Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Guts Muths, Johann Christoph Friedrich: Spiele zur Übung und Erholung des Körpers und Geistes. Schnepfenthal, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

saal, das ganze Schloss und sogar sich selbst sez-
te; durch deren Verlust aber Galleret auf ewig
ihr Sclave werden sollte. Doch er ermannete sich;
denn bekanntlich darfkein Ritter einen dummen
Streich ausschlagen, wenn Muth und Ehre dabey
ins Spiel kommt. Die Schlacht begann, die
Stäbchen sezten die Krieger in Bewegung und
Galleret wurde, ehe er sich's versah -- matt. Er
forderte Genugthuung; ein zweytes Spiel gieng
an und er gewann es, aber er verlohr das dritte
und gerieth in die Sclaverey. Wir lassen ihn da-
rin ohne Barmherzigkeit, ob ihn gleich der alte
Romancier in seiner fortlaufenden Erzählung
wieder herauszubringen weiss. -- Beym de Ser-
res *) kommt ein historisch merkwürdiges Echi-
quier vor, das wahrscheinlich nur ein Dambret
war. Robert und Heinrich, Wilhelms des
Eroberers Söhne, waren 1061 zum Besuche bey
Philipp I. von Frankreich. Sie spielten mit des-
sen Sohn Louis im Brett. Es gab Streit und Hein-
rich war im Begriffe, Louis mit dem Brete todt
zu schlagen, hätte Robert es nicht gehindert.
Diess gab den Anlass, sagt de Serres, zu den 400-
jährigen kriegerischen Unruhen zwischen Eng-
land und Frankreich. In den neuesten Zeiten
hat das Schachspiel des Herrn von Kempeln unge-

*) Im Inventaire general de l'Histoire de France, im Leben Philipps I.
F f 3

ſaal, das ganze Schloſs und ſogar ſich ſelbſt ſez-
te; durch deren Verluſt aber Galleret auf ewig
ihr Sclave werden ſollte. Doch er ermannete ſich;
denn bekanntlich darfkein Ritter einen dummen
Streich ausſchlagen, wenn Muth und Ehre dabey
ins Spiel kommt. Die Schlacht begann, die
Stäbchen ſezten die Krieger in Bewegung und
Galleret wurde, ehe er ſich’s verſah — matt. Er
forderte Genugthuung; ein zweytes Spiel gieng
an und er gewann es, aber er verlohr das dritte
und gerieth in die Sclaverey. Wir laſſen ihn da-
rin ohne Barmherzigkeit, ob ihn gleich der alte
Romancier in ſeiner fortlaufenden Erzählung
wieder herauszubringen weiſs. — Beym de Ser-
res *) kommt ein hiſtoriſch merkwürdiges Echi-
quier vor, das wahrſcheinlich nur ein Dambret
war. Robert und Heinrich, Wilhelms des
Eroberers Söhne, waren 1061 zum Beſuche bey
Philipp I. von Frankreich. Sie ſpielten mit deſ-
ſen Sohn Louis im Brett. Es gab Streit und Hein-
rich war im Begriffe, Louis mit dem Brete todt
zu ſchlagen, hätte Robert es nicht gehindert.
Dieſs gab den Anlaſs, ſagt de Serres, zu den 400-
jährigen kriegeriſchen Unruhen zwiſchen Eng-
land und Frankreich. In den neueſten Zeiten
hat das Schachſpiel des Herrn von Kempeln unge-

