Gutzkow, Karl: Öffentliche Charaktere. Bd. 1. Hamburg, 1835.Die Napoleoniden. renstäbe, wie die der Marlborough, um ewige Porte¬feuilles, wie die der Richelieu, und um Regierungen, welche nicht kürzer waren, wie die Friedrichs III. her¬ umrankten. Ein Avanturier, ein Eroberer, ein Phan¬ tast, ein Paar Handschuhe gaben den Ausschlag, und der Historiker hat Alles gethan, wenn er in Kürze be¬ richtet, was in Kürze geschehen ist. Jetzt ist es anders. Die Coefficienten der Weltge¬ Wie kurz war in unsrer Zeit das Glück, wie be¬ Die Napoleoniden. renſtaͤbe, wie die der Marlborough, um ewige Porte¬feuilles, wie die der Richelieu, und um Regierungen, welche nicht kuͤrzer waren, wie die Friedrichs III. her¬ umrankten. Ein Avanturier, ein Eroberer, ein Phan¬ taſt, ein Paar Handſchuhe gaben den Ausſchlag, und der Hiſtoriker hat Alles gethan, wenn er in Kuͤrze be¬ richtet, was in Kuͤrze geſchehen iſt. Jetzt iſt es anders. Die Coefficienten der Weltge¬ Wie kurz war in unſrer Zeit das Gluͤck, wie be¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0132" n="114"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Die Napoleoniden</hi>.<lb/></fw> renſtaͤbe, wie die der Marlborough, um ewige Porte¬<lb/> feuilles, wie die der Richelieu, und um Regierungen,<lb/> welche nicht kuͤrzer waren, wie die Friedrichs <hi rendition="#aq">III</hi>. her¬<lb/> umrankten. Ein Avanturier, ein Eroberer, ein Phan¬<lb/> taſt, ein Paar Handſchuhe gaben den Ausſchlag, und<lb/> der Hiſtoriker hat Alles gethan, wenn er in Kuͤrze be¬<lb/> richtet, was in Kuͤrze geſchehen iſt.</p><lb/> <p>Jetzt iſt es anders. Die Coefficienten der Weltge¬<lb/> ſchichte haben ſich vermehrt; jene raſirten Tafeln, Voͤl¬<lb/> ker genannt, oder Interregna oder matte Perioden, auf<lb/> welche der Despotismus, die Laune, der Zufall oder<lb/> gar ein demokratiſches Original, das durch eine Empoͤ¬<lb/> rung oder Viſion ſich den Scheiterhaufen erkaufte, Ge¬<lb/> ſchichte ſchrieben, ſind entweder kleiner geworden, oder<lb/> haben ſelbſt fuͤr die Ereigniſſe eine Rolle uͤbernommen.<lb/> Die moderne Geſchichte baut ſich nicht mehr aus Maſ¬<lb/> ſen auf, ſondern aus Individualitaͤten; ſie laͤßt keine<lb/> Luͤcken, welche fuͤr die alte Welt die Kunſt, die Re¬<lb/> ligion und die Wiſſenſchaft ausfuͤllen, ſondern alle Fu¬<lb/> gen ziehen ſich eng zuſammen, oder wo ſie offen blei¬<lb/> ben, draͤngt ſich eine neue Erſcheinung, die bald alles<lb/> Uebrige wieder uͤberragt, hervor.</p><lb/> <p>Wie kurz war in unſrer Zeit das Gluͤck, wie be¬<lb/> ſtritten der Ruhm? Wie ſchnell wandelten ſich die Tha¬<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [114/0132]
Die Napoleoniden.
renſtaͤbe, wie die der Marlborough, um ewige Porte¬
feuilles, wie die der Richelieu, und um Regierungen,
welche nicht kuͤrzer waren, wie die Friedrichs III. her¬
umrankten. Ein Avanturier, ein Eroberer, ein Phan¬
taſt, ein Paar Handſchuhe gaben den Ausſchlag, und
der Hiſtoriker hat Alles gethan, wenn er in Kuͤrze be¬
richtet, was in Kuͤrze geſchehen iſt.
Jetzt iſt es anders. Die Coefficienten der Weltge¬
ſchichte haben ſich vermehrt; jene raſirten Tafeln, Voͤl¬
ker genannt, oder Interregna oder matte Perioden, auf
welche der Despotismus, die Laune, der Zufall oder
gar ein demokratiſches Original, das durch eine Empoͤ¬
rung oder Viſion ſich den Scheiterhaufen erkaufte, Ge¬
ſchichte ſchrieben, ſind entweder kleiner geworden, oder
haben ſelbſt fuͤr die Ereigniſſe eine Rolle uͤbernommen.
Die moderne Geſchichte baut ſich nicht mehr aus Maſ¬
ſen auf, ſondern aus Individualitaͤten; ſie laͤßt keine
Luͤcken, welche fuͤr die alte Welt die Kunſt, die Re¬
ligion und die Wiſſenſchaft ausfuͤllen, ſondern alle Fu¬
gen ziehen ſich eng zuſammen, oder wo ſie offen blei¬
ben, draͤngt ſich eine neue Erſcheinung, die bald alles
Uebrige wieder uͤberragt, hervor.
Wie kurz war in unſrer Zeit das Gluͤck, wie be¬
ſtritten der Ruhm? Wie ſchnell wandelten ſich die Tha¬
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