1. Das Ballonspiel. (Jl Giuoco del Ballon grosso.)
In Italien ist das Ballonspiel zum Nationalspiel geworden, und wahrscheinlich mögte man es wohl nirgends in der Vollkommenheit spielen, als dort, wo es in den drey schönen Jahrszeiten das Lieblingsspiel in allen Städten ist. Hier for- dern sich die vornehmsten Spieler verschiedener Städte oft auf 50 Stunden weit heraus, für einen bestimmten Preis, oder bloss aus Ruhmbegierde mit einander zu spielen. Die Bürger nehmen den lebhaftesten Antheil, unzähliges Volk ver- sammelt sich hinter den Mauern der Stadt, wo man gewöhnlich spielt, und sitzt auf Gerüsten stufenweise umher, um diese nationelle Feyer- lichkeit mit anzusehn. Man schreyet seinen Spie- lern Muth zu: bravi, bravissimi e viva, man klatscht Beyfall, man wettet dabey. Hier sieht man Edel- leute und Personen von Charakter öffentlich mit jedem Handwerksmann spielen, der geschickt darin ist und der fertige Spieler kann sich dadurch durch halb Italien berühmt machen. Ich werde daher bey der Beschreibung dieses Spiels das ganz benutzen, was Bareti und Jagemann davon er- zählen.
1. Das Ballonſpiel. (Jl Giuoco del Ballon groſſo.)
In Italien iſt das Ballonſpiel zum Nationalſpiel geworden, und wahrſcheinlich mögte man es wohl nirgends in der Vollkommenheit ſpielen, als dort, wo es in den drey ſchönen Jahrszeiten das Lieblingsſpiel in allen Städten iſt. Hier for- dern ſich die vornehmſten Spieler verſchiedener Städte oft auf 50 Stunden weit heraus, für einen beſtimmten Preis, oder bloſs aus Ruhmbegierde mit einander zu ſpielen. Die Bürger nehmen den lebhafteſten Antheil, unzähliges Volk ver- ſammelt ſich hinter den Mauern der Stadt, wo man gewöhnlich ſpielt, und ſitzt auf Gerüſten ſtufenweiſe umher, um dieſe nationelle Feyer- lichkeit mit anzuſehn. Man ſchreyet ſeinen Spie- lern Muth zu: bravi, braviſſimi e viva, man klatſcht Beyfall, man wettet dabey. Hier ſieht man Edel- leute und Perſonen von Charakter öffentlich mit jedem Handwerksmann ſpielen, der geſchickt darin iſt und der fertige Spieler kann ſich dadurch durch halb Italien berühmt machen. Ich werde daher bey der Beſchreibung dieſes Spiels das ganz benutzen, was Bareti und Jagemann davon er- zählen.
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1. Das Ballonſpiel.
(Jl Giuoco del Ballon groſſo.)
In Italien iſt das Ballonſpiel zum Nationalſpiel
geworden, und wahrſcheinlich mögte man es
wohl nirgends in der Vollkommenheit ſpielen,
als dort, wo es in den drey ſchönen Jahrszeiten
das Lieblingsſpiel in allen Städten iſt. Hier for-
dern ſich die vornehmſten Spieler verſchiedener
Städte oft auf 50 Stunden weit heraus, für einen
beſtimmten Preis, oder bloſs aus Ruhmbegierde
mit einander zu ſpielen. Die Bürger nehmen
den lebhafteſten Antheil, unzähliges Volk ver-
ſammelt ſich hinter den Mauern der Stadt, wo
man gewöhnlich ſpielt, und ſitzt auf Gerüſten
ſtufenweiſe umher, um dieſe nationelle Feyer-
lichkeit mit anzuſehn. Man ſchreyet ſeinen Spie-
lern Muth zu: bravi, braviſſimi e viva, man klatſcht
Beyfall, man wettet dabey. Hier ſieht man Edel-
leute und Perſonen von Charakter öffentlich mit
jedem Handwerksmann ſpielen, der geſchickt
darin iſt und der fertige Spieler kann ſich dadurch
durch halb Italien berühmt machen. Ich werde
daher bey der Beſchreibung dieſes Spiels das ganz
benutzen, was Bareti und Jagemann davon er-
zählen.
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Guts Muths, Johann Christoph Friedrich: Spiele zur Übung und Erholung des Körpers und Geistes. Schnepfenthal, 1796, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutsmuths_spiele_1796/84>, abgerufen am 21.11.2024.
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