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Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.

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statum civitatis Aristocraticae & Democraticae &c.
hernach Cypern an Venedig kommen. Obgleich nach der Zeit dieselbe
zu Venedig residiren wollen, so haben sie doch gesagt, sie möchten sich
nach Padua wenden, damit nomen Reginae, und Regis nicht möchte in
Venedig angenehm werden. Sie hat sich auch eine kurtze Zeit in Ve-
nedig aufgehalten, und von dar sich nach Padua begeben, woselbst sie
einen Königlichen Staat geführet. So bald einer Cardinal wird, ist er
nicht capable, mehr in Venedig zu seyn, wenn gleich die Venetianer ho-
mines externos
zu nobilibus machen, so thun sie es doch nur honoris cau-
sa,
die kommen aber nicht nach Venedig, ex consequenti haben sie kei-
ne Gefahr von ihnen zu befürchten. Sie nehmen nicht mehr, als zwey
von einer Familie in den Rath, wenigstens in den geheimden Rath. In
Nürnberg nehmen sie auch nicht mehr, als zwey von einer Familie in
Rath, und unter die septemviros nicht mehr, als einen. Ich weiß, daß
ein Imhoff unter den septemviros gewesen, und sein Vetter war indeß auch
hinauf gerückt, der hat zwey über sich weg springen lassen, und nicht
darzu gelangen können. Caesar erzehlet von Haediis, welche Bundes-
Genossen von den Römern gewesen, und eine Aristocratie gehabt, daß
sie auch nicht gestattet, daß mehr als zwey von einer Familie im Rath
gewesen. Dieses ist alles wider den Principatum, damit die Familien
keine factiones machen können. Res magni momenti geben sie nicht leicht
einem, sondern da haben sie Decemviros, denen solche übergeben werden.
Beym Hertio pag. 129. 131. wird man unterschiedenes von der Repu-
blic Venedig finden, daß alles geschehen in Collegiis, oder wenn ja Leu-
te gesetzet werden, welche etwas primario zu thun haben, so werden an-
dere darzu geordnet, welche mit acht geben. Kein Nobili darff mit ei-
nem Gesandten reden, adsunt semper qui audiant, sie haben certas fami-
lias, in quas nemo recipitur,
wenn er auch wollen hundert tausend Tha-
ler geben, sie halten die Patricios viel höher, als die Noblesse in Teutsch-
land. Denn vor etliche hundert Jahren kan ich in Teutschland nobilis
werden; Sie geben Achtung, daß keiner von der Familie supprimirt wird,
damit sie nicht ad desperationem gebracht werden. Wenn auch biswei-
len eine Familie herunter kömmt, durch ihre negligence der Eltern, so su-
chen sie doch die Descendenten wieder in die Höhe zu bringen, damit sie
nicht in Verachtung kommen, und suchen also quovis modo eine aequalita-
tem
zu erhalten, vid. Hertius pag. 120. Wenn die Tochter keinen do-
tem
haben, so werden sie ex publico dotirt, welches auch Petrus Bembus, der
selbst ein Nobili di Venetia gewesen, observirt. In Venedig und Nürn-
berg haben sie das Reichen-Allmosen, welches denen pauperibus patriciis

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ſtatum civitatis Ariſtocraticæ & Democraticæ &c.
hernach Cypern an Venedig kommen. Obgleich nach der Zeit dieſelbe
zu Venedig reſidiren wollen, ſo haben ſie doch geſagt, ſie moͤchten ſich
nach Padua wenden, damit nomen Reginæ, und Regis nicht moͤchte in
Venedig angenehm werden. Sie hat ſich auch eine kurtze Zeit in Ve-
nedig aufgehalten, und von dar ſich nach Padua begeben, woſelbſt ſie
einen Koͤniglichen Staat gefuͤhret. So bald einer Cardinal wird, iſt er
nicht capable, mehr in Venedig zu ſeyn, wenn gleich die Venetianer ho-
mines externos
zu nobilibus machen, ſo thun ſie es doch nur honoris cau-
ſa,
die kommen aber nicht nach Venedig, ex conſequenti haben ſie kei-
ne Gefahr von ihnen zu befuͤrchten. Sie nehmen nicht mehr, als zwey
von einer Familie in den Rath, wenigſtens in den geheimden Rath. In
Nuͤrnberg nehmen ſie auch nicht mehr, als zwey von einer Familie in
Rath, und unter die ſeptemviros nicht mehr, als einen. Ich weiß, daß
ein Imhoff unter den ſeptemviros geweſen, und ſein Vetter war indeß auch
hinauf geruͤckt, der hat zwey uͤber ſich weg ſpringen laſſen, und nicht
darzu gelangen koͤnnen. Cæſar erzehlet von Hædiis, welche Bundes-
Genoſſen von den Roͤmern geweſen, und eine Ariſtocratie gehabt, daß
ſie auch nicht geſtattet, daß mehr als zwey von einer Familie im Rath
geweſen. Dieſes iſt alles wider den Principatum, damit die Familien
keine factiones machen koͤnnen. Res magni momenti geben ſie nicht leicht
einem, ſondern da haben ſie Decemviros, denen ſolche uͤbergeben werden.
Beym Hertio pag. 129. 131. wird man unterſchiedenes von der Repu-
blic Venedig finden, daß alles geſchehen in Collegiis, oder wenn ja Leu-
te geſetzet werden, welche etwas primario zu thun haben, ſo werden an-
dere darzu geordnet, welche mit acht geben. Kein Nobili darff mit ei-
nem Geſandten reden, adſunt ſemper qui audiant, ſie haben certas fami-
lias, in quas nemo recipitur,
wenn er auch wollen hundert tauſend Tha-
ler geben, ſie halten die Patricios viel hoͤher, als die Nobleſſe in Teutſch-
land. Denn vor etliche hundert Jahren kan ich in Teutſchland nobilis
werden; Sie geben Achtung, daß keiner von der Familie ſupprimirt wird,
damit ſie nicht ad deſperationem gebracht werden. Wenn auch biswei-
len eine Familie herunter koͤmmt, durch ihre negligence der Eltern, ſo ſu-
chen ſie doch die Deſcendenten wieder in die Hoͤhe zu bringen, damit ſie
nicht in Verachtung kommen, und ſuchen alſo quovis modo eine æqualita-
tem
zu erhalten, vid. Hertius pag. 120. Wenn die Tochter keinen do-
tem
haben, ſo werden ſie ex publico dotirt, welches auch Petrus Bembus, der
ſelbſt ein Nobili di Venetia geweſen, obſervirt. In Venedig und Nuͤrn-
berg haben ſie das Reichen-Allmoſen, welches denen pauperibus patriciis

