Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.statum civitatis Mon. & Imperantium conservandi. Venedig ists Capital, wer einen Raths-Herrn schlägt: der junge Cor-naro, welcher selbst ein Nobili gewesen, hat müssen sterben, weil er ei- nen Raths-Herrn eine Maulschelle gegeben. In Nürnberg ist eine kleine Republique, wer aber einen Raths-Herrn schlägt, verlieret die Hand, wenn gleich der Rathsherr unrecht hat. Tribuni plebis caput apud Romanos erat sacro-sanctum; Der Pöbel hätte denjenigen mit Zäh- nen zerrissen, der ihn geschlagen. Sind Personen da, welche derer in- tention der Imperantium zuwider, removeantur sub specie honoris. Des jetzigen Printz Conti sein Vater, war ein Herr der studia hatte, ein Soldat, war sehr freundlich, und regardirten alle auf ihn, der König in Franckreich wollte ihn gerne weg haben; denn er war ein Printz vom Königl. Hause, und ob er zwar nicht suchte König zu werden, so hätte doch leicht eine Gelegenheit kommen können, daß das Volck auf ihn ge- fallen wäre; daher hieß es: mittatur in Poloniam; fiat Rex. Germa- nicus war ein trefflicher Soldat, wie sein Vater Drusus, aber der Peu- ple hielt viel auf ihn, und da er aus Teutschland zurück kam, schrien sie alle: Salva Roma, salva Patria, salvus est Germanicus. Tiberio stund dieses nicht an, der schickte ihn nach Syrien, ja man sagt gar, er habe ihn mit Gifft hinrichten lassen. Viele haben als einen Soloecismum be- mercket, da der König in Spanien dem Hertzog von Braganza in Por- tugall gelassen, dem doch der peuple sehr anhieng; er hätte ihm sollen sub specie honoris nach Indien schaffen. Das thut man so gar in Demo- cratien. Cornelius Nepos erzehlet, daß diejenigen, so favorem populi in Athen gehabt, per ostracismum aus der Stadt geschaffet worden, und nichts dürfen sagen. In Regiments-Sachen muß man vigilant seyn, weil ein Fehler nicht leicht kan wieder gehoben werden. Jetzt ists ein- mahl geschehen, daß der Teutschen Kayser den Fehler begangen, und al- len so viel eingeräumet, das kan nicht wieder geändert werden. In Franckreich sind viele Secula hingangen, bis endlich Ludovicus der XI. und seine Nachfolger es wieder auf den Fuß gesetzt, wie es unter den Carolingern gewesen. §. 8. Wir Teutschen sagen zu dem Kayser: GroßmächtigsterSimulacra Im- §. 9-15. In diesen §. §. consideriret der Autor die arcana Impe-Arcana in sta- auf K k k 2
ſtatum civitatis Mon. & Imperantium conſervandi. Venedig iſts Capital, wer einen Raths-Herrn ſchlaͤgt: der junge Cor-naro, welcher ſelbſt ein Nobili geweſen, hat muͤſſen ſterben, weil er ei- nen Raths-Herrn eine Maulſchelle gegeben. In Nuͤrnberg iſt eine kleine Republique, wer aber einen Raths-Herrn ſchlaͤgt, verlieret die Hand, wenn gleich der Rathsherr unrecht hat. Tribuni plebis caput apud Romanos erat ſacro-ſanctum; Der Poͤbel haͤtte denjenigen mit Zaͤh- nen zerriſſen, der ihn geſchlagen. Sind Perſonen da, welche derer in- tention der Imperantium zuwider, removeantur ſub ſpecie honoris. Des jetzigen Printz Conti ſein Vater, war ein Herr der ſtudia hatte, ein Soldat, war ſehr freundlich, und regardirten alle auf ihn, der Koͤnig in Franckreich wollte ihn gerne weg haben; denn er war ein Printz vom Koͤnigl. Hauſe, und ob er zwar nicht ſuchte Koͤnig zu werden, ſo haͤtte doch leicht eine Gelegenheit kommen koͤnnen, daß das Volck auf ihn ge- fallen waͤre; daher hieß es: mittatur in Poloniam; fiat Rex. Germa- nicus war ein trefflicher Soldat, wie ſein Vater Druſus, aber der Peu- ple hielt viel auf ihn, und da er aus Teutſchland zuruͤck kam, ſchrien ſie alle: Salva Roma, ſalva Patria, ſalvus eſt Germanicus. Tiberio ſtund dieſes nicht an, der ſchickte ihn nach Syrien, ja man ſagt gar, er habe ihn mit Gifft hinrichten laſſen. Viele haben als einen Solœciſmum be- mercket, da der Koͤnig in Spanien dem Hertzog von Braganza in Por- tugall gelaſſen, dem doch der peuple ſehr anhieng; er haͤtte ihm ſollen ſub ſpecie honoris nach Indien ſchaffen. Das thut man ſo gar in Demo- cratien. Cornelius Nepos erzehlet, daß diejenigen, ſo favorem populi in Athen gehabt, per oſtraciſmum aus der Stadt geſchaffet worden, und nichts duͤrfen ſagen. In Regiments-Sachen muß man vigilant ſeyn, weil ein Fehler nicht leicht kan wieder gehoben werden. Jetzt iſts ein- mahl geſchehen, daß der Teutſchen Kayſer den Fehler begangen, und al- len ſo viel eingeraͤumet, das kan nicht wieder geaͤndert werden. In Franckreich ſind viele Secula hingangen, bis endlich Ludovicus der XI. und ſeine Nachfolger es wieder auf den Fuß geſetzt, wie es unter den Carolingern geweſen. §. 8. Wir Teutſchen ſagen zu dem Kayſer: GroßmaͤchtigſterSimulacra Im- §. 9-15. In dieſen §. §. conſideriret der Autor die arcana Impe-Arcana in ſta- auf K k k 2
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ſtatum civitatis Mon. & Imperantium conſervandi.
