gefangen werden würde, wenn A das Recht hät- te, so lange Jagd auf sie zu machen, als sie woll- te. Hier müssen folglich dem Verfolgen Schran- ken gesezt werden. Man macht daher jeder Fronte gegen über und etwa 40 Schritte von ihr entfernt, einen Freyplatz und zwar so, dass der- jenige, welcher vor der Fronte A liegt, der Par- they B gehört, und dass A ihren Freyplatz vor der Fronte B hat. Tritt nun nach dem Wurfe der Fall ein, dass A die Parthey B verfolgt: so muss B erst um A herumlaufen, um nach ihrem Freyplatze zu kommen, dadurch wird das Ent- wischen zwar erschwert, doch nicht unmöglich gemacht. Gesetze bey diesem Spiele sind, 1) Wenn die Scheibe geworfen werden soll, darf sich Niemand umsehen, um zu bemerken, wel- che Seite oben liege. Der Aufwerfer kündigt diess an, indem er Tag oder Nacht ruft. 2) Wenn die eine Parthey, zum Beyspiel A, die andere B verfolgt, so muss sie ordentlich hinter sie her- setzen und darf nicht nach dem Freyplatze der- selben laufen, um ihn zu versperren.
Dieses Spiel ist altgriechisch und hiess Osrakin- da, weil man statt der Scheibe eine Muschel ge- brauchte. Nachrichten findet man davon beym Pollux Lib. 9. Cap. 7. und beym Eustathius ad Jliad 6. Die Beschreibung des Leztern läuft auf folgendes hinaus: Die Knabengesellschaft theilt
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gefangen werden würde, wenn A das Recht hät- te, ſo lange Jagd auf ſie zu machen, als ſie woll- te. Hier müſſen folglich dem Verfolgen Schran- ken geſezt werden. Man macht daher jeder Fronte gegen über und etwa 40 Schritte von ihr entfernt, einen Freyplatz und zwar ſo, daſs der- jenige, welcher vor der Fronte A liegt, der Par- they B gehört, und daſs A ihren Freyplatz vor der Fronte B hat. Tritt nun nach dem Wurfe der Fall ein, daſs A die Parthey B verfolgt: ſo muſs B erſt um A herumlaufen, um nach ihrem Freyplatze zu kommen, dadurch wird das Ent- wiſchen zwar erſchwert, doch nicht unmöglich gemacht. Geſetze bey dieſem Spiele ſind, 1) Wenn die Scheibe geworfen werden ſoll, darf ſich Niemand umſehen, um zu bemerken, wel- che Seite oben liege. Der Aufwerfer kündigt dieſs an, indem er Tag oder Nacht ruft. 2) Wenn die eine Parthey, zum Beyſpiel A, die andere B verfolgt, ſo muſs ſie ordentlich hinter ſie her- ſetzen und darf nicht nach dem Freyplatze der- ſelben laufen, um ihn zu verſperren.
Dieſes Spiel iſt altgriechiſch und hieſs Οςρακιν- δα, weil man ſtatt der Scheibe eine Muſchel ge- brauchte. Nachrichten findet man davon beym Pollux Lib. 9. Cap. 7. und beym Euſtathius ad Jliad 6. Die Beſchreibung des Leztern läuft auf folgendes hinaus: Die Knabengeſellſchaft theilt
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gefangen werden würde, wenn A das Recht hät-
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ken geſezt werden. Man macht daher jeder
Fronte gegen über und etwa 40 Schritte von ihr
entfernt, einen Freyplatz und zwar ſo, daſs der-
jenige, welcher vor der Fronte A liegt, der Par-
they B gehört, und daſs A ihren Freyplatz vor
der Fronte B hat. Tritt nun nach dem Wurfe
der Fall ein, daſs A die Parthey B verfolgt: ſo
muſs B erſt um A herumlaufen, um nach ihrem
Freyplatze zu kommen, dadurch wird das Ent-
wiſchen zwar erſchwert, doch nicht unmöglich
gemacht. Geſetze bey dieſem Spiele ſind,
1) Wenn die Scheibe geworfen werden ſoll, darf
ſich Niemand umſehen, um zu bemerken, wel-
che Seite oben liege. Der Aufwerfer kündigt
dieſs an, indem er Tag oder Nacht ruft. 2) Wenn
die eine Parthey, zum Beyſpiel A, die andere
B verfolgt, ſo muſs ſie ordentlich hinter ſie her-
ſetzen und darf nicht nach dem Freyplatze der-
ſelben laufen, um ihn zu verſperren.
Dieſes Spiel iſt altgriechiſch und hieſs Οςρακιν-
δα, weil man ſtatt der Scheibe eine Muſchel ge-
brauchte. Nachrichten findet man davon beym
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Guts Muths, Johann Christoph Friedrich: Spiele zur Übung und Erholung des Körpers und Geistes. Schnepfenthal, 1796, S. 265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutsmuths_spiele_1796/297>, abgerufen am 24.11.2024.
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