Gutzkow, Karl: Öffentliche Charaktere. Bd. 1. Hamburg, 1835.Armand Carrel. gerichtet, schlagfertig, nur des Augenblicks, der nichtfehlen kann, harrend; man sahe diese schroffen Vernei¬ nungen vor den Schranken des höchsten Gerichtshofes, die rechte Hand im Brustlatz, die Linke vornehm über den Rücken geschlagen; man sahe diese bleichen Antlitze, welche die Farbe der Kerkerwände, ihrer Heimath, tru¬ gen; diese scharfen und gepreßten Lippen, um welche hundert Verdicte serviler Geschwornen ein ironisches Lächeln unvertilgbar eingegraben haben; diese Relais und Vorposten einer Zukunft, die wenn man sie nicht zu Fuß holen will, wie Mirabeau sagte, zu Pferd kommen wird; man sprach von diesen geheimnißvollen Physiognomien einen Tag, tröstete sich, daß was kom¬ men mag, unvermeidlich ist, und kehrte zurück zu sei¬ ner Boutique, zu seinem Kinde, das sich auf die Weihnachtszeit freute, zu seinen Gönnern, zu seinen Kunden, zu dem ganzen Statusquo des Augenblicks, der sich fortwälzen muß ohne Stegreif und Zufall. Für die Tausende, welche davon gewinnen wollen, Armand Carrel. gerichtet, ſchlagfertig, nur des Augenblicks, der nichtfehlen kann, harrend; man ſahe dieſe ſchroffen Vernei¬ nungen vor den Schranken des hoͤchſten Gerichtshofes, die rechte Hand im Bruſtlatz, die Linke vornehm uͤber den Ruͤcken geſchlagen; man ſahe dieſe bleichen Antlitze, welche die Farbe der Kerkerwaͤnde, ihrer Heimath, tru¬ gen; dieſe ſcharfen und gepreßten Lippen, um welche hundert Verdicte ſerviler Geſchwornen ein ironiſches Laͤcheln unvertilgbar eingegraben haben; dieſe Relais und Vorpoſten einer Zukunft, die wenn man ſie nicht zu Fuß holen will, wie Mirabeau ſagte, zu Pferd kommen wird; man ſprach von dieſen geheimnißvollen Phyſiognomien einen Tag, troͤſtete ſich, daß was kom¬ men mag, unvermeidlich iſt, und kehrte zuruͤck zu ſei¬ ner Boutique, zu ſeinem Kinde, das ſich auf die Weihnachtszeit freute, zu ſeinen Goͤnnern, zu ſeinen Kunden, zu dem ganzen Statusquo des Augenblicks, der ſich fortwaͤlzen muß ohne Stegreif und Zufall. Fuͤr die Tauſende, welche davon gewinnen wollen, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0237" n="219"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Armand Carrel</hi>.<lb/></fw>gerichtet, ſchlagfertig, nur des Augenblicks, der nicht<lb/> fehlen kann, harrend; man ſahe dieſe ſchroffen Vernei¬<lb/> nungen vor den Schranken des hoͤchſten Gerichtshofes,<lb/> die rechte Hand im Bruſtlatz, die Linke vornehm uͤber<lb/> den Ruͤcken geſchlagen; man ſahe dieſe bleichen Antlitze,<lb/> welche die Farbe der Kerkerwaͤnde, ihrer Heimath, tru¬<lb/> gen; dieſe ſcharfen und gepreßten Lippen, um welche<lb/> hundert Verdicte ſerviler Geſchwornen ein ironiſches<lb/> Laͤcheln unvertilgbar eingegraben haben; dieſe Relais<lb/> und Vorpoſten einer Zukunft, die wenn man ſie nicht<lb/> zu Fuß holen will, wie Mirabeau ſagte, zu Pferd<lb/> kommen wird; man ſprach von dieſen geheimnißvollen<lb/> Phyſiognomien einen Tag, troͤſtete ſich, daß was kom¬<lb/> men mag, unvermeidlich iſt, und kehrte zuruͤck zu ſei¬<lb/> ner Boutique, zu ſeinem Kinde, das ſich auf die<lb/> Weihnachtszeit freute, zu ſeinen Goͤnnern, zu ſeinen<lb/> Kunden, zu dem ganzen Statusquo des Augenblicks,<lb/> der ſich fortwaͤlzen muß ohne Stegreif und Zufall.</p><lb/> <p>Fuͤr die Tauſende, welche davon gewinnen wollen,<lb/> iſt das große Terrain ſo klein: der Eine haͤngt ſich<lb/> wie an einem Bergabſturze an den Andern, um ſich<lb/> wechſelſeitig fortzuſchleudern; Jeder fuͤhlt, daß der Bo¬<lb/> den unter ſeinen Fuͤßen brennt, und daß nur der feſt<lb/> ſteht, welcher ſich bewegt; der Beſitz iſt fortwaͤhrende<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [219/0237]
Armand Carrel.
gerichtet, ſchlagfertig, nur des Augenblicks, der nicht
fehlen kann, harrend; man ſahe dieſe ſchroffen Vernei¬
nungen vor den Schranken des hoͤchſten Gerichtshofes,
die rechte Hand im Bruſtlatz, die Linke vornehm uͤber
den Ruͤcken geſchlagen; man ſahe dieſe bleichen Antlitze,
welche die Farbe der Kerkerwaͤnde, ihrer Heimath, tru¬
gen; dieſe ſcharfen und gepreßten Lippen, um welche
hundert Verdicte ſerviler Geſchwornen ein ironiſches
Laͤcheln unvertilgbar eingegraben haben; dieſe Relais
und Vorpoſten einer Zukunft, die wenn man ſie nicht
zu Fuß holen will, wie Mirabeau ſagte, zu Pferd
kommen wird; man ſprach von dieſen geheimnißvollen
Phyſiognomien einen Tag, troͤſtete ſich, daß was kom¬
men mag, unvermeidlich iſt, und kehrte zuruͤck zu ſei¬
ner Boutique, zu ſeinem Kinde, das ſich auf die
Weihnachtszeit freute, zu ſeinen Goͤnnern, zu ſeinen
Kunden, zu dem ganzen Statusquo des Augenblicks,
der ſich fortwaͤlzen muß ohne Stegreif und Zufall.
Fuͤr die Tauſende, welche davon gewinnen wollen,
iſt das große Terrain ſo klein: der Eine haͤngt ſich
wie an einem Bergabſturze an den Andern, um ſich
wechſelſeitig fortzuſchleudern; Jeder fuͤhlt, daß der Bo¬
den unter ſeinen Fuͤßen brennt, und daß nur der feſt
ſteht, welcher ſich bewegt; der Beſitz iſt fortwaͤhrende
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