Venedig iſts Capital, wer einen Raths-Herrn ſchlaͤgt: der junge Cor-
naro, welcher ſelbſt ein Nobili geweſen, hat muͤſſen ſterben, weil er ei-
nen Raths-Herrn eine Maulſchelle gegeben. In Nuͤrnberg iſt eine
kleine Republique, wer aber einen Raths-Herrn ſchlaͤgt, verlieret die
Hand, wenn gleich der Rathsherr unrecht hat. Tribuni plebis caput
apud Romanos erat ſacro-ſanctum; Der Poͤbel haͤtte denjenigen mit Zaͤh-
nen zerriſſen, der ihn geſchlagen. Sind Perſonen da, welche derer in-
tention der Imperantium zuwider, removeantur ſub ſpecie honoris. Des
jetzigen Printz Conti ſein Vater, war ein Herr der ſtudia hatte, ein
Soldat, war ſehr freundlich, und regardirten alle auf ihn, der Koͤnig in
Franckreich wollte ihn gerne weg haben; denn er war ein Printz vom
Koͤnigl. Hauſe, und ob er zwar nicht ſuchte Koͤnig zu werden, ſo haͤtte
doch leicht eine Gelegenheit kommen koͤnnen, daß das Volck auf ihn ge-
fallen waͤre; daher hieß es: mittatur in Poloniam; fiat Rex. Germa-
nicus war ein trefflicher Soldat, wie ſein Vater Druſus, aber der Peu-
ple hielt viel auf ihn, und da er aus Teutſchland zuruͤck kam, ſchrien ſie
alle: Salva Roma, ſalva Patria, ſalvus eſt Germanicus. Tiberio ſtund
dieſes nicht an, der ſchickte ihn nach Syrien, ja man ſagt gar, er habe
ihn mit Gifft hinrichten laſſen. Viele haben als einen Solœciſmum be-
mercket, da der Koͤnig in Spanien dem Hertzog von Braganza in Por-
tugall gelaſſen, dem doch der peuple ſehr anhieng; er haͤtte ihm ſollen ſub
ſpecie honoris nach Indien ſchaffen. Das thut man ſo gar in Demo-
cratien. Cornelius Nepos erzehlet, daß diejenigen, ſo favorem populi in
Athen gehabt, per oſtraciſmum aus der Stadt geſchaffet worden, und
nichts duͤrfen ſagen. In Regiments-Sachen muß man vigilant ſeyn,
weil ein Fehler nicht leicht kan wieder gehoben werden. Jetzt iſts ein-
mahl geſchehen, daß der Teutſchen Kayſer den Fehler begangen, und al-
len ſo viel eingeraͤumet, das kan nicht wieder geaͤndert werden. In
Franckreich ſind viele Secula hingangen, bis endlich Ludovicus der XI.
und ſeine Nachfolger es wieder auf den Fuß geſetzt, wie es unter den
Carolingern geweſen.
§. 8. Wir Teutſchen ſagen zu dem Kayſer: Großmaͤchtigſter
und unuͤberwindlichſter Kayſer, auch auf Seiten der Staͤnde brauchen
ſie das Wort, allerunterthaͤnigſt, und iſt doch gantz gewiß, daß noch we-
nig uͤbrig iſt, von der alten magnitudine Imperii. Es iſt alſo ſolches
nur ein Simulacrum, ein inane, daher der Autor die Simulacra durchgehet.
Simulacra Im-
perii.
§. 9-15. In dieſen §. §. conſideriret der Autor die arcana Impe-
rii. Dieſe ſind nichts anders als artes regnandi; die arcana domina-
tionis gehoͤren auch einiger maſſen ad artes regnandi, ſie gehen aber mehr
auf
Arcana in ſta-
tu Monarchi-
co.
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