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Gutzkow, Karl: Öffentliche Charaktere. Bd. 1. Hamburg, 1835.

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Talleyrand.
des Esau rächte, erwarb er sich zugleich eine ansehnliche
Popularität. Talleyrand wußte, welcher Monarch sich
auf den Thron Frankreichs setzen würde; er überließ
Marie Antoinette ihren Thränen und Gardes du Corps,
und schloß mit den Königen der Straßen und Vor¬
städte eine Freundschaft, die sich belohnte. Philoso¬
phirte Talleyrand schon damals, so wußte er, daß man
in den ersten Zeiten einer Aufregung nicht trotzig ge¬
nug sein Haupt erheben kann, daß man in einem
Glutfieber von Illusionen leben muß, wenigstens eine
Zeit lang. Er stiftete den Jacobinerklub, er führte,
wie Mephistopheles bei Goethe, das Papiergeld ein,
und drang in jeder Sitzung darauf, daß man das Sil¬
bergeräthe der Kirche, diese fatalen Pfannen, die er im
Chorrocke hatte tragen müssen, ohne Gnade verkaufe.
Er wollte keinen andern Kultus als den der Nation.

Eines Tages besann sich aber Talleyrand. Seine Hände
waren zu zart für eine Popularität, welche sich nicht
wusch und keine Handschuhe trug. Die republikanische
Tugend machte ihm Langeweile, seitdem sie ihm vor¬
warf, daß er in einer einzigen Nacht 30,000 Livres
im Spiele gewann. Er sah sich in dem Spiegel, und
fand, daß die phrygische Mütze der Jakobiner seinen
guten und tadellosen französischen Zügen schlecht stand;

Talleyrand.
des Eſau raͤchte, erwarb er ſich zugleich eine anſehnliche
Popularitaͤt. Talleyrand wußte, welcher Monarch ſich
auf den Thron Frankreichs ſetzen wuͤrde; er uͤberließ
Marie Antoinette ihren Thraͤnen und Gardes du Corps,
und ſchloß mit den Koͤnigen der Straßen und Vor¬
ſtaͤdte eine Freundſchaft, die ſich belohnte. Philoſo¬
phirte Talleyrand ſchon damals, ſo wußte er, daß man
in den erſten Zeiten einer Aufregung nicht trotzig ge¬
nug ſein Haupt erheben kann, daß man in einem
Glutfieber von Illuſionen leben muß, wenigſtens eine
Zeit lang. Er ſtiftete den Jacobinerklub, er fuͤhrte,
wie Mephiſtopheles bei Goethe, das Papiergeld ein,
und drang in jeder Sitzung darauf, daß man das Sil¬
bergeraͤthe der Kirche, dieſe fatalen Pfannen, die er im
Chorrocke hatte tragen muͤſſen, ohne Gnade verkaufe.
Er wollte keinen andern Kultus als den der Nation.

Eines Tages beſann ſich aber Talleyrand. Seine Haͤnde
waren zu zart fuͤr eine Popularitaͤt, welche ſich nicht
wuſch und keine Handſchuhe trug. Die republikaniſche
Tugend machte ihm Langeweile, ſeitdem ſie ihm vor¬
warf, daß er in einer einzigen Nacht 30,000 Livres
im Spiele gewann. Er ſah ſich in dem Spiegel, und
fand, daß die phrygiſche Muͤtze der Jakobiner ſeinen
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[7/0025] Talleyrand. des Eſau raͤchte, erwarb er ſich zugleich eine anſehnliche Popularitaͤt. Talleyrand wußte, welcher Monarch ſich auf den Thron Frankreichs ſetzen wuͤrde; er uͤberließ Marie Antoinette ihren Thraͤnen und Gardes du Corps, und ſchloß mit den Koͤnigen der Straßen und Vor¬ ſtaͤdte eine Freundſchaft, die ſich belohnte. Philoſo¬ phirte Talleyrand ſchon damals, ſo wußte er, daß man in den erſten Zeiten einer Aufregung nicht trotzig ge¬ nug ſein Haupt erheben kann, daß man in einem Glutfieber von Illuſionen leben muß, wenigſtens eine Zeit lang. Er ſtiftete den Jacobinerklub, er fuͤhrte, wie Mephiſtopheles bei Goethe, das Papiergeld ein, und drang in jeder Sitzung darauf, daß man das Sil¬ bergeraͤthe der Kirche, dieſe fatalen Pfannen, die er im Chorrocke hatte tragen muͤſſen, ohne Gnade verkaufe. Er wollte keinen andern Kultus als den der Nation. Eines Tages beſann ſich aber Talleyrand. Seine Haͤnde waren zu zart fuͤr eine Popularitaͤt, welche ſich nicht wuſch und keine Handſchuhe trug. Die republikaniſche Tugend machte ihm Langeweile, ſeitdem ſie ihm vor¬ warf, daß er in einer einzigen Nacht 30,000 Livres im Spiele gewann. Er ſah ſich in dem Spiegel, und fand, daß die phrygiſche Muͤtze der Jakobiner ſeinen guten und tadelloſen franzoͤſiſchen Zuͤgen ſchlecht ſtand;

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Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Öffentliche Charaktere. Bd. 1. Hamburg, 1835, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_charaktere_1835/25>, abgerufen am 21.11.2024.