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Gutzkow, Karl: Öffentliche Charaktere. Bd. 1. Hamburg, 1835.

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Armand Carrel.
Raum ist, wo man noch athmen kann und nicht ge¬
drückt wird von zahllosen Intriguen und Bestrebungen,
hätte dis Schauspiel die öffentliche Meinung besiegt;
denn im Contrast liegt für die Gemüther eine unwi¬
derstehliche Wirkung, weil sie poetisch ist.

"Wir -- die Männer des National!" -- welche
Brücke führt zu dieser stolzen Emphase? Welche Ver¬
bindung gibt es, um mit dieser kalten Resignation zu
unterhandeln? Namen, welche als Parlamentaire kom¬
men wollten, werden durch diese Phrase, zusammenge¬
setzt aus Stolz, Verachtung und Drohung, zurückge¬
wiesen; Ereignisse, welche jenes schroffe Jenseits er¬
obern möchten, könnten es nur, wenn sie der Zukunft
angehören.

"Wir -- die Männer des National!" -- ein Con¬
trast, der überall siegen würde; der aber in Paris durch
öffentliche Blätter, durch gesellschaftliche Berührungen
und tausend Seiden der Freiheit gebrochen wird, und
nichts zurückläßt, als die Ordnung eines Tages und
eine Besorgniß, welche leichtsinnig der Strudel der Be¬
gebenheiten wieder fortspült.

Man sahe einen Tag lang die Männer des Na¬
tional als eine repräsentirte Macht; umgeben von Bun¬
desgenossen und Sympathien, welche überraschen; ein¬

Armand Carrel.
Raum iſt, wo man noch athmen kann und nicht ge¬
druͤckt wird von zahlloſen Intriguen und Beſtrebungen,
haͤtte dis Schauſpiel die oͤffentliche Meinung beſiegt;
denn im Contraſt liegt fuͤr die Gemuͤther eine unwi¬
derſtehliche Wirkung, weil ſie poetiſch iſt.

„Wir — die Maͤnner des National!“ — welche
Bruͤcke fuͤhrt zu dieſer ſtolzen Emphaſe? Welche Ver¬
bindung gibt es, um mit dieſer kalten Reſignation zu
unterhandeln? Namen, welche als Parlamentaire kom¬
men wollten, werden durch dieſe Phraſe, zuſammenge¬
ſetzt aus Stolz, Verachtung und Drohung, zuruͤckge¬
wieſen; Ereigniſſe, welche jenes ſchroffe Jenſeits er¬
obern moͤchten, koͤnnten es nur, wenn ſie der Zukunft
angehoͤren.

„Wir — die Maͤnner des National!“ — ein Con¬
traſt, der uͤberall ſiegen wuͤrde; der aber in Paris durch
oͤffentliche Blaͤtter, durch geſellſchaftliche Beruͤhrungen
und tauſend Seiden der Freiheit gebrochen wird, und
nichts zuruͤcklaͤßt, als die Ordnung eines Tages und
eine Beſorgniß, welche leichtſinnig der Strudel der Be¬
gebenheiten wieder fortſpuͤlt.

Man ſahe einen Tag lang die Maͤnner des Na¬
tional als eine repraͤſentirte Macht; umgeben von Bun¬
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[218/0236] Armand Carrel. Raum iſt, wo man noch athmen kann und nicht ge¬ druͤckt wird von zahlloſen Intriguen und Beſtrebungen, haͤtte dis Schauſpiel die oͤffentliche Meinung beſiegt; denn im Contraſt liegt fuͤr die Gemuͤther eine unwi¬ derſtehliche Wirkung, weil ſie poetiſch iſt. „Wir — die Maͤnner des National!“ — welche Bruͤcke fuͤhrt zu dieſer ſtolzen Emphaſe? Welche Ver¬ bindung gibt es, um mit dieſer kalten Reſignation zu unterhandeln? Namen, welche als Parlamentaire kom¬ men wollten, werden durch dieſe Phraſe, zuſammenge¬ ſetzt aus Stolz, Verachtung und Drohung, zuruͤckge¬ wieſen; Ereigniſſe, welche jenes ſchroffe Jenſeits er¬ obern moͤchten, koͤnnten es nur, wenn ſie der Zukunft angehoͤren. „Wir — die Maͤnner des National!“ — ein Con¬ traſt, der uͤberall ſiegen wuͤrde; der aber in Paris durch oͤffentliche Blaͤtter, durch geſellſchaftliche Beruͤhrungen und tauſend Seiden der Freiheit gebrochen wird, und nichts zuruͤcklaͤßt, als die Ordnung eines Tages und eine Beſorgniß, welche leichtſinnig der Strudel der Be¬ gebenheiten wieder fortſpuͤlt. Man ſahe einen Tag lang die Maͤnner des Na¬ tional als eine repraͤſentirte Macht; umgeben von Bun¬ desgenoſſen und Sympathien, welche uͤberraſchen; ein¬

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Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Öffentliche Charaktere. Bd. 1. Hamburg, 1835, S. 218. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_charaktere_1835/236>, abgerufen am 16.05.2024.