Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.statum civitatis Mon. & Imperantium conservandi. ein bigot wäre, so könnte man auch sagen, daß er ein groß artem poli-ticam sehen lasse, da er vor einigen Jahren abgedancket, und hernach das Reich als invitus wieder angenommen; aber er ist ein homo me- lancholicus. Freylich ist wahr, daß der peuple nicht besser kan in Zaum gehalten werden, als wenn er erstlich attachirt, ist auf ein gewisses me- tier, 2) nicht viel conventicula, Gelache hält. Cromwell hats recht angefangen, und die Engeländer lassen den Sonnabend feyren, inglei- chen den Sonntag und Montag, haben sie müssen die Predigten repe- tiren, dabey er scharff verbothen, an diesen Tagen in kein Gelach zu ge- hen, dadurch hat er ihnen gleichsam drey Tage genommen, und vier Ta- ge haben sie müssen arbeiten, damit sie zu leben gehabt; Also haben sie nicht können zusammen gehen, und wider ihn compotiren. Obgleich Cromwell sonst nicht zu leben, so hat er doch hier gewiesen, was ein Fürst thun solle, wenn er will evitiren, daß seine Unterthanen nicht wi- der ihn complotiren. §. 17. Man kan nicht allezeit mit der ambition seine fortune2) Gegen die plis
ſtatum civitatis Mon. & Imperantium conſervandi. ein bigot waͤre, ſo koͤnnte man auch ſagen, daß er ein groß artem poli-ticam ſehen laſſe, da er vor einigen Jahren abgedancket, und hernach das Reich als invitus wieder angenommen; aber er iſt ein homo me- lancholicus. Freylich iſt wahr, daß der peuple nicht beſſer kan in Zaum gehalten werden, als wenn er erſtlich attachirt, iſt auf ein gewiſſes me- tier, 2) nicht viel conventicula, Gelache haͤlt. Cromwell hats recht angefangen, und die Engelaͤnder laſſen den Sonnabend feyren, inglei- chen den Sonntag und Montag, haben ſie muͤſſen die Predigten repe- tiren, dabey er ſcharff verbothen, an dieſen Tagen in kein Gelach zu ge- hen, dadurch hat er ihnen gleichſam drey Tage genommen, und vier Ta- ge haben ſie muͤſſen arbeiten, damit ſie zu leben gehabt; Alſo haben ſie nicht koͤnnen zuſammen gehen, und wider ihn compotiren. Obgleich Cromwell ſonſt nicht zu leben, ſo hat er doch hier gewieſen, was ein Fuͤrſt thun ſolle, wenn er will evitiren, daß ſeine Unterthanen nicht wi- der ihn complotiren. §. 17. Man kan nicht allezeit mit der ambition ſeine fortune2) Gegen die plis
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0467" n="447"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">ſtatum civitatis Mon. & Imperantium conſervandi.</hi></fw><lb/> ein <hi rendition="#aq">bigot</hi> waͤre, ſo koͤnnte man auch ſagen, daß er ein groß <hi rendition="#aq">artem poli-<lb/> ticam</hi> ſehen laſſe, da er vor einigen Jahren abgedancket, und hernach<lb/> das Reich als <hi rendition="#aq">invitus</hi> wieder angenommen; aber er iſt ein <hi rendition="#aq">homo me-<lb/> lancholicus.</hi> Freylich iſt wahr, daß der <hi rendition="#aq">peuple</hi> nicht beſſer kan in Zaum<lb/> gehalten werden, als wenn er erſtlich <hi rendition="#aq">attachi</hi>rt, iſt auf ein gewiſſes <hi rendition="#aq">me-<lb/> tier,</hi> 2) nicht viel <hi rendition="#aq">conventicula,</hi> Gelache haͤlt. <hi rendition="#aq">Cromwell</hi> hats recht<lb/> angefangen, und die Engelaͤnder laſſen den Sonnabend feyren, inglei-<lb/> chen den Sonntag und Montag, haben ſie muͤſſen die Predigten <hi rendition="#aq">repe-<lb/> ti</hi>ren, dabey er ſcharff verbothen, an dieſen Tagen in kein Gelach zu ge-<lb/> hen, dadurch hat er ihnen gleichſam drey Tage genommen, und vier Ta-<lb/> ge haben ſie muͤſſen arbeiten, damit ſie zu leben gehabt; Alſo haben ſie<lb/> nicht koͤnnen zuſammen gehen, und wider ihn <hi rendition="#aq">compoti</hi>ren. Obgleich<lb/><hi rendition="#aq">Cromwell</hi> ſonſt nicht zu leben, ſo hat er doch hier gewieſen, was ein<lb/> Fuͤrſt thun ſolle, wenn er will <hi rendition="#aq">eviti</hi>ren, daß ſeine Unterthanen nicht wi-<lb/> der ihn <hi rendition="#aq">comploti</hi>ren.