Gutzkow, Karl: Börne's Leben. Hamburg, 1840.urtheilten, sehr in Abrede stellen. Auf die Jugend machte diese Erscheinung einen bezaubernden Eindruck. Diese Frische, dieser Witz, diese großartige Perspektive in Welt- und Zeitanschauungen, die man auf der Schule kaum ahnte und die auf der Universität zu dem Verbotenen gehörte! Von den Fesseln des Systems sah man sich erlöst; die freiste Ungebundenheit war doch zugleich zu einer in bunten Farben schimmernden Crystallisation der Darstellung kunstvoll verhärtet. Alle Formeln und Gesetze lösten sich hier vor der freien Gesetzgebung eines mächtigen Individuums auf, das nicht aus dem Hörsaal, sondern aus dem grünen Walde der Erfahrung und der Geschichte heraustrat. Verklungene Debatten sah man hier wieder aufgenommen, ein patriotisch freier Sinn reagirte gegen die ästhetische Verflachung, in welche wir gegen die Zeit hin, wo die Julirevolution ausbrach, uns zu verlieren fürchten mußten. Es waren nicht goldne Aepfel in silbernen Schaalen, sondern frische, natürliche, den Reif des Gartens tragende Früchte in crystallenen Schaalen. Börne wurde jetzt in Frankfurt immer mehr ein berühmter Mann, dem der durchreisende Dilettant und Kunstfreund seine Aufwartung machte. Auch das Hand- urtheilten, sehr in Abrede stellen. Auf die Jugend machte diese Erscheinung einen bezaubernden Eindruck. Diese Frische, dieser Witz, diese großartige Perspektive in Welt- und Zeitanschauungen, die man auf der Schule kaum ahnte und die auf der Universität zu dem Verbotenen gehörte! Von den Fesseln des Systems sah man sich erlöst; die freiste Ungebundenheit war doch zugleich zu einer in bunten Farben schimmernden Crystallisation der Darstellung kunstvoll verhärtet. Alle Formeln und Gesetze lösten sich hier vor der freien Gesetzgebung eines mächtigen Individuums auf, das nicht aus dem Hörsaal, sondern aus dem grünen Walde der Erfahrung und der Geschichte heraustrat. Verklungene Debatten sah man hier wieder aufgenommen, ein patriotisch freier Sinn reagirte gegen die ästhetische Verflachung, in welche wir gegen die Zeit hin, wo die Julirevolution ausbrach, uns zu verlieren fürchten mußten. Es waren nicht goldne Aepfel in silbernen Schaalen, sondern frische, natürliche, den Reif des Gartens tragende Früchte in crystallenen Schaalen. Börne wurde jetzt in Frankfurt immer mehr ein berühmter Mann, dem der durchreisende Dilettant und Kunstfreund seine Aufwartung machte. Auch das Hand- <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0246" n="204"/> urtheilten, sehr in Abrede stellen. Auf die Jugend machte diese Erscheinung einen bezaubernden Eindruck. Diese Frische, dieser Witz, diese großartige Perspektive in Welt- und Zeitanschauungen, die man auf der Schule kaum ahnte und die auf der Universität zu dem Verbotenen gehörte! Von den Fesseln des Systems sah man sich erlöst; die freiste Ungebundenheit war doch zugleich zu einer in bunten Farben schimmernden Crystallisation der Darstellung kunstvoll verhärtet. Alle Formeln und Gesetze lösten sich hier vor der freien Gesetzgebung eines mächtigen Individuums auf, das nicht aus dem Hörsaal, sondern aus dem grünen Walde der Erfahrung und der Geschichte heraustrat. Verklungene Debatten sah man hier wieder aufgenommen, ein patriotisch freier Sinn reagirte gegen die ästhetische Verflachung, in welche wir gegen die Zeit hin, wo die Julirevolution ausbrach, uns zu verlieren fürchten mußten. Es waren nicht goldne Aepfel in silbernen Schaalen, sondern frische, natürliche, den Reif des Gartens tragende Früchte in crystallenen Schaalen.</p> <p>Börne wurde jetzt in Frankfurt immer mehr ein berühmter Mann, dem der durchreisende Dilettant und Kunstfreund seine Aufwartung machte. Auch das Hand- </p> </div> </body> </text> </TEI> [204/0246]
urtheilten, sehr in Abrede stellen. Auf die Jugend machte diese Erscheinung einen bezaubernden Eindruck. Diese Frische, dieser Witz, diese großartige Perspektive in Welt- und Zeitanschauungen, die man auf der Schule kaum ahnte und die auf der Universität zu dem Verbotenen gehörte! Von den Fesseln des Systems sah man sich erlöst; die freiste Ungebundenheit war doch zugleich zu einer in bunten Farben schimmernden Crystallisation der Darstellung kunstvoll verhärtet. Alle Formeln und Gesetze lösten sich hier vor der freien Gesetzgebung eines mächtigen Individuums auf, das nicht aus dem Hörsaal, sondern aus dem grünen Walde der Erfahrung und der Geschichte heraustrat. Verklungene Debatten sah man hier wieder aufgenommen, ein patriotisch freier Sinn reagirte gegen die ästhetische Verflachung, in welche wir gegen die Zeit hin, wo die Julirevolution ausbrach, uns zu verlieren fürchten mußten. Es waren nicht goldne Aepfel in silbernen Schaalen, sondern frische, natürliche, den Reif des Gartens tragende Früchte in crystallenen Schaalen.
Börne wurde jetzt in Frankfurt immer mehr ein berühmter Mann, dem der durchreisende Dilettant und Kunstfreund seine Aufwartung machte. Auch das Hand-
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