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Guts Muths, Johann Christoph Friedrich: Spiele zur Übung und Erholung des Körpers und Geistes. Schnepfenthal, 1796.

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der Vorstellung schnell von Person zu Person
geht und sich heimlich von jeder sagen lässt, was
sie unter den Gebärden verborgen glaube. Fin-
det er, dass die meisten Personen die Vorstellung
verstanden, so geben alle die ein Pfand, welche
sie nicht verstanden; konnten sie aber die mei-
sten nicht einsehen, so giebt der Mimiker ein
Pfand, und muss wie oben andere Blätter zie-
hen. Hierdurch ist jeder, der nicht gern Pfän-
der giebt, genöthigt, genau zu beobachten um
jene Mimik mit Hülfe seiner Phantasie und sei-
nes Witzes zu enträthseln. Werden die Stim-
men im Gegentheile nicht einzeln gesammelt, so
können alle Unachtsamen von einem einzigen
Aufmerksamen gedeckt werden. Fertige Kar-
ten zu diesem Spiele mit passenden Fingetten
auf jedem Blatte verkauft Artaria in Wien. Ue-
bung jener Seelenkräfte, so wie besonders der
Beurtheilungskraft in richtiger Erkennung und
Schätzung affectvoller Ausdrücke auf den ver-
schiedensten Menschengesichtern machen es nüz-
lich und für Menschenkenntniss nicht ganz
gleichgültig.


der Vorſtellung ſchnell von Perſon zu Perſon
geht und ſich heimlich von jeder ſagen läſst, was
ſie unter den Gebärden verborgen glaube. Fin-
det er, daſs die meiſten Perſonen die Vorſtellung
verſtanden, ſo geben alle die ein Pfand, welche
ſie nicht verſtanden; konnten ſie aber die mei-
ſten nicht einſehen, ſo giebt der Mimiker ein
Pfand, und muſs wie oben andere Blätter zie-
hen. Hierdurch iſt jeder, der nicht gern Pfän-
der giebt, genöthigt, genau zu beobachten um
jene Mimik mit Hülfe ſeiner Phantaſie und ſei-
nes Witzes zu enträthſeln. Werden die Stim-
men im Gegentheile nicht einzeln geſammelt, ſo
können alle Unachtſamen von einem einzigen
Aufmerkſamen gedeckt werden. Fertige Kar-
ten zu dieſem Spiele mit paſſenden Fingetten
auf jedem Blatte verkauft Artaria in Wien. Ue-
bung jener Seelenkräfte, ſo wie beſonders der
Beurtheilungskraft in richtiger Erkennung und
Schätzung affectvoller Ausdrücke auf den ver-
ſchiedenſten Menſchengeſichtern machen es nüz-
lich und für Menſchenkenntniſs nicht ganz
gleichgültig.


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[382/0414] der Vorſtellung ſchnell von Perſon zu Perſon geht und ſich heimlich von jeder ſagen läſst, was ſie unter den Gebärden verborgen glaube. Fin- det er, daſs die meiſten Perſonen die Vorſtellung verſtanden, ſo geben alle die ein Pfand, welche ſie nicht verſtanden; konnten ſie aber die mei- ſten nicht einſehen, ſo giebt der Mimiker ein Pfand, und muſs wie oben andere Blätter zie- hen. Hierdurch iſt jeder, der nicht gern Pfän- der giebt, genöthigt, genau zu beobachten um jene Mimik mit Hülfe ſeiner Phantaſie und ſei- nes Witzes zu enträthſeln. Werden die Stim- men im Gegentheile nicht einzeln geſammelt, ſo können alle Unachtſamen von einem einzigen Aufmerkſamen gedeckt werden. Fertige Kar- ten zu dieſem Spiele mit paſſenden Fingetten auf jedem Blatte verkauft Artaria in Wien. Ue- bung jener Seelenkräfte, ſo wie beſonders der Beurtheilungskraft in richtiger Erkennung und Schätzung affectvoller Ausdrücke auf den ver- ſchiedenſten Menſchengeſichtern machen es nüz- lich und für Menſchenkenntniſs nicht ganz gleichgültig.

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Zitationshilfe: Guts Muths, Johann Christoph Friedrich: Spiele zur Übung und Erholung des Körpers und Geistes. Schnepfenthal, 1796, S. 382. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutsmuths_spiele_1796/414>, abgerufen am 22.11.2024.