Finsterniss des Ungefährs umhertappt, wo er zwischen Furcht und Hoffnung den bösen oder guten Einfluss der Geister erwartet und in dieser Erwartung allein das grösste Interesse findet, dessen sein kindischer Geist fähig ist. Die krie- gerischen Spiele unserer ältesten Vorfahren, so wie ihr rasender Hang zu Glücksspielen sind be- kannt. Vom Gebrauche der Waffen gegen Menschen oder Thiere ermüdet, kehrte man zur Hütte zurück und verschlief die lästige Zeit, oder verspielte sie wie Habe, Gut und Frey- heit mit Würfeln. Durch Ruhe wieder gestärkt, griff man, wenn Noth, Magen oder Thätigkeits- trieb es geboten, wieder zu den Waffen, zum Jagdgewehr oder begann kriegerische Spiele. Würfel und Waffen waren die Lieblinge der Hunnen, man kannte fast keine Gesetze als die des Hasardspiels. Ganz germanisch lebt man in dem nordamerikanischen Germanien bey den Delawaren und Irokesen; Krieg oder Jagd, Es- sen oder Schlafen, Hasardspiel oder kriegerische Spiele. Auch hier ist die Spielsucht unersätt- lich. Pflaumenkernen, die auf der einen Seite schwarz gefärbt, auf der andern gelb gelassen sind, machen die Würfel. In eine Schüssel ge- legt, stösst sie der Spieler gegen den Boden, dem Zufalle entgegen, und erwartet leidenschaftlich den Aufschwung und das Niederfallen derselben.
Finſterniſs des Ungefährs umhertappt, wo er zwiſchen Furcht und Hoffnung den böſen oder guten Einfluſs der Geiſter erwartet und in dieſer Erwartung allein das gröſste Intereſſe findet, deſſen ſein kindiſcher Geiſt fähig iſt. Die krie- geriſchen Spiele unſerer älteſten Vorfahren, ſo wie ihr raſender Hang zu Glücksſpielen ſind be- kannt. Vom Gebrauche der Waffen gegen Menſchen oder Thiere ermüdet, kehrte man zur Hütte zurück und verſchlief die läſtige Zeit, oder verſpielte ſie wie Habe, Gut und Frey- heit mit Würfeln. Durch Ruhe wieder geſtärkt, griff man, wenn Noth, Magen oder Thätigkeits- trieb es geboten, wieder zu den Waffen, zum Jagdgewehr oder begann kriegeriſche Spiele. Würfel und Waffen waren die Lieblinge der Hunnen, man kannte faſt keine Geſetze als die des Haſardſpiels. Ganz germaniſch lebt man in dem nordamerikaniſchen Germanien bey den Delawaren und Irokeſen; Krieg oder Jagd, Eſ- ſen oder Schlafen, Haſardſpiel oder kriegeriſche Spiele. Auch hier iſt die Spielſucht unerſätt- lich. Pflaumenkernen, die auf der einen Seite ſchwarz gefärbt, auf der andern gelb gelaſſen ſind, machen die Würfel. In eine Schüſſel ge- legt, ſtöſst ſie der Spieler gegen den Boden, dem Zufalle entgegen, und erwartet leidenſchaftlich den Aufſchwung und das Niederfallen derſelben.
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0042"n="10"/>
Finſterniſs des Ungefährs umhertappt, wo er<lb/>
zwiſchen Furcht und Hoffnung den böſen oder<lb/>
guten Einfluſs der Geiſter erwartet und in dieſer<lb/>
Erwartung allein das gröſste Intereſſe findet,<lb/>
deſſen ſein kindiſcher Geiſt fähig iſt. Die krie-<lb/>
geriſchen Spiele unſerer älteſten Vorfahren, ſo<lb/>
wie ihr raſender Hang zu Glücksſpielen ſind be-<lb/>
kannt. Vom Gebrauche der Waffen gegen<lb/>
Menſchen oder Thiere ermüdet, kehrte man<lb/>
zur Hütte zurück und verſchlief die läſtige Zeit,<lb/>
oder verſpielte ſie wie Habe, Gut und Frey-<lb/>
heit mit Würfeln. Durch Ruhe wieder geſtärkt,<lb/>
griff man, wenn Noth, Magen oder Thätigkeits-<lb/>
trieb es geboten, wieder zu den Waffen, zum<lb/>
Jagdgewehr oder begann kriegeriſche Spiele.<lb/>
Würfel und Waffen waren die Lieblinge der<lb/>
Hunnen, man kannte faſt keine Geſetze als die<lb/>
des Haſardſpiels. Ganz germaniſch lebt man<lb/>
in dem nordamerikaniſchen Germanien bey den<lb/>
Delawaren und Irokeſen; Krieg oder Jagd, Eſ-<lb/>ſen oder Schlafen, Haſardſpiel oder kriegeriſche<lb/>
Spiele. Auch hier iſt die Spielſucht unerſätt-<lb/>
lich. Pflaumenkernen, die auf der einen Seite<lb/>ſchwarz gefärbt, auf der andern gelb gelaſſen<lb/>ſind, machen die Würfel. In eine Schüſſel ge-<lb/>
legt, ſtöſst ſie der Spieler gegen den Boden, dem<lb/>
Zufalle entgegen, und erwartet leidenſchaftlich<lb/>
den Aufſchwung und das Niederfallen derſelben.<lb/></p></div></body></text></TEI>
[10/0042]
Finſterniſs des Ungefährs umhertappt, wo er
zwiſchen Furcht und Hoffnung den böſen oder
guten Einfluſs der Geiſter erwartet und in dieſer
Erwartung allein das gröſste Intereſſe findet,
deſſen ſein kindiſcher Geiſt fähig iſt. Die krie-
geriſchen Spiele unſerer älteſten Vorfahren, ſo
wie ihr raſender Hang zu Glücksſpielen ſind be-
kannt. Vom Gebrauche der Waffen gegen
Menſchen oder Thiere ermüdet, kehrte man
zur Hütte zurück und verſchlief die läſtige Zeit,
oder verſpielte ſie wie Habe, Gut und Frey-
heit mit Würfeln. Durch Ruhe wieder geſtärkt,
griff man, wenn Noth, Magen oder Thätigkeits-
trieb es geboten, wieder zu den Waffen, zum
Jagdgewehr oder begann kriegeriſche Spiele.
Würfel und Waffen waren die Lieblinge der
Hunnen, man kannte faſt keine Geſetze als die
des Haſardſpiels. Ganz germaniſch lebt man
in dem nordamerikaniſchen Germanien bey den
Delawaren und Irokeſen; Krieg oder Jagd, Eſ-
ſen oder Schlafen, Haſardſpiel oder kriegeriſche
Spiele. Auch hier iſt die Spielſucht unerſätt-
lich. Pflaumenkernen, die auf der einen Seite
ſchwarz gefärbt, auf der andern gelb gelaſſen
ſind, machen die Würfel. In eine Schüſſel ge-
legt, ſtöſst ſie der Spieler gegen den Boden, dem
Zufalle entgegen, und erwartet leidenſchaftlich
den Aufſchwung und das Niederfallen derſelben.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Guts Muths, Johann Christoph Friedrich: Spiele zur Übung und Erholung des Körpers und Geistes. Schnepfenthal, 1796, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutsmuths_spiele_1796/42>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.