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[467/0487] ſtatum civitatis Ariſtocraticæ & Democraticæ &c. hernach Cypern an Venedig kommen. Obgleich nach der Zeit dieſelbe zu Venedig reſidiren wollen, ſo haben ſie doch geſagt, ſie moͤchten ſich nach Padua wenden, damit nomen Reginæ, und Regis nicht moͤchte in Venedig angenehm werden. Sie hat ſich auch eine kurtze Zeit in Ve- nedig aufgehalten, und von dar ſich nach Padua begeben, woſelbſt ſie einen Koͤniglichen Staat gefuͤhret. So bald einer Cardinal wird, iſt er nicht capable, mehr in Venedig zu ſeyn, wenn gleich die Venetianer ho- mines externos zu nobilibus machen, ſo thun ſie es doch nur honoris cau- ſa, die kommen aber nicht nach Venedig, ex conſequenti haben ſie kei- ne Gefahr von ihnen zu befuͤrchten. Sie nehmen nicht mehr, als zwey von einer Familie in den Rath, wenigſtens in den geheimden Rath. In Nuͤrnberg nehmen ſie auch nicht mehr, als zwey von einer Familie in Rath, und unter die ſeptemviros nicht mehr, als einen. Ich weiß, daß ein Imhoff unter den ſeptemviros geweſen, und ſein Vetter war indeß auch hinauf geruͤckt, der hat zwey uͤber ſich weg ſpringen laſſen, und nicht darzu gelangen koͤnnen. Cæſar erzehlet von Hædiis, welche Bundes- Genoſſen von den Roͤmern geweſen, und eine Ariſtocratie gehabt, daß ſie auch nicht geſtattet, daß mehr als zwey von einer Familie im Rath geweſen. Dieſes iſt alles wider den Principatum, damit die Familien keine factiones machen koͤnnen. Res magni momenti geben ſie nicht leicht einem, ſondern da haben ſie Decemviros, denen ſolche uͤbergeben werden. Beym Hertio pag. 129. 131. wird man unterſchiedenes von der Repu- blic Venedig finden, daß alles geſchehen in Collegiis, oder wenn ja Leu- te geſetzet werden, welche etwas primario zu thun haben, ſo werden an- dere darzu geordnet, welche mit acht geben. Kein Nobili darff mit ei- nem Geſandten reden, adſunt ſemper qui audiant, ſie haben certas fami- lias, in quas nemo recipitur, wenn er auch wollen hundert tauſend Tha- ler geben, ſie halten die Patricios viel hoͤher, als die Nobleſſe in Teutſch- land. Denn vor etliche hundert Jahren kan ich in Teutſchland nobilis werden; Sie geben Achtung, daß keiner von der Familie ſupprimirt wird, damit ſie nicht ad deſperationem gebracht werden. Wenn auch biswei- len eine Familie herunter koͤmmt, durch ihre negligence der Eltern, ſo ſu- chen ſie doch die Deſcendenten wieder in die Hoͤhe zu bringen, damit ſie nicht in Verachtung kommen, und ſuchen alſo quovis modo eine æqualita- tem zu erhalten, vid. Hertius pag. 120. Wenn die Tochter keinen do- tem haben, ſo werden ſie ex publico dotirt, welches auch Petrus Bembus, der ſelbſt ein Nobili di Venetia geweſen, obſervirt. In Venedig und Nuͤrn- berg haben ſie das Reichen-Allmoſen, welches denen pauperibus patriciis ge- N n n 2

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Zitationshilfe: Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733, S. 467. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gundling_discours_1733/487>, abgerufen am 24.11.2024.