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Gutzkow, Karl: Börne's Leben. Hamburg, 1840.

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sie ist, habe ich immer den Dichter nur um so mehr bewundern müssen, daß er Gestalten hinstellen konnte, denen Börne ordentlich Vorwürfe macht, nicht als wären es Schöpfungen des Dichters, sondern wirklich lebende, für sich verantwortliche Personen. Denn daran dachte doch wohl Börne nicht, Shakespearen die Unentschlossenheit Hamlets zuzurechnen; im Gegentheil, Shakespeare hat sich wohl ein Bewußtsein darüber erhalten, wenn auch nicht mit den Nebenbegriffen, die Börne mit dem Charakter des Hamlet verband. Aber Börne putzt die Figuren dieses berühmten Dramas ordentlich herunter wie unartige Buben, denen man einmal die Lektion lesen müsse. Kann etwas das Genie eines Dichters größer herausstellen, als wenn die Gestalten, die er uns vorzaubert, in diesem Grade Fleisch und Bein haben, eine Wirklichkeit erreichend, die bei Weitem größer ist als die täuschende Aehnlichkeit jener gemalten Weintrauben, an welchen die Vögel pickten?

Da Börne nicht nöthig hatte, seine Theaterkritiken gleich am Morgen nach der Vorstellung herauszugeben, so konnte er an sie dieselbe Feile legen, die allen seinen Arbeiten auch die geschmackvolle Vollendung des Styls gab. In monatlichen Berichten faßte

sie ist, habe ich immer den Dichter nur um so mehr bewundern müssen, daß er Gestalten hinstellen konnte, denen Börne ordentlich Vorwürfe macht, nicht als wären es Schöpfungen des Dichters, sondern wirklich lebende, für sich verantwortliche Personen. Denn daran dachte doch wohl Börne nicht, Shakespearen die Unentschlossenheit Hamlets zuzurechnen; im Gegentheil, Shakespeare hat sich wohl ein Bewußtsein darüber erhalten, wenn auch nicht mit den Nebenbegriffen, die Börne mit dem Charakter des Hamlet verband. Aber Börne putzt die Figuren dieses berühmten Dramas ordentlich herunter wie unartige Buben, denen man einmal die Lektion lesen müsse. Kann etwas das Genie eines Dichters größer herausstellen, als wenn die Gestalten, die er uns vorzaubert, in diesem Grade Fleisch und Bein haben, eine Wirklichkeit erreichend, die bei Weitem größer ist als die täuschende Aehnlichkeit jener gemalten Weintrauben, an welchen die Vögel pickten?

Da Börne nicht nöthig hatte, seine Theaterkritiken gleich am Morgen nach der Vorstellung herauszugeben, so konnte er an sie dieselbe Feile legen, die allen seinen Arbeiten auch die geschmackvolle Vollendung des Styls gab. In monatlichen Berichten faßte

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[139/0181] sie ist, habe ich immer den Dichter nur um so mehr bewundern müssen, daß er Gestalten hinstellen konnte, denen Börne ordentlich Vorwürfe macht, nicht als wären es Schöpfungen des Dichters, sondern wirklich lebende, für sich verantwortliche Personen. Denn daran dachte doch wohl Börne nicht, Shakespearen die Unentschlossenheit Hamlets zuzurechnen; im Gegentheil, Shakespeare hat sich wohl ein Bewußtsein darüber erhalten, wenn auch nicht mit den Nebenbegriffen, die Börne mit dem Charakter des Hamlet verband. Aber Börne putzt die Figuren dieses berühmten Dramas ordentlich herunter wie unartige Buben, denen man einmal die Lektion lesen müsse. Kann etwas das Genie eines Dichters größer herausstellen, als wenn die Gestalten, die er uns vorzaubert, in diesem Grade Fleisch und Bein haben, eine Wirklichkeit erreichend, die bei Weitem größer ist als die täuschende Aehnlichkeit jener gemalten Weintrauben, an welchen die Vögel pickten? Da Börne nicht nöthig hatte, seine Theaterkritiken gleich am Morgen nach der Vorstellung herauszugeben, so konnte er an sie dieselbe Feile legen, die allen seinen Arbeiten auch die geschmackvolle Vollendung des Styls gab. In monatlichen Berichten faßte

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Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Börne's Leben. Hamburg, 1840, S. 139. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_boerne_1840/181>, abgerufen am 30.11.2024.