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Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.

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Cap. V. De prudentia
auf den Principem. Jetzo gehet der Autor die arcana in specie durch, da-
von das meiste schon da gewesen, dergestalt ut cramben bis coctam ap-
ponere nolim.
Er beschreibet einen Monarchen, wie er beschaffen seyn
soll, ratione virtutis conscientiae, welches wir alles oben gehabt haben;
Von denen consiliariis ist auch schon gehandelt worden, daher will ich
nur einige remarquen machen ad §. 10. 14 15. Das ist einfältig, wenn
der Autor beschreibet, wie ein Princeps solle aussehen. Wenn wir alle
Princeps wählen könnten, so könnten wir sagen wie sie aussähen, und ra-
tione corporis
aussehen sollten und beschaffen seyn; So aber ists in Eu-
ropa bewandt, daß man nicht leicht Principes wählet, sondern sie succe-
di
ren. Also kan man hier nicht sagen, wie sie aussehen sollen, sondern
man nimmet sie wie die Natur solche giebet. Ubrigens darf man nicht
dencken, das wären die besten Principes, welche wohl aussähen; au con-
traire,
Fürsten, welche defauts gehabt, sind offt kluge Herren gewesen.
Der König VVilliam war ein magerer Herr, sehr dürre und kranck, bey
dem wenig grace war, wenn man mit ihm umgieng; nichts desto weniger
müssen ihn doch alle Engeländer nachsagen, daß er die artes regnandi wohl
verstanden; er ist sonst wohl unterrichtet worden. Burnet lobt den Jean de
VVitt,
daß ob er gleich wider die Stadthalter gewesen, so habe er doch den
VVilliam wohl erziehen lassen, und gemeynet, es könnte einmahl die Zeit kom-
men, daß er wieder darzu gelangete. Der Agesilaus ist einer von den klügesten
Königen der Spartaner gewesen, der war hinckend, hatte auch sonst vie-
le defauts, an sich, davon uns nicht allein Cornelius Nepos, sondern auch
Plutarchus in seinen Viris Illustribus Nachricht giebt. Bayle hat in sei-
nen Diction. auch artige remarquen mit einfliessen lassen, und gemeynet,
er wäre einer von den grössesten Printzen gewesen, der aber am wenig-
sten regardiret würde, weil die Leute den Cornelium und Plutarchum
nicht mit gehöriger attention betrachten. Henricus III. sahe wohl aus,
war aber zum Regieren nicht geschickt. Es sind solche Herren, die wohl
aussehen, sanguinei, die sind commode, wie Fridericus V. der Winter-
König, sie halten sich Maitressen, und wird man wenig exempla finden,
daß ein Herr, der wohl ausgesehen hat, grosse Dinge gethan hat. Das
Frauenzimmer und geringe Leute loben den Herrn, der wohl aussiehet,
und sagen: Er sähe aus, wie ein Engel. Wer regieren will, muß ar-
beiten, unverdrossen seyn, das sind die Herren nicht, die wohl aussehen,
sonderlich nach dem concept der Teutschen, da die schönen Leute müssen
blond seyn, weiß, wie ein Alabaster. Ja, wenn ein Herr ein tempera-
mentum cholerico-sanguineum,
oder sanguineo-cholericum hat, so gehets
noch an. Aber viele haben ein temperamentum sanguineo Melancholi-

cum,

Cap. V. De prudentia
auf den Principem. Jetzo gehet der Autor die arcana in ſpecie durch, da-
von das meiſte ſchon da geweſen, dergeſtalt ut cramben bis coctam ap-
ponere nolim.
Er beſchreibet einen Monarchen, wie er beſchaffen ſeyn
ſoll, ratione virtutis conſcientiæ, welches wir alles oben gehabt haben;
Von denen conſiliariis iſt auch ſchon gehandelt worden, daher will ich
nur einige remarquen machen ad §. 10. 14 15. Das iſt einfaͤltig, wenn
der Autor beſchreibet, wie ein Princeps ſolle ausſehen. Wenn wir alle
Princeps waͤhlen koͤnnten, ſo koͤnnten wir ſagen wie ſie ausſaͤhen, und ra-
tione corporis
ausſehen ſollten und beſchaffen ſeyn; So aber iſts in Eu-
ropa bewandt, daß man nicht leicht Principes waͤhlet, ſondern ſie ſucce-
di
ren. Alſo kan man hier nicht ſagen, wie ſie ausſehen ſollen, ſondern
man nimmet ſie wie die Natur ſolche giebet. Ubrigens darf man nicht
dencken, das waͤren die beſten Principes, welche wohl ausſaͤhen; au con-
traire,
Fuͤrſten, welche defauts gehabt, ſind offt kluge Herren geweſen.
Der Koͤnig VVilliam war ein magerer Herr, ſehr duͤrre und kranck, bey
dem wenig grace war, wenn man mit ihm umgieng; nichts deſto weniger
muͤſſen ihn doch alle Engelaͤnder nachſagen, daß er die artes regnandi wohl
verſtanden; er iſt ſonſt wohl unterrichtet worden. Burnet lobt den Jean de
VVitt,
daß ob er gleich wider die Stadthalter geweſen, ſo habe er doch den
VVilliam wohl erziehen laſſen, und gemeynet, es koͤnnte einmahl die Zeit kom-
men, daß er wieder darzu gelangete. Der Ageſilaus iſt einer von den kluͤgeſten
Koͤnigen der Spartaner geweſen, der war hinckend, hatte auch ſonſt vie-
le defauts, an ſich, davon uns nicht allein Cornelius Nepos, ſondern auch
Plutarchus in ſeinen Viris Illuſtribus Nachricht giebt. Bayle hat in ſei-
nen Diction. auch artige remarquen mit einflieſſen laſſen, und gemeynet,
er waͤre einer von den groͤſſeſten Printzen geweſen, der aber am wenig-
ſten regardiret wuͤrde, weil die Leute den Cornelium und Plutarchum
nicht mit gehoͤriger attention betrachten. Henricus III. ſahe wohl aus,
war aber zum Regieren nicht geſchickt. Es ſind ſolche Herren, die wohl
ausſehen, ſanguinei, die ſind commode, wie Fridericus V. der Winter-
Koͤnig, ſie halten ſich Maitreſſen, und wird man wenig exempla finden,
daß ein Herr, der wohl ausgeſehen hat, groſſe Dinge gethan hat. Das
Frauenzimmer und geringe Leute loben den Herrn, der wohl ausſiehet,
und ſagen: Er ſaͤhe aus, wie ein Engel. Wer regieren will, muß ar-
beiten, unverdroſſen ſeyn, das ſind die Herren nicht, die wohl ausſehen,
ſonderlich nach dem concept der Teutſchen, da die ſchoͤnen Leute muͤſſen
blond ſeyn, weiß, wie ein Alabaſter. Ja, wenn ein Herr ein tempera-
mentum cholerico-ſanguineum,
oder ſanguineo-cholericum hat, ſo gehets
noch an. Aber viele haben ein temperamentum ſanguineo Melancholi-

