Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gutzkow, Karl: Börne's Leben. Hamburg, 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

kleinern Aufsätzen wieder und es ist leicht möglich, daß Börne annahm, wahre Liebe könne schwerlich ohne Eifersucht gedacht werden. Einigemale spricht er von der Eifersucht als dramatischem Motive. Er sagt: "Die Eifersucht in ein Lustspiel? Die schrecklichste aller Folterqualen dem Scherze hingegeben? Was im Othello uns mit Grausen erfüllt, uns erschüttert, niederwirft, wäre es der blutige Ausgang allein, den dort die Leidenschaft herbeiführt? Nein, es ist diese Leidenschaft selbst, die Shakespeare so naturtreu dargestellt, so durchsichtig gemacht hat, daß wir alle Wendungen des Labyrinthes erkennen, in das die Liebe hineinfährt, nur ohne rettenden Faden. Woher geschiehts, daß dieser höchst tragische Stoff gewöhnlich zu Lustspielen vertändelt wird? Was ist doch der Mensch für ein sonderbares Geschöpf! Aber gut, daß er so ist, daß er den Verzerrungen des Schmerzes eine possierliche Grimasse, der furchtbarsten Leidenschaft ihre Lächerlichkeit abzugewinnen versteht. Dieses ist die Kühlung, womit das nahe Meer ein heißes, dürres Land anfrischt." Börne kommt in dieser Weise noch öfters auf die Eifersucht zurück.

Wenn es ein durchgehender schöner Zug im Gemüthe Börne's ist, daß er sich unter allen Umständen

kleinern Aufsätzen wieder und es ist leicht möglich, daß Börne annahm, wahre Liebe könne schwerlich ohne Eifersucht gedacht werden. Einigemale spricht er von der Eifersucht als dramatischem Motive. Er sagt: „Die Eifersucht in ein Lustspiel? Die schrecklichste aller Folterqualen dem Scherze hingegeben? Was im Othello uns mit Grausen erfüllt, uns erschüttert, niederwirft, wäre es der blutige Ausgang allein, den dort die Leidenschaft herbeiführt? Nein, es ist diese Leidenschaft selbst, die Shakespeare so naturtreu dargestellt, so durchsichtig gemacht hat, daß wir alle Wendungen des Labyrinthes erkennen, in das die Liebe hineinfährt, nur ohne rettenden Faden. Woher geschiehts, daß dieser höchst tragische Stoff gewöhnlich zu Lustspielen vertändelt wird? Was ist doch der Mensch für ein sonderbares Geschöpf! Aber gut, daß er so ist, daß er den Verzerrungen des Schmerzes eine possierliche Grimasse, der furchtbarsten Leidenschaft ihre Lächerlichkeit abzugewinnen versteht. Dieses ist die Kühlung, womit das nahe Meer ein heißes, dürres Land anfrischt.“ Börne kommt in dieser Weise noch öfters auf die Eifersucht zurück.

Wenn es ein durchgehender schöner Zug im Gemüthe Börne’s ist, daß er sich unter allen Umständen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0293" n="251"/>
kleinern Aufsätzen wieder und es ist leicht möglich, daß Börne annahm, wahre Liebe könne schwerlich ohne Eifersucht gedacht werden. Einigemale spricht er von der Eifersucht als dramatischem Motive. Er sagt: &#x201E;Die Eifersucht in ein Lustspiel? Die schrecklichste aller Folterqualen dem Scherze hingegeben? Was im Othello uns mit Grausen erfüllt, uns erschüttert, niederwirft, wäre es der blutige Ausgang allein, den dort die Leidenschaft herbeiführt? Nein, es ist diese Leidenschaft selbst, die Shakespeare so naturtreu dargestellt, so durchsichtig gemacht hat, daß wir alle Wendungen des Labyrinthes erkennen, in das die Liebe hineinfährt, nur ohne rettenden Faden. Woher geschiehts, daß dieser höchst tragische Stoff gewöhnlich zu Lustspielen vertändelt wird? Was ist doch der Mensch für ein sonderbares Geschöpf! Aber gut, daß er so ist, daß er den Verzerrungen des Schmerzes eine possierliche Grimasse, der furchtbarsten Leidenschaft ihre Lächerlichkeit abzugewinnen versteht. Dieses ist die Kühlung, womit das nahe Meer ein heißes, dürres Land anfrischt.&#x201C; Börne kommt in dieser Weise noch öfters auf die Eifersucht zurück.</p>
        <p>Wenn es ein durchgehender schöner Zug im Gemüthe Börne&#x2019;s ist, daß er sich unter allen Umständen
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[251/0293] kleinern Aufsätzen wieder und es ist leicht möglich, daß Börne annahm, wahre Liebe könne schwerlich ohne Eifersucht gedacht werden. Einigemale spricht er von der Eifersucht als dramatischem Motive. Er sagt: „Die Eifersucht in ein Lustspiel? Die schrecklichste aller Folterqualen dem Scherze hingegeben? Was im Othello uns mit Grausen erfüllt, uns erschüttert, niederwirft, wäre es der blutige Ausgang allein, den dort die Leidenschaft herbeiführt? Nein, es ist diese Leidenschaft selbst, die Shakespeare so naturtreu dargestellt, so durchsichtig gemacht hat, daß wir alle Wendungen des Labyrinthes erkennen, in das die Liebe hineinfährt, nur ohne rettenden Faden. Woher geschiehts, daß dieser höchst tragische Stoff gewöhnlich zu Lustspielen vertändelt wird? Was ist doch der Mensch für ein sonderbares Geschöpf! Aber gut, daß er so ist, daß er den Verzerrungen des Schmerzes eine possierliche Grimasse, der furchtbarsten Leidenschaft ihre Lächerlichkeit abzugewinnen versteht. Dieses ist die Kühlung, womit das nahe Meer ein heißes, dürres Land anfrischt.“ Börne kommt in dieser Weise noch öfters auf die Eifersucht zurück. Wenn es ein durchgehender schöner Zug im Gemüthe Börne’s ist, daß er sich unter allen Umständen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Gutzkow Editionsprojekt: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-07-03T11:49:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Bayerische Staatsbibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-07-03T11:49:31Z)
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-07-03T11:49:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Gutzkow Editionsprojekt:Editionsprinzipien
  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert
  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_boerne_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_boerne_1840/293
Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Börne's Leben. Hamburg, 1840, S. 251. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_boerne_1840/293>, abgerufen am 17.06.2024.