Gutzkow, Karl: Börne's Leben. Hamburg, 1840.Im Spätherbst des Befreiungsjahres reiste Börne nach Paris. Es ließ ihm in Deutschland keine Ruhe mehr. Er wollte dem Heerde der Ereignisse nahe sein und sie nicht von der Peripherie, sondern dem Centrum aus beobachten. Die beiden ersten Bände seiner Briefe geben über alle seine persönlichen Begegnisse auf der Reise und den Winter über in Paris den vollständigsten Aufschluß; denn sie sind ein Tagebuch, ein zusammengeheftetes Journal, eine Art Zeitschrift, die alle Reize und alle Nachtheile der periodischen Literatur vereinigt. Frisch, lebendig, aber auch voller Widersprüche und ohne eine andre Einheit, als die einer geistreichen, glühend hoffenden Persönlichkeit. Ueberhaupt ist der richtigste Gesichtspunkt, um Börne's sechs Bände Pariser Briefe zu beurtheilen, der, daß man sie eine zusammengeheftete Zeitschrift nennt, mit allen Tugenden und allen Fehlern des Journalismus. Sie gaben Nachrichten, die nicht selten sehr begründet, nicht selten aus der Luft gegriffen sind; sie bauen Schlußfolgerungen auf, die schon vom nächsten Tage widerlegt werden; sie sind abgerissen im Styl, im Gedanken, sie wollen nichts sein als das Echo des Tages, aufgefangen in einer Menschenbrust, die vor Freude und Zorn, vor Liebe und Haß, vor Hoffnung Im Spätherbst des Befreiungsjahres reiste Börne nach Paris. Es ließ ihm in Deutschland keine Ruhe mehr. Er wollte dem Heerde der Ereignisse nahe sein und sie nicht von der Peripherie, sondern dem Centrum aus beobachten. Die beiden ersten Bände seiner Briefe geben über alle seine persönlichen Begegnisse auf der Reise und den Winter über in Paris den vollständigsten Aufschluß; denn sie sind ein Tagebuch, ein zusammengeheftetes Journal, eine Art Zeitschrift, die alle Reize und alle Nachtheile der periodischen Literatur vereinigt. Frisch, lebendig, aber auch voller Widersprüche und ohne eine andre Einheit, als die einer geistreichen, glühend hoffenden Persönlichkeit. Ueberhaupt ist der richtigste Gesichtspunkt, um Börne’s sechs Bände Pariser Briefe zu beurtheilen, der, daß man sie eine zusammengeheftete Zeitschrift nennt, mit allen Tugenden und allen Fehlern des Journalismus. Sie gaben Nachrichten, die nicht selten sehr begründet, nicht selten aus der Luft gegriffen sind; sie bauen Schlußfolgerungen auf, die schon vom nächsten Tage widerlegt werden; sie sind abgerissen im Styl, im Gedanken, sie wollen nichts sein als das Echo des Tages, aufgefangen in einer Menschenbrust, die vor Freude und Zorn, vor Liebe und Haß, vor Hoffnung <TEI> <text> <body> <div> <pb facs="#f0257" n="215"/> <p> Im Spätherbst des Befreiungsjahres reiste Börne nach Paris. Es ließ ihm in Deutschland keine Ruhe mehr. Er wollte dem Heerde der Ereignisse nahe sein und sie nicht von der Peripherie, sondern dem Centrum aus beobachten. Die beiden ersten Bände seiner Briefe geben über alle seine persönlichen Begegnisse auf der Reise und den Winter über in Paris den vollständigsten Aufschluß; denn sie sind ein Tagebuch, ein zusammengeheftetes Journal, eine Art Zeitschrift, die alle Reize und alle Nachtheile der periodischen Literatur vereinigt. Frisch, lebendig, aber auch voller Widersprüche und ohne eine andre Einheit, als die einer geistreichen, glühend hoffenden Persönlichkeit. Ueberhaupt ist der richtigste Gesichtspunkt, um Börne’s sechs Bände Pariser Briefe zu beurtheilen, der, daß man sie eine zusammengeheftete Zeitschrift nennt, mit allen Tugenden und allen Fehlern des Journalismus. Sie gaben Nachrichten, die nicht selten sehr begründet, nicht selten aus der Luft gegriffen sind; sie bauen Schlußfolgerungen auf, die schon vom nächsten Tage widerlegt werden; sie sind abgerissen im Styl, im Gedanken, sie wollen nichts sein als das Echo des Tages, aufgefangen in einer Menschenbrust, die vor Freude und Zorn, vor Liebe und Haß, vor Hoffnung </p> </div> </body> </text> </TEI> [215/0257]
Im Spätherbst des Befreiungsjahres reiste Börne nach Paris. Es ließ ihm in Deutschland keine Ruhe mehr. Er wollte dem Heerde der Ereignisse nahe sein und sie nicht von der Peripherie, sondern dem Centrum aus beobachten. Die beiden ersten Bände seiner Briefe geben über alle seine persönlichen Begegnisse auf der Reise und den Winter über in Paris den vollständigsten Aufschluß; denn sie sind ein Tagebuch, ein zusammengeheftetes Journal, eine Art Zeitschrift, die alle Reize und alle Nachtheile der periodischen Literatur vereinigt. Frisch, lebendig, aber auch voller Widersprüche und ohne eine andre Einheit, als die einer geistreichen, glühend hoffenden Persönlichkeit. Ueberhaupt ist der richtigste Gesichtspunkt, um Börne’s sechs Bände Pariser Briefe zu beurtheilen, der, daß man sie eine zusammengeheftete Zeitschrift nennt, mit allen Tugenden und allen Fehlern des Journalismus. Sie gaben Nachrichten, die nicht selten sehr begründet, nicht selten aus der Luft gegriffen sind; sie bauen Schlußfolgerungen auf, die schon vom nächsten Tage widerlegt werden; sie sind abgerissen im Styl, im Gedanken, sie wollen nichts sein als das Echo des Tages, aufgefangen in einer Menschenbrust, die vor Freude und Zorn, vor Liebe und Haß, vor Hoffnung
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