</p><lb/> <p>§. 17. Man kan nicht allezeit mit der <hi rendition="#aq">ambition</hi> ſeine <hi rendition="#aq">fortune</hi><note place="right">2) Gegen die<lb/><hi rendition="#aq">Patricios.</hi></note><lb/> machen <hi rendition="#aq">in ſtatu monarchico.</hi> Viele meynen, <hi rendition="#aq">ambitionis magnam eſſe<lb/> vim,</hi> bey einem, der in die Hoͤhe kommen wolle; allein, wenn er ſie<lb/> blicken laͤßt, ſo <hi rendition="#aq">avanci</hi>rt er nicht; Groſſe Herren wollen keine <hi rendition="#aq">ambitiöſe</hi><lb/> Leute haben, ſie fuͤrchten ſich fuͤr ihnen. <hi rendition="#aq">Procopius</hi> in ſeiner <hi rendition="#aq">Hiſtoria A-<lb/> necdota</hi> kan keine Urſach finden, warum <hi rendition="#aq">Juſtinianus</hi> den <hi rendition="#aq">Beliſarium</hi> abge-<lb/> ſetzt, und ſo arm gemachet, als, weil derſelbe viel <hi rendition="#aq">bataill</hi>en gewonnen,<lb/> und ſo <hi rendition="#aq">ambitioſus</hi> worden, <hi rendition="#aq">ut privati fortuna ei vix ſufficere videretur.<lb/> Germanicus</hi> wurde vom <hi rendition="#aq">Tiberio</hi> gehaſſet, weil ihn <hi rendition="#aq">Tiberius</hi> als einen<lb/><hi rendition="#aq">ambitioſum</hi> angeſehen. <hi rendition="#aq">Auguſtus</hi> hat dem <hi rendition="#aq">Druſo</hi> nicht getrauet, ja man<lb/><hi rendition="#aq">diſputi</hi>rt, ob nicht <hi rendition="#aq">Auguſtus</hi> ihn ums Leben bringen laſſen. Wer ein<lb/><hi rendition="#aq">Princeps</hi> ſeyn will, muß ſolche Leute ſuchen, <hi rendition="#aq">qui rempublicam, Monar-<lb/> chiam amant. Attejus Capito</hi> hat ſeine <hi rendition="#aq">fortune</hi> beſſer gemacht, als <hi rendition="#aq">La-<lb/> beo. Labeo</hi> war mehr <hi rendition="#aq">attachi</hi>rt an die vorige Freyheit, hergegen <hi rendition="#aq">Atte-<lb/> jus Capito accommodi</hi>rte ſich nach dem Hof, nach dem veraͤnderten<lb/> Staat. <hi rendition="#aq">Labeo ſemper reſpondebat,</hi> als wenn er noch <hi rendition="#aq">in libera repu-<lb/> blica</hi> waͤre. <hi rendition="#aq">Förſtnerus</hi> und <hi rendition="#aq">Amelot in notis ad Tacitum</hi> haben <hi rendition="#aq">refle-<lb/> xiones</hi> gemacht uͤber des <hi rendition="#aq">Taciti comparaiſon</hi> zwiſchen den <hi rendition="#aq">Attejo, Capi-<lb/> tone</hi> und <hi rendition="#aq">Labeone. Qui auxiliares manus præſtat;</hi> Alles <hi rendition="#aq">approbi</hi>rt, was<lb/> der <hi rendition="#aq">Princeps</hi> thut, der <hi rendition="#aq">avanci</hi>rt: Das ſehen wir <hi rendition="#aq">tota die.</hi> Bisweilen<lb/> iſt ein Mann ehrlich, <hi rendition="#aq">ſage, non aſcendit,</hi> wenn er ſich nicht nach dem<lb/> Hofe <hi rendition="#aq">accommodi</hi>ret. Der <hi rendition="#aq">Princeps</hi> will gerne haben, daß alle ſich ſol-<lb/> len nach ihm richten, traͤgt er lange Haare, ſo ſollen auch alle lange<lb/> Haare tragen. <hi rendition="#aq">Amelot</hi> hat in ſeinem <hi rendition="#aq">Tibere</hi> ſolches mit vielen <hi rendition="#aq">exem-</hi><lb/> <fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#aq">plis</hi></fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [447/0467]
ſtatum civitatis Mon. & Imperantium conſervandi.
