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Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.

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De prudentia aulica.
und es nicht leiden, würde er schlecht zu rechte kommen. Point d'hon-
neur
muß einer haben, vid. Courtin du Veritable Point d'honneur. Leu-
te, die ihre affecten nicht zu supprimiren wissen, schicken sich nicht bey
Hof; Denn man sagt: Bey Hof müste einer können simuliren und
dissimuliren. Wären alle aulici virtute praediti, so dürffte man nicht
simuliren und dissimuliren; Da aber dieses nicht ist, und die meisten ih-
ren affecten nachhangen, so muß einer simuliren und dissimuliren. Wer
seine fortune a la Cour machen will, muß sich accommodiren nach dem
Sinne des Herrn, und nach dem Sinne der Grossen, wel-
che um den Herrn sind, so wenig als dein Diener, der einen banchant
hat zu trincken, bey dir kan seyn, wenn er demselben nachhängt, so we-
nig gehet es an, ut serviat affectibus aulicus. Leute, die ambitiosi seyn
wollen, machen ihre fortune nicht, die andern mercken es, ipsum petunt,
& in herba suffocatur:
Ich weiß einen Mann, der wollte sein fortune
am Hofe machen, da sich nun derselbe recommendirte, so hat der Ober-
Praesident immer gesagt: Der Kerl habe was gutes an sich, er sey aber
zu stoltz; Als nun jener fiel, so kam er in die Höhe, nach der Zeit aber
konnte er sich in sein grosses Glück nicht finden, und kam endlich auf die
Vestung. Es kommet viel drauf an, daß einer sein grosses point d'hon-
neur
nicht mercken läßt; Ohne Ehre kan einer nicht in die Höhe kom-
men, aber begierig seyn darnach, ist schon ein impetus ein furor. Nach
Ehre trachten, heist merita sapientiae, virtutis, scientiae haben, das andere
kan nicht seyn, nicht nur wie die Theologi reden, weil es nicht aus GOtt
ist, sondern auch um deßwillen nicht, weil es sich nicht zu den Zweck
schicket.

§. 11. Wer kein wohlgestalten corpus hat, mag weg bleiben,Von der Lei-
bes-Gestalt ei-
nes Hof-
manns.

denn die grossen Herren sehen auch auf das äusserliche. Wenn einer
gerade ist, hats nichts zu bedeuten, er mag groß oder klein seyn.
Mancher hat die kleinen Leute gerne, und kan keine grosse leiden, &
vice versa. Es muß sich also einer nach dem Herrn, dem er
dient, accommodiren; Obgleich der Herr nicht sonderlich vor
sage zu halten, welcher nach dem Gesicht und äusserlichen An-
sehen die Leute annimmt und eine affection auf sie wirfft; so muß ich doch,
ehe ich mich engagire, sehen, was der Herr vor eine inclination hat: Es
giebt kluge und auch unkluge Fürsten, ich muß aber allerhand Leuten
dienen, und kan mir nicht alles choisiren wie ich will. Es ist hübsch
wenn einer seine Kleider weiß gut zu choisiren, und andere äusserliche
Dinge. Mancher hat seine fortune nicht gemacht weil er dieses nicht
observiret. Der Cantzler Hugo kam nach Weimar, und konnte daselbst

nicht
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De prudentia aulica.
und es nicht leiden, wuͤrde er ſchlecht zu rechte kommen. Point d’hon-
neur
muß einer haben, vid. Courtin du Veritable Point d’honneur. Leu-
te, die ihre affecten nicht zu ſupprimiren wiſſen, ſchicken ſich nicht bey
Hof; Denn man ſagt: Bey Hof muͤſte einer koͤnnen ſimuliren und
diſſimuliren. Waͤren alle aulici virtute præditi, ſo duͤrffte man nicht
ſimuliren und disſimuliren; Da aber dieſes nicht iſt, und die meiſten ih-
ren affecten nachhangen, ſo muß einer ſimuliren und disſimuliren. Wer
ſeine fortune a la Cour machen will, muß ſich accommodiren nach dem
Sinne des Herrn, und nach dem Sinne der Groſſen, wel-
che um den Herrn ſind, ſo wenig als dein Diener, der einen banchant
hat zu trincken, bey dir kan ſeyn, wenn er demſelben nachhaͤngt, ſo we-
nig gehet es an, ut ſerviat affectibus aulicus. Leute, die ambitioſi ſeyn
wollen, machen ihre fortune nicht, die andern mercken es, ipſum petunt,
& in herba ſuffocatur:
Ich weiß einen Mann, der wollte ſein fortune
am Hofe machen, da ſich nun derſelbe recommendirte, ſo hat der Ober-
Præſident immer geſagt: Der Kerl habe was gutes an ſich, er ſey aber
zu ſtoltz; Als nun jener fiel, ſo kam er in die Hoͤhe, nach der Zeit aber
konnte er ſich in ſein groſſes Gluͤck nicht finden, und kam endlich auf die
Veſtung. Es kommet viel drauf an, daß einer ſein groſſes point d’hon-
neur
nicht mercken laͤßt; Ohne Ehre kan einer nicht in die Hoͤhe kom-
men, aber begierig ſeyn darnach, iſt ſchon ein impetus ein furor. Nach
Ehre trachten, heiſt merita ſapientiæ, virtutis, ſcientiæ haben, das andere
kan nicht ſeyn, nicht nur wie die Theologi reden, weil es nicht aus GOtt
iſt, ſondern auch um deßwillen nicht, weil es ſich nicht zu den Zweck
ſchicket.

