und geſagt:
Ihre Grandezze beſtunde nel Capello, im Huth oder in Haaren, indeſſen
iſts doch etwas. Lud. Cant. Faber hat de l’Origine de fiefs artige remar-
quen von Franckreich beygebracht. Die tituli muͤſſen ihnen bleiben.
Es kommt auch darauf an, daß die Imperantes in Ehren gehalten wer-
den, und daß man ſie denen Unterthanen angenehm machet. Deßwe-
gen iſt aber eben nicht die opinion zu defendiren, Majeſtatem eſſe a Deo
immediate, als wie Hector Gottfried Maſius in ſeinem Intereſſe religio-
num gethan, welchen Thomaſius refutiret. Das hat dem Maſio ſo ver-
droſſen, daß er dem Koͤnige in Daͤnnemarck vorgeſtellet, es wuͤrde die
Souverainité uͤbern Hauffen gehen, wenn man nicht ſagte: Majeſtatem
immediate eſſe a Deo; daher Chriſtianus V. des Thomaſii Schrifft durch
den Hencker verbrennen laſſen. Allein die Sanctitas, inviolabilitas Impe-
rantium bleibt doch, pacta ſunt ſervanda. Wer geſchworen hat, und
hat keine cauſam legitimam abzugehen, muß dabey bleiben. Die Sancti-
tas bleibt, wenn ich gleich nicht ſtatuire, daß der Princeps per miraculum
Majeſtatem bekommen, zumahl dieſe Meynung das abſurdum hat,
daß ein jeder Buͤrgemeiſter muß von GOtt per miraculum darzu
gemachet werden, und wir ſehen doch, wie es zugehet, daß ſie
offt Geld geben. Es iſt gut daß ein Imperator autorité hat. In
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