So wird vom Anfange des Reviers bis an das Ende fortgejagt, hier geschieht gewöhnlich der stärkste Fang, wenn anders an dieser Stelle die Umstände zum Verstecken bequem sind. Man wendet um, und durchstreicht das Revier, wenn noch nicht alles Wild gefangen ist, wieder rück- wärts, bis zum Anfange. Hier schliesst sich dann die diessmalige Jagd.
Jedes Wild, das sich durch List, Klugheit und Schnelligkeit den Jägern zu entziehen wuss- te und bey der Rückkunft derselben am Anfan- ge des Reviers steht, ist frey und hat die Ehre des Siegs über den Jäger. Aber jedes Wild, das die Gränzen des Reviers überschreitet, ist seiner Freyheit verlustig, und muss Jäger werden.
Es giebt nicht leicht ein Spiel, das bey einer solchen Einfachheit so unterhaltend, so un- schuldig und für den Körper und Geist der Ju- gend so nützlich wäre. Es gewährt starke Be- wegung, übt den Körper im Laufen und Sprin- gen, hält die Sinne in steter Wachsamkeit, und belebt den Muth junger Leute. Man muss nur bedenken, dass es für diese nicht Spiel, sondern Ernst ist, dass ihr Herz oft vor Erwartung und Angst pocht, wenn sich ein Jäger nähert, dass dann immer ein Entschluss nöthig ist, der in ih- rer Lage Muth erfordert.
So wird vom Anfange des Reviers bis an das Ende fortgejagt, hier geſchieht gewöhnlich der ſtärkſte Fang, wenn anders an dieſer Stelle die Umſtände zum Verſtecken bequem ſind. Man wendet um, und durchſtreicht das Revier, wenn noch nicht alles Wild gefangen iſt, wieder rück- wärts, bis zum Anfange. Hier ſchlieſst ſich dann die dieſsmalige Jagd.
Jedes Wild, das ſich durch Liſt, Klugheit und Schnelligkeit den Jägern zu entziehen wuſs- te und bey der Rückkunft derſelben am Anfan- ge des Reviers ſteht, iſt frey und hat die Ehre des Siegs über den Jäger. Aber jedes Wild, das die Gränzen des Reviers überſchreitet, iſt ſeiner Freyheit verluſtig, und muſs Jäger werden.
Es giebt nicht leicht ein Spiel, das bey einer ſolchen Einfachheit ſo unterhaltend, ſo un- ſchuldig und für den Körper und Geiſt der Ju- gend ſo nützlich wäre. Es gewährt ſtarke Be- wegung, übt den Körper im Laufen und Sprin- gen, hält die Sinne in ſteter Wachſamkeit, und belebt den Muth junger Leute. Man muſs nur bedenken, daſs es für dieſe nicht Spiel, ſondern Ernſt iſt, daſs ihr Herz oft vor Erwartung und Angſt pocht, wenn ſich ein Jäger nähert, daſs dann immer ein Entſchluſs nöthig iſt, der in ih- rer Lage Muth erfordert.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><pbfacs="#f0274"n="142[242]"/><p>So wird vom Anfange des Reviers bis an das<lb/>
Ende fortgejagt, hier geſchieht gewöhnlich der<lb/>ſtärkſte Fang, wenn anders an dieſer Stelle die<lb/>
Umſtände zum Verſtecken bequem ſind. Man<lb/>
wendet um, und durchſtreicht das Revier, wenn<lb/>
noch nicht alles Wild gefangen iſt, wieder rück-<lb/>
wärts, bis zum Anfange. Hier ſchlieſst ſich dann<lb/>
die dieſsmalige Jagd.</p><lb/><p>Jedes Wild, das ſich durch Liſt, Klugheit<lb/>
und Schnelligkeit den Jägern zu entziehen wuſs-<lb/>
te und bey der Rückkunft derſelben am Anfan-<lb/>
ge des Reviers ſteht, iſt <hirendition="#i">frey</hi> und hat die <hirendition="#i">Ehre des<lb/>
Siegs</hi> über den Jäger. Aber jedes Wild, das die<lb/>
Gränzen des Reviers überſchreitet, iſt ſeiner<lb/>
Freyheit verluſtig, und muſs Jäger werden.</p><lb/><p>Es giebt nicht leicht ein Spiel, das bey einer<lb/>ſolchen Einfachheit ſo unterhaltend, ſo un-<lb/>ſchuldig und für den Körper und Geiſt der Ju-<lb/>
gend ſo nützlich wäre. Es gewährt ſtarke Be-<lb/>
wegung, übt den Körper im Laufen und Sprin-<lb/>
gen, hält die Sinne in ſteter Wachſamkeit, und<lb/>
belebt den Muth junger Leute. Man muſs nur<lb/>
bedenken, daſs es für dieſe nicht Spiel, ſondern<lb/>
Ernſt iſt, daſs ihr Herz oft vor Erwartung und<lb/>
Angſt pocht, wenn ſich ein Jäger nähert, daſs<lb/>
dann immer ein Entſchluſs nöthig iſt, der in ih-<lb/>
rer Lage Muth erfordert.</p></div></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/></div></div></body></text></TEI>
[142[242]/0274]
So wird vom Anfange des Reviers bis an das
Ende fortgejagt, hier geſchieht gewöhnlich der
ſtärkſte Fang, wenn anders an dieſer Stelle die
Umſtände zum Verſtecken bequem ſind. Man
wendet um, und durchſtreicht das Revier, wenn
noch nicht alles Wild gefangen iſt, wieder rück-
wärts, bis zum Anfange. Hier ſchlieſst ſich dann
die dieſsmalige Jagd.
Jedes Wild, das ſich durch Liſt, Klugheit
und Schnelligkeit den Jägern zu entziehen wuſs-
te und bey der Rückkunft derſelben am Anfan-
ge des Reviers ſteht, iſt frey und hat die Ehre des
Siegs über den Jäger. Aber jedes Wild, das die
Gränzen des Reviers überſchreitet, iſt ſeiner
Freyheit verluſtig, und muſs Jäger werden.
Es giebt nicht leicht ein Spiel, das bey einer
ſolchen Einfachheit ſo unterhaltend, ſo un-
ſchuldig und für den Körper und Geiſt der Ju-
gend ſo nützlich wäre. Es gewährt ſtarke Be-
wegung, übt den Körper im Laufen und Sprin-
gen, hält die Sinne in ſteter Wachſamkeit, und
belebt den Muth junger Leute. Man muſs nur
bedenken, daſs es für dieſe nicht Spiel, ſondern
Ernſt iſt, daſs ihr Herz oft vor Erwartung und
Angſt pocht, wenn ſich ein Jäger nähert, daſs
dann immer ein Entſchluſs nöthig iſt, der in ih-
rer Lage Muth erfordert.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Guts Muths, Johann Christoph Friedrich: Spiele zur Übung und Erholung des Körpers und Geistes. Schnepfenthal, 1796, S. 142[242]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutsmuths_spiele_1796/274>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.