Gutzkow, Karl: Börne's Leben. Hamburg, 1840.So wie die Lage der Juden in Deutschland war und noch ist, muß es ein unseliges Gefühl seyn, unter ihnen geboren zu werden. Schon das Spiel des Kindes hat seine Gränze; denn was der christliche Knabe nicht durch sein eignes unschuldiges Herz zu hassen und zu verspotten lernt, lehrt ihn der Haß und der Spott seiner Eltern. Eingepfercht in häusliche Gewohnheiten, religiöse Sitten, für welche dem jüdischen Knaben das tiefe Verständniß abgeht, oder das er doch verliert, wenn die Bildung, die seinen Geist mit christlichen Stoffen schwängert, über ihn kömmt, ausgeschlossen von den Bahnen, welche christliche Gespielen und Schulfreunde für ihre Zukunft einschlagen, gefesselt an eine Gesellschaft, die in ihrer Abgeschiedenheit gar zu sehr in grelle Einseitigkeiten und wunderliche Richtungen verfällt, die der reifere Verstand bald durchschaut, ausgesetzt endlich den zahllosen Gehässigkeiten, welche sich die Christen im bürgerlichen Verkehre, in der Gesellschaft, in lokalen Beziehungen gegen die Juden erlauben - o das muß tief in ein edleres Gemüth einschneiden und Wunden hinterlassen, die, da der Zustand der Juden sich immer noch nicht bessern will, nie vernarben können. Der jüdische Kaufmann zerstreut sich vielleicht durch den glücklichen Erfolg So wie die Lage der Juden in Deutschland war und noch ist, muß es ein unseliges Gefühl seyn, unter ihnen geboren zu werden. Schon das Spiel des Kindes hat seine Gränze; denn was der christliche Knabe nicht durch sein eignes unschuldiges Herz zu hassen und zu verspotten lernt, lehrt ihn der Haß und der Spott seiner Eltern. Eingepfercht in häusliche Gewohnheiten, religiöse Sitten, für welche dem jüdischen Knaben das tiefe Verständniß abgeht, oder das er doch verliert, wenn die Bildung, die seinen Geist mit christlichen Stoffen schwängert, über ihn kömmt, ausgeschlossen von den Bahnen, welche christliche Gespielen und Schulfreunde für ihre Zukunft einschlagen, gefesselt an eine Gesellschaft, die in ihrer Abgeschiedenheit gar zu sehr in grelle Einseitigkeiten und wunderliche Richtungen verfällt, die der reifere Verstand bald durchschaut, ausgesetzt endlich den zahllosen Gehässigkeiten, welche sich die Christen im bürgerlichen Verkehre, in der Gesellschaft, in lokalen Beziehungen gegen die Juden erlauben – o das muß tief in ein edleres Gemüth einschneiden und Wunden hinterlassen, die, da der Zustand der Juden sich immer noch nicht bessern will, nie vernarben können. Der jüdische Kaufmann zerstreut sich vielleicht durch den glücklichen Erfolg <TEI> <text> <body> <div> <pb facs="#f0063" n="21"/> <p> So wie die Lage der Juden in Deutschland war und noch ist, muß es ein unseliges Gefühl seyn, unter ihnen geboren zu werden. Schon das Spiel des Kindes hat seine Gränze; denn was der christliche Knabe nicht durch sein eignes unschuldiges Herz zu hassen und zu verspotten lernt, lehrt ihn der Haß und der Spott seiner Eltern. Eingepfercht in häusliche Gewohnheiten, religiöse Sitten, für welche dem jüdischen Knaben das tiefe Verständniß abgeht, oder das er doch verliert, wenn die Bildung, die seinen Geist mit christlichen Stoffen schwängert, über ihn kömmt, ausgeschlossen von den Bahnen, welche christliche Gespielen und Schulfreunde für ihre Zukunft einschlagen, gefesselt an eine Gesellschaft, die in ihrer Abgeschiedenheit gar zu sehr in grelle Einseitigkeiten und wunderliche Richtungen verfällt, die der reifere Verstand bald durchschaut, ausgesetzt endlich den zahllosen Gehässigkeiten, welche sich die Christen im bürgerlichen Verkehre, in der Gesellschaft, in lokalen Beziehungen gegen die Juden erlauben – o das muß tief in ein edleres Gemüth einschneiden und Wunden hinterlassen, die, da der Zustand der Juden sich immer noch nicht bessern will, nie vernarben können. Der jüdische Kaufmann zerstreut sich vielleicht durch den glücklichen Erfolg </p> </div> </body> </text> </TEI> [21/0063]
So wie die Lage der Juden in Deutschland war und noch ist, muß es ein unseliges Gefühl seyn, unter ihnen geboren zu werden. Schon das Spiel des Kindes hat seine Gränze; denn was der christliche Knabe nicht durch sein eignes unschuldiges Herz zu hassen und zu verspotten lernt, lehrt ihn der Haß und der Spott seiner Eltern. Eingepfercht in häusliche Gewohnheiten, religiöse Sitten, für welche dem jüdischen Knaben das tiefe Verständniß abgeht, oder das er doch verliert, wenn die Bildung, die seinen Geist mit christlichen Stoffen schwängert, über ihn kömmt, ausgeschlossen von den Bahnen, welche christliche Gespielen und Schulfreunde für ihre Zukunft einschlagen, gefesselt an eine Gesellschaft, die in ihrer Abgeschiedenheit gar zu sehr in grelle Einseitigkeiten und wunderliche Richtungen verfällt, die der reifere Verstand bald durchschaut, ausgesetzt endlich den zahllosen Gehässigkeiten, welche sich die Christen im bürgerlichen Verkehre, in der Gesellschaft, in lokalen Beziehungen gegen die Juden erlauben – o das muß tief in ein edleres Gemüth einschneiden und Wunden hinterlassen, die, da der Zustand der Juden sich immer noch nicht bessern will, nie vernarben können. Der jüdische Kaufmann zerstreut sich vielleicht durch den glücklichen Erfolg
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