Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Guts Muths, Johann Christoph Friedrich: Spiele zur Übung und Erholung des Körpers und Geistes. Schnepfenthal, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

zum Schachbrette; die Figuren, waren von El-
fenbein und Ebenholze in Lebensgrösse; ihre
Waffen von gediegenem Golde, ihre Kleidung
überdeckt mit Perlen und Edelgesteinen. Die
Pracht der Könige und Königinnen blendete die
Augen, die Läufer, welche man damals Banner-
träger
nannte, waren herrlich gewaffnet und tru-
gen in der Hand prächtige Fahnen von zwey ver-
schiedenen Farben, in diesen sahe man zweyer-
ley Denksprüche mit Gold und Perlen gestickt,
Die Springer glichen Rittern auf goldenen Pfer-
den, geschmückt mit überaus prachtvollen Rüstun-
gen, Waffen und Pferdedecken. Die Thürme
wurden von goldenen Elephanten getragen; die
Bauern waren Soldaten zu Fuss mit Streitäxten
bewaffnet. Doch war diess alles nichts gegen
die Feerey wodurch diese Steine in Bewegung
gesezt wurden. Hätte man die Steine mit eige-
nen Händen auf den Feldern fortsetzen sollen,
so wäre diess eine Arbeit gewesen, wodurch das
Schachspiel zu einem Bewegungsspiele geworden
wäre, aber leider soll das nie der Fall seyn; denn
man kommandirte ohne alle Anstrengung mit ei-
nem Zauberstäbchen die bezauberten Steine durch
Berührung von Stelle zu Stelle. Der Ritter er-
staunte beym Anblicke dieser Herrlichkeit, aber
er erschrak, als Floribelle ihm jezt eine Parthie
anbot, auf deren Gewinn sie den ganzen Schach-

zum Schachbrette; die Figuren, waren von El-
fenbein und Ebenholze in Lebensgröſse; ihre
Waffen von gediegenem Golde, ihre Kleidung
überdeckt mit Perlen und Edelgeſteinen. Die
Pracht der Könige und Königinnen blendete die
Augen, die Läufer, welche man damals Banner-
träger
nannte, waren herrlich gewaffnet und tru-
gen in der Hand prächtige Fahnen von zwey ver-
ſchiedenen Farben, in dieſen ſahe man zweyer-
ley Denkſprüche mit Gold und Perlen geſtickt,
Die Springer glichen Rittern auf goldenen Pfer-
den, geſchmückt mit überaus prachtvollen Rüſtun-
gen, Waffen und Pferdedecken. Die Thürme
wurden von goldenen Elephanten getragen; die
Bauern waren Soldaten zu Fuſs mit Streitäxten
bewaffnet. Doch war dieſs alles nichts gegen
die Feerey wodurch dieſe Steine in Bewegung
geſezt wurden. Hätte man die Steine mit eige-
nen Händen auf den Feldern fortſetzen ſollen,
ſo wäre dieſs eine Arbeit geweſen, wodurch das
Schachſpiel zu einem Bewegungsſpiele geworden
wäre, aber leider ſoll das nie der Fall ſeyn; denn
man kommandirte ohne alle Anſtrengung mit ei-
nem Zauberſtäbchen die bezauberten Steine durch
Berührung von Stelle zu Stelle. Der Ritter er-
ſtaunte beym Anblicke dieſer Herrlichkeit, aber
er erſchrak, als Floribelle ihm jezt eine Parthie
anbot, auf deren Gewinn ſie den ganzen Schach-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0484" n="452"/>
zum Schachbrette; die Figuren, waren von El-<lb/>
fenbein und Ebenholze in Lebensgrö&#x017F;se; ihre<lb/>
Waffen von gediegenem Golde, ihre Kleidung<lb/>
überdeckt mit Perlen und Edelge&#x017F;teinen. Die<lb/>
Pracht der Könige und Königinnen blendete die<lb/>