cum,
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[444/0464] Cap. V. De prudentia auf den Principem. Jetzo gehet der Autor die arcana in ſpecie durch, da- von das meiſte ſchon da geweſen, dergeſtalt ut cramben bis coctam ap- ponere nolim. Er beſchreibet einen Monarchen, wie er beſchaffen ſeyn ſoll, ratione virtutis conſcientiæ, welches wir alles oben gehabt haben; Von denen conſiliariis iſt auch ſchon gehandelt worden, daher will ich nur einige remarquen machen ad §. 10. 14 15. Das iſt einfaͤltig, wenn der Autor beſchreibet, wie ein Princeps ſolle ausſehen. Wenn wir alle Princeps waͤhlen koͤnnten, ſo koͤnnten wir ſagen wie ſie ausſaͤhen, und ra- tione corporis ausſehen ſollten und beſchaffen ſeyn; So aber iſts in Eu- ropa bewandt, daß man nicht leicht Principes waͤhlet, ſondern ſie ſucce- diren. Alſo kan man hier nicht ſagen, wie ſie ausſehen ſollen, ſondern man nimmet ſie wie die Natur ſolche giebet. Ubrigens darf man nicht dencken, das waͤren die beſten Principes, welche wohl ausſaͤhen; au con- traire, Fuͤrſten, welche defauts gehabt, ſind offt kluge Herren geweſen. Der Koͤnig VVilliam war ein magerer Herr, ſehr duͤrre und kranck, bey dem wenig grace war, wenn man mit ihm umgieng; nichts deſto weniger muͤſſen ihn doch alle Engelaͤnder nachſagen, daß er die artes regnandi wohl verſtanden; er iſt ſonſt wohl unterrichtet worden. Burnet lobt den Jean de VVitt, daß ob er gleich wider die Stadthalter geweſen, ſo habe er doch den VVilliam wohl erziehen laſſen, und gemeynet, es koͤnnte einmahl die Zeit kom- men, daß er wieder darzu gelangete. Der Ageſilaus iſt einer von den kluͤgeſten Koͤnigen der Spartaner geweſen, der war hinckend, hatte auch ſonſt vie- le defauts, an ſich, davon uns nicht allein Cornelius Nepos, ſondern auch Plutarchus in ſeinen Viris Illuſtribus Nachricht giebt. Bayle hat in ſei- nen Diction. auch artige remarquen mit einflieſſen laſſen, und gemeynet, er waͤre einer von den groͤſſeſten Printzen geweſen, der aber am wenig- ſten regardiret wuͤrde, weil die Leute den Cornelium und Plutarchum nicht mit gehoͤriger attention betrachten. Henricus III. ſahe wohl aus, war aber zum Regieren nicht geſchickt. Es ſind ſolche Herren, die wohl ausſehen, ſanguinei, die ſind commode, wie Fridericus V. der Winter- Koͤnig, ſie halten ſich Maitreſſen, und wird man wenig exempla finden, daß ein Herr, der wohl ausgeſehen hat, groſſe Dinge gethan hat. Das Frauenzimmer und geringe Leute loben den Herrn, der wohl ausſiehet, und ſagen: Er ſaͤhe aus, wie ein Engel. Wer regieren will, muß ar- beiten, unverdroſſen ſeyn, das ſind die Herren nicht, die wohl ausſehen, ſonderlich nach dem concept der Teutſchen, da die ſchoͤnen Leute muͤſſen blond ſeyn, weiß, wie ein Alabaſter. Ja, wenn ein Herr ein tempera- mentum cholerico-ſanguineum, oder ſanguineo-cholericum hat, ſo gehets noch an. Aber viele haben ein temperamentum ſanguineo Melancholi- cum,

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Zitationshilfe: Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733, S. 444. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gundling_discours_1733/464>, abgerufen am 24.11.2024.