Gutzkow, Karl: Börne's Leben. Hamburg, 1840.damals auf die Schicksalsidee gebaut wurden, sind Meisterstücke der feinsten und scharfsinnigsten Kritik. Man machte ihm eine gewisse Neigung zu Consequenzen zum Vorwurf; Müllner sogar, den Börne, auffallend genug, schonte, wollte in einer Kritik der Wage gleichsam sagen, der Verstand könne alles lächerlich machen; aber die Fabel z. B. der Houwald'schen Stücke war doch meist so widersinnig zusammengesetzt, daß sie keine andre Kritik, als die der gesunden Vernunft verdiente. Von der Begeisterung, die diese Pseudo-Dichter selbst empfanden, setzten sie voraus, müsse auch der Zuschauer angesteckt sein, während ihre Gebilde auf diesen keinen andern Eindruck hervorbrachten, als den des Zweifels und der Verwunderung. Die besonnene Kritik konnte von den Strömen von Thränen, die um Houwalds Bild flossen, nicht fortgerissen werden. Zu diesen Erzeugnissen einer verspäteten und forcirten Romantik gesellten sich alle die abgestandenen Reste des Repertoirs von ehemals. Iffland schilderte deutsche Duodezzustände an den Höfen, die veraltet waren und ganz neuen Untugenden und Umtrieben der Fürsten und Beamten Platz gemacht hatten. Diese edlen Justizräthe und Präsidenten paßten wenig für eine Zeit, in welcher die Untersuchungscommissionen damals auf die Schicksalsidee gebaut wurden, sind Meisterstücke der feinsten und scharfsinnigsten Kritik. Man machte ihm eine gewisse Neigung zu Consequenzen zum Vorwurf; Müllner sogar, den Börne, auffallend genug, schonte, wollte in einer Kritik der Wage gleichsam sagen, der Verstand könne alles lächerlich machen; aber die Fabel z. B. der Houwald’schen Stücke war doch meist so widersinnig zusammengesetzt, daß sie keine andre Kritik, als die der gesunden Vernunft verdiente. Von der Begeisterung, die diese Pseudo-Dichter selbst empfanden, setzten sie voraus, müsse auch der Zuschauer angesteckt sein, während ihre Gebilde auf diesen keinen andern Eindruck hervorbrachten, als den des Zweifels und der Verwunderung. Die besonnene Kritik konnte von den Strömen von Thränen, die um Houwalds Bild flossen, nicht fortgerissen werden. Zu diesen Erzeugnissen einer verspäteten und forcirten Romantik gesellten sich alle die abgestandenen Reste des Repertoirs von ehemals. Iffland schilderte deutsche Duodezzustände an den Höfen, die veraltet waren und ganz neuen Untugenden und Umtrieben der Fürsten und Beamten Platz gemacht hatten. Diese edlen Justizräthe und Präsidenten paßten wenig für eine Zeit, in welcher die Untersuchungscommissionen <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0171" n="129"/> damals auf die Schicksalsidee gebaut wurden, sind Meisterstücke der feinsten und scharfsinnigsten Kritik. Man machte ihm eine gewisse Neigung zu Consequenzen zum Vorwurf; Müllner sogar, den Börne, auffallend genug, schonte, wollte in einer Kritik der Wage gleichsam sagen, der Verstand könne alles lächerlich machen; aber die Fabel z. B. der Houwald’schen Stücke war doch meist so widersinnig zusammengesetzt, daß sie keine andre Kritik, als die der gesunden Vernunft verdiente. Von der Begeisterung, die diese Pseudo-Dichter selbst empfanden, setzten sie voraus, müsse auch der Zuschauer angesteckt sein, während ihre Gebilde auf diesen keinen andern Eindruck hervorbrachten, als den des Zweifels und der Verwunderung. Die besonnene Kritik konnte von den Strömen von Thränen, die um Houwalds Bild flossen, nicht fortgerissen werden.</p> <p>Zu diesen Erzeugnissen einer verspäteten und forcirten Romantik gesellten sich alle die abgestandenen Reste des Repertoirs von ehemals. Iffland schilderte deutsche Duodezzustände an den Höfen, die veraltet waren und ganz neuen Untugenden und Umtrieben der Fürsten und Beamten Platz gemacht hatten. Diese <hi rendition="#g">edlen</hi> Justizräthe und Präsidenten paßten wenig für eine Zeit, in welcher die Untersuchungscommissionen </p> </div> </body> </text> </TEI> [129/0171]
damals auf die Schicksalsidee gebaut wurden, sind Meisterstücke der feinsten und scharfsinnigsten Kritik. Man machte ihm eine gewisse Neigung zu Consequenzen zum Vorwurf; Müllner sogar, den Börne, auffallend genug, schonte, wollte in einer Kritik der Wage gleichsam sagen, der Verstand könne alles lächerlich machen; aber die Fabel z. B. der Houwald’schen Stücke war doch meist so widersinnig zusammengesetzt, daß sie keine andre Kritik, als die der gesunden Vernunft verdiente. Von der Begeisterung, die diese Pseudo-Dichter selbst empfanden, setzten sie voraus, müsse auch der Zuschauer angesteckt sein, während ihre Gebilde auf diesen keinen andern Eindruck hervorbrachten, als den des Zweifels und der Verwunderung. Die besonnene Kritik konnte von den Strömen von Thränen, die um Houwalds Bild flossen, nicht fortgerissen werden.
Zu diesen Erzeugnissen einer verspäteten und forcirten Romantik gesellten sich alle die abgestandenen Reste des Repertoirs von ehemals. Iffland schilderte deutsche Duodezzustände an den Höfen, die veraltet waren und ganz neuen Untugenden und Umtrieben der Fürsten und Beamten Platz gemacht hatten. Diese edlen Justizräthe und Präsidenten paßten wenig für eine Zeit, in welcher die Untersuchungscommissionen
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