*) Im Inventaire general de l’Hiſtoire de France, im Leben Philipps I.
F f 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0485" n="453"/>
&#x017F;aal, das ganze Schlo&#x017F;s und &#x017F;ogar &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;ez-<lb/>
te; durch deren Verlu&#x017F;t aber Galleret auf ewig<lb/>
ihr Sclave werden &#x017F;ollte. Doch er ermannete &#x017F;ich;<lb/>
denn bekanntlich darfkein Ritter einen dummen<lb/>
Streich aus&#x017F;chlagen, wenn Muth und Ehre dabey<lb/>
ins Spiel kommt. Die Schlacht begann, die<lb/>
Stäbchen &#x017F;ezten die Krieger in Bewegung und<lb/>
Galleret wurde, ehe er &#x017F;ich&#x2019;s ver&#x017F;ah &#x2014; <hi rendition="#i">matt</hi>. Er<lb/>
forderte Genugthuung; ein zweytes Spiel gieng<lb/>
an und er gewann es, aber er verlohr das dritte<lb/>
und gerieth in die Sclaverey. Wir la&#x017F;&#x017F;en ihn da-<lb/>
rin ohne Barmherzigkeit, ob ihn gleich der alte<lb/>
Romancier in &#x017F;einer fortlaufenden Erzählung<lb/>
wieder herauszubringen wei&#x017F;s. &#x2014; Beym de Ser-<lb/>
res <note place="foot" n="*)">Im Inventaire general de l&#x2019;Hi&#x017F;toire de France, im Leben Philipps I.</note> kommt ein hi&#x017F;tori&#x017F;ch merkwürdiges Echi-<lb/>
quier vor, das wahr&#x017F;cheinlich nur ein Dambret<lb/>
war. Robert und Heinrich, Wilhelms des<lb/>
Eroberers Söhne, waren 1061 zum Be&#x017F;uche bey<lb/>
Philipp I. von Frankreich. Sie &#x017F;pielten mit de&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en Sohn Louis im Brett. Es gab Streit und Hein-<lb/>
rich war im Begriffe, Louis mit dem Brete todt<lb/>
zu &#x017F;chlagen, hätte Robert es nicht gehindert.<lb/>
Die&#x017F;s gab den Anla&#x017F;s, &#x017F;agt de Serres, zu den 400-<lb/>
jährigen kriegeri&#x017F;chen Unruhen zwi&#x017F;chen Eng-<lb/>
land und Frankreich. In den neue&#x017F;ten Zeiten<lb/>
hat das Schach&#x017F;piel des Herrn <hi rendition="#i">von Kempeln</hi> unge-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">F f 3</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[453/0485] ſaal, das ganze Schloſs und ſogar ſich ſelbſt ſez- te; durch deren Verluſt aber Galleret auf ewig ihr Sclave werden ſollte. Doch er ermannete ſich; denn bekanntlich darfkein Ritter einen dummen Streich ausſchlagen, wenn Muth und Ehre dabey ins Spiel kommt. Die Schlacht begann, die Stäbchen ſezten die Krieger in Bewegung und Galleret wurde, ehe er ſich’s verſah — matt. Er forderte Genugthuung; ein zweytes Spiel gieng an und er gewann es, aber er verlohr das dritte und gerieth in die Sclaverey. Wir laſſen ihn da- rin ohne Barmherzigkeit, ob ihn gleich der alte Romancier in ſeiner fortlaufenden Erzählung wieder herauszubringen weiſs. — Beym de Ser- res *) kommt ein hiſtoriſch merkwürdiges Echi- quier vor, das wahrſcheinlich nur ein Dambret war. Robert und Heinrich, Wilhelms des Eroberers Söhne, waren 1061 zum Beſuche bey Philipp I. von Frankreich. Sie ſpielten mit deſ- ſen Sohn Louis im Brett. Es gab Streit und Hein- rich war im Begriffe, Louis mit dem Brete todt zu ſchlagen, hätte Robert es nicht gehindert. Dieſs gab den Anlaſs, ſagt de Serres, zu den 400- jährigen kriegeriſchen Unruhen zwiſchen Eng- land und Frankreich. In den neueſten Zeiten hat das Schachſpiel des Herrn von Kempeln unge- *) Im Inventaire general de l’Hiſtoire de France, im Leben Philipps I. F f 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gutsmuths_spiele_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gutsmuths_spiele_1796/485
Zitationshilfe: Guts Muths, Johann Christoph Friedrich: Spiele zur Übung und Erholung des Körpers und Geistes. Schnepfenthal, 1796, S. 453. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutsmuths_spiele_1796/485>, abgerufen am 01.11.2024.