§. 11. Wer kein wohlgeſtalten corpus hat, mag weg bleiben,Von der Lei-
bes-Geſtalt ei-
nes Hof-
manns.

denn die groſſen Herren ſehen auch auf das aͤuſſerliche. Wenn einer
gerade iſt, hats nichts zu bedeuten, er mag groß oder klein ſeyn.
Mancher hat die kleinen Leute gerne, und kan keine groſſe leiden, &
vice verſa. Es muß ſich alſo einer nach dem Herrn, dem er
dient, accommodiren; Obgleich der Herr nicht ſonderlich vor
ſage zu halten, welcher nach dem Geſicht und aͤuſſerlichen An-
ſehen die Leute annimmt und eine affection auf ſie wirfft; ſo muß ich doch,
ehe ich mich engagire, ſehen, was der Herr vor eine inclination hat: Es
giebt kluge und auch unkluge Fuͤrſten, ich muß aber allerhand Leuten
dienen, und kan mir nicht alles choiſiren wie ich will. Es iſt huͤbſch
wenn einer ſeine Kleider weiß gut zu choiſiren, und andere aͤuſſerliche
Dinge. Mancher hat ſeine fortune nicht gemacht weil er dieſes nicht
obſerviret. Der Cantzler Hugo kam nach Weimar, und konnte daſelbſt

nicht
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[483/0503] De prudentia aulica. und es nicht leiden, wuͤrde er ſchlecht zu rechte kommen. Point d’hon- neur muß einer haben, vid. Courtin du Veritable Point d’honneur. Leu- te, die ihre affecten nicht zu ſupprimiren wiſſen, ſchicken ſich nicht bey Hof; Denn man ſagt: Bey Hof muͤſte einer koͤnnen ſimuliren und diſſimuliren. Waͤren alle aulici virtute præditi, ſo duͤrffte man nicht ſimuliren und disſimuliren; Da aber dieſes nicht iſt, und die meiſten ih- ren affecten nachhangen, ſo muß einer ſimuliren und disſimuliren. Wer ſeine fortune a la Cour machen will, muß ſich accommodiren nach dem Sinne des Herrn, und nach dem Sinne der Groſſen, wel- che um den Herrn ſind, ſo wenig als dein Diener, der einen banchant hat zu trincken, bey dir kan ſeyn, wenn er demſelben nachhaͤngt, ſo we- nig gehet es an, ut ſerviat affectibus aulicus. Leute, die ambitioſi ſeyn wollen, machen ihre fortune nicht, die andern mercken es, ipſum petunt, & in herba ſuffocatur: Ich weiß einen Mann, der wollte ſein fortune am Hofe machen, da ſich nun derſelbe recommendirte, ſo hat der Ober- Præſident immer geſagt: Der Kerl habe was gutes an ſich, er ſey aber zu ſtoltz; Als nun jener fiel, ſo kam er in die Hoͤhe, nach der Zeit aber konnte er ſich in ſein groſſes Gluͤck nicht finden, und kam endlich auf die Veſtung. Es kommet viel drauf an, daß einer ſein groſſes point d’hon- neur nicht mercken laͤßt; Ohne Ehre kan einer nicht in die Hoͤhe kom- men, aber begierig ſeyn darnach, iſt ſchon ein impetus ein furor. Nach Ehre trachten, heiſt merita ſapientiæ, virtutis, ſcientiæ haben, das andere kan nicht ſeyn, nicht nur wie die Theologi reden, weil es nicht aus GOtt iſt, ſondern auch um deßwillen nicht, weil es ſich nicht zu den Zweck ſchicket. §. 11. Wer kein wohlgeſtalten corpus hat, mag weg bleiben, denn die groſſen Herren ſehen auch auf das aͤuſſerliche. Wenn einer gerade iſt, hats nichts zu bedeuten, er mag groß oder klein ſeyn. Mancher hat die kleinen Leute gerne, und kan keine groſſe leiden, & vice verſa. Es muß ſich alſo einer nach dem Herrn, dem er dient, accommodiren; Obgleich der Herr nicht ſonderlich vor ſage zu halten, welcher nach dem Geſicht und aͤuſſerlichen An- ſehen die Leute annimmt und eine affection auf ſie wirfft; ſo muß ich doch, ehe ich mich engagire, ſehen, was der Herr vor eine inclination hat: Es giebt kluge und auch unkluge Fuͤrſten, ich muß aber allerhand Leuten dienen, und kan mir nicht alles choiſiren wie ich will. Es iſt huͤbſch wenn einer ſeine Kleider weiß gut zu choiſiren, und andere aͤuſſerliche Dinge. Mancher hat ſeine fortune nicht gemacht weil er dieſes nicht obſerviret. Der Cantzler Hugo kam nach Weimar, und konnte daſelbſt nicht Von der Lei- bes-Geſtalt ei- nes Hof- manns. P p p 2

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Zitationshilfe: Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733, S. 483. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gundling_discours_1733/503>, abgerufen am 24.11.2024.