Augen, die Läufer, welche man damals <hi rendition="#i">Banner-<lb/>
träger</hi> nannte, waren herrlich gewaffnet und tru-<lb/>
gen in der Hand prächtige Fahnen von zwey ver-<lb/>
&#x017F;chiedenen Farben, in die&#x017F;en &#x017F;ahe man zweyer-<lb/>
ley Denk&#x017F;prüche mit Gold und Perlen ge&#x017F;tickt,<lb/>
Die Springer glichen Rittern auf goldenen Pfer-<lb/>
den, ge&#x017F;chmückt mit überaus prachtvollen Rü&#x017F;tun-<lb/>
gen, Waffen und Pferdedecken. Die Thürme<lb/>
wurden von goldenen Elephanten getragen; die<lb/>
Bauern waren Soldaten zu Fu&#x017F;s mit Streitäxten<lb/>
bewaffnet. Doch war die&#x017F;s alles nichts gegen<lb/>
die Feerey wodurch die&#x017F;e Steine in Bewegung<lb/>
ge&#x017F;ezt wurden. Hätte man die Steine mit eige-<lb/>
nen Händen auf den Feldern fort&#x017F;etzen &#x017F;ollen,<lb/>
&#x017F;o wäre die&#x017F;s eine Arbeit gewe&#x017F;en, wodurch das<lb/>
Schach&#x017F;piel zu einem Bewegungs&#x017F;piele geworden<lb/>
wäre, aber leider &#x017F;oll das nie der Fall &#x017F;eyn; denn<lb/>
man kommandirte ohne alle An&#x017F;trengung mit ei-<lb/>
nem Zauber&#x017F;täbchen die bezauberten Steine durch<lb/>
Berührung von Stelle zu Stelle. Der Ritter er-<lb/>
&#x017F;taunte beym Anblicke die&#x017F;er Herrlichkeit, aber<lb/>
er er&#x017F;chrak, als Floribelle ihm jezt eine Parthie<lb/>
anbot, auf deren Gewinn &#x017F;ie den ganzen Schach-<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[452/0484] zum Schachbrette; die Figuren, waren von El- fenbein und Ebenholze in Lebensgröſse; ihre Waffen von gediegenem Golde, ihre Kleidung überdeckt mit Perlen und Edelgeſteinen. Die Pracht der Könige und Königinnen blendete die Augen, die Läufer, welche man damals Banner- träger nannte, waren herrlich gewaffnet und tru- gen in der Hand prächtige Fahnen von zwey ver- ſchiedenen Farben, in dieſen ſahe man zweyer- ley Denkſprüche mit Gold und Perlen geſtickt, Die Springer glichen Rittern auf goldenen Pfer- den, geſchmückt mit überaus prachtvollen Rüſtun- gen, Waffen und Pferdedecken. Die Thürme wurden von goldenen Elephanten getragen; die Bauern waren Soldaten zu Fuſs mit Streitäxten bewaffnet. Doch war dieſs alles nichts gegen die Feerey wodurch dieſe Steine in Bewegung geſezt wurden. Hätte man die Steine mit eige- nen Händen auf den Feldern fortſetzen ſollen, ſo wäre dieſs eine Arbeit geweſen, wodurch das Schachſpiel zu einem Bewegungsſpiele geworden wäre, aber leider ſoll das nie der Fall ſeyn; denn man kommandirte ohne alle Anſtrengung mit ei- nem Zauberſtäbchen die bezauberten Steine durch Berührung von Stelle zu Stelle. Der Ritter er- ſtaunte beym Anblicke dieſer Herrlichkeit, aber er erſchrak, als Floribelle ihm jezt eine Parthie anbot, auf deren Gewinn ſie den ganzen Schach-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gutsmuths_spiele_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gutsmuths_spiele_1796/484
Zitationshilfe: Guts Muths, Johann Christoph Friedrich: Spiele zur Übung und Erholung des Körpers und Geistes. Schnepfenthal, 1796, S. 452. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutsmuths_spiele_1796/484>, abgerufen am 24.11.2024.