ein bigot waͤre, ſo koͤnnte man auch ſagen, daß er ein groß artem poli-
ticam ſehen laſſe, da er vor einigen Jahren abgedancket, und hernach
das Reich als invitus wieder angenommen; aber er iſt ein homo me-
lancholicus. Freylich iſt wahr, daß der peuple nicht beſſer kan in Zaum
gehalten werden, als wenn er erſtlich attachirt, iſt auf ein gewiſſes me-
tier, 2) nicht viel conventicula, Gelache haͤlt. Cromwell hats recht
angefangen, und die Engelaͤnder laſſen den Sonnabend feyren, inglei-
chen den Sonntag und Montag, haben ſie muͤſſen die Predigten repe-
tiren, dabey er ſcharff verbothen, an dieſen Tagen in kein Gelach zu ge-
hen, dadurch hat er ihnen gleichſam drey Tage genommen, und vier Ta-
ge haben ſie muͤſſen arbeiten, damit ſie zu leben gehabt; Alſo haben ſie
nicht koͤnnen zuſammen gehen, und wider ihn compotiren. Obgleich
Cromwell ſonſt nicht zu leben, ſo hat er doch hier gewieſen, was ein
Fuͤrſt thun ſolle, wenn er will evitiren, daß ſeine Unterthanen nicht wi-
der ihn complotiren.
§. 17. Man kan nicht allezeit mit der ambition ſeine fortune
machen in ſtatu monarchico. Viele meynen, ambitionis magnam eſſe
vim, bey einem, der in die Hoͤhe kommen wolle; allein, wenn er ſie
blicken laͤßt, ſo avancirt er nicht; Groſſe Herren wollen keine ambitiöſe
Leute haben, ſie fuͤrchten ſich fuͤr ihnen. Procopius in ſeiner Hiſtoria A-
necdota kan keine Urſach finden, warum Juſtinianus den Beliſarium abge-
ſetzt, und ſo arm gemachet, als, weil derſelbe viel bataillen gewonnen,
und ſo ambitioſus worden, ut privati fortuna ei vix ſufficere videretur.
Germanicus wurde vom Tiberio gehaſſet, weil ihn Tiberius als einen
ambitioſum angeſehen. Auguſtus hat dem Druſo nicht getrauet, ja man
diſputirt, ob nicht Auguſtus ihn ums Leben bringen laſſen. Wer ein
Princeps ſeyn will, muß ſolche Leute ſuchen, qui rempublicam, Monar-
chiam amant. Attejus Capito hat ſeine fortune beſſer gemacht, als La-
beo. Labeo war mehr attachirt an die vorige Freyheit, hergegen Atte-
jus Capito accommodirte ſich nach dem Hof, nach dem veraͤnderten
Staat. Labeo ſemper reſpondebat, als wenn er noch in libera repu-
blica waͤre. Förſtnerus und Amelot in notis ad Tacitum haben refle-
xiones gemacht uͤber des Taciti comparaiſon zwiſchen den Attejo, Capi-
tone und Labeone. Qui auxiliares manus præſtat; Alles approbirt, was
der Princeps thut, der avancirt: Das ſehen wir tota die. Bisweilen
iſt ein Mann ehrlich, ſage, non aſcendit, wenn er ſich nicht nach dem
Hofe accommodiret. Der Princeps will gerne haben, daß alle ſich ſol-
len nach ihm richten, traͤgt er lange Haare, ſo ſollen auch alle lange
Haare tragen. Amelot hat in ſeinem Tibere ſolches mit vielen exem-
plis
2) Gegen die
Patricios.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |