Gutzkow, Karl: Börne's Leben. Hamburg, 1840.war schon in Kassel in einer Druckerei, beim Redakteur der Kasseler Zeitung, Dr. Pinhas Auslaufer gewesen. Konrad machte sogar Verse und erfreute damit seinen Herrn. Konrad schrieb Briefe, die würdig waren, gedruckt zu werden. Börne hätte oft gewünscht, Konrad wäre weniger geistreich, und dafür geschickter und flinker auf den Beinen gewesen. Dieser Bediente war in Allem eine treue deutsche ehrliche Seele, auch darin, daß er hundertmal etwas fallen ließ, das er nicht bezahlen konnte, daß er gar nicht gemacht schien, mit ihm Staat zu machen und weit öfters selbst unbequem, als ein Hülfsmittel zur Bequemlichkeit war. Konrad war ehrlich, aber auch gewissenhaft; er war gewissenhaft aber auch pedantisch. Er würde sich in einem Lustspiel oft weit besser ausgenommen haben, als im wirklichen Leben. Dort hätte man doch wenigstens über das lachen können, worüber man hier zuweilen hätte weinen mögen. Und grade mit allen diesen bösen Tugenden und glänzenden Lastern wurde er für Börne ein Bedürfniß. Er hieng mit gränzenloser Liebe an seinem Herrn und lebte sich so in ihn hinein, daß er durch Börne's Tod ganz vereinsamt dastand. Er begleitete einen Reisenden nach Italien, schrieb von dort aus sehr originelle Briefe war schon in Kassel in einer Druckerei, beim Redakteur der Kasseler Zeitung, Dr. Pinhas Auslaufer gewesen. Konrad machte sogar Verse und erfreute damit seinen Herrn. Konrad schrieb Briefe, die würdig waren, gedruckt zu werden. Börne hätte oft gewünscht, Konrad wäre weniger geistreich, und dafür geschickter und flinker auf den Beinen gewesen. Dieser Bediente war in Allem eine treue deutsche ehrliche Seele, auch darin, daß er hundertmal etwas fallen ließ, das er nicht bezahlen konnte, daß er gar nicht gemacht schien, mit ihm Staat zu machen und weit öfters selbst unbequem, als ein Hülfsmittel zur Bequemlichkeit war. Konrad war ehrlich, aber auch gewissenhaft; er war gewissenhaft aber auch pedantisch. Er würde sich in einem Lustspiel oft weit besser ausgenommen haben, als im wirklichen Leben. Dort hätte man doch wenigstens über das lachen können, worüber man hier zuweilen hätte weinen mögen. Und grade mit allen diesen bösen Tugenden und glänzenden Lastern wurde er für Börne ein Bedürfniß. Er hieng mit gränzenloser Liebe an seinem Herrn und lebte sich so in ihn hinein, daß er durch Börne’s Tod ganz vereinsamt dastand. Er begleitete einen Reisenden nach Italien, schrieb von dort aus sehr originelle Briefe <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0240" n="198"/> war schon in Kassel in einer Druckerei, beim Redakteur der Kasseler Zeitung, <hi rendition="#aq">Dr.</hi> Pinhas Auslaufer gewesen. Konrad machte sogar Verse und erfreute damit seinen Herrn. Konrad schrieb Briefe, die würdig waren, gedruckt zu werden. Börne hätte oft gewünscht, Konrad wäre weniger geistreich, und dafür geschickter und flinker auf den Beinen gewesen. Dieser Bediente war in Allem eine treue deutsche ehrliche Seele, auch darin, daß er hundertmal etwas fallen ließ, das er nicht bezahlen konnte, daß er gar nicht gemacht schien, mit ihm Staat zu machen und weit öfters selbst unbequem, als ein Hülfsmittel zur Bequemlichkeit war. Konrad war ehrlich, aber auch gewissenhaft; er war gewissenhaft aber auch pedantisch. Er würde sich in einem Lustspiel oft weit besser ausgenommen haben, als im wirklichen Leben. Dort hätte man doch wenigstens über das lachen können, worüber man hier zuweilen hätte weinen mögen. Und grade mit allen diesen bösen Tugenden und glänzenden Lastern wurde er für Börne ein Bedürfniß. Er hieng mit gränzenloser Liebe an seinem Herrn und lebte sich so in ihn hinein, daß er durch Börne’s Tod ganz vereinsamt dastand. Er begleitete einen Reisenden nach Italien, schrieb von dort aus sehr originelle Briefe </p> </div> </body> </text> </TEI> [198/0240]
war schon in Kassel in einer Druckerei, beim Redakteur der Kasseler Zeitung, Dr. Pinhas Auslaufer gewesen. Konrad machte sogar Verse und erfreute damit seinen Herrn. Konrad schrieb Briefe, die würdig waren, gedruckt zu werden. Börne hätte oft gewünscht, Konrad wäre weniger geistreich, und dafür geschickter und flinker auf den Beinen gewesen. Dieser Bediente war in Allem eine treue deutsche ehrliche Seele, auch darin, daß er hundertmal etwas fallen ließ, das er nicht bezahlen konnte, daß er gar nicht gemacht schien, mit ihm Staat zu machen und weit öfters selbst unbequem, als ein Hülfsmittel zur Bequemlichkeit war. Konrad war ehrlich, aber auch gewissenhaft; er war gewissenhaft aber auch pedantisch. Er würde sich in einem Lustspiel oft weit besser ausgenommen haben, als im wirklichen Leben. Dort hätte man doch wenigstens über das lachen können, worüber man hier zuweilen hätte weinen mögen. Und grade mit allen diesen bösen Tugenden und glänzenden Lastern wurde er für Börne ein Bedürfniß. Er hieng mit gränzenloser Liebe an seinem Herrn und lebte sich so in ihn hinein, daß er durch Börne’s Tod ganz vereinsamt dastand. Er begleitete einen Reisenden nach Italien, schrieb von dort aus sehr originelle Briefe
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