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Gutzkow, Karl: Öffentliche Charaktere. Bd. 1. Hamburg, 1835.

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Talleyrand.
rühmte damals von ihm, daß er ein Mann sei, der
Ideen besitze. Ich bin immer neugierig gewesen, was
Talleyrand im Jahre 1786 eine Idee genannt hat.
Welches mag die Philosophie gewesen sein, für die sich
Talleyrand und Mirabeau unter Rosen und gemiethe¬
ten Küssen damals aussprachen? Nur so viel weiß ich,
es fehlte Beiden immer an Geld; und Talleyrands Haupt¬
maxime, das, was man seine Idee nennen könnte, war in
der Folge nur, sich davon so viel als möglich zu verschaffen.

Die Stände traten zusammen: der Bischof von
Autun hatte sein Kapitel zu vertreten. Es ist be¬
kannt, was Talleyrand bei der Vereinigung mit dem
dritten Stande, bei der Aufhebung der Privilegien,
was er auf dem Marsfelde leistete, wo er die neue
Verfassung Frankreichs durch eine Messe dem Himmel
empfahl. Er hatte gut reformiren. Der Priester ver¬
folgte ihn schreckhaft, er haßte seine Bestimmung, und
warf ein Vorrecht des Standes nach dem andern nie¬
der. Durch alle seine Amendements und Abstimmun¬
gen glühte weniger der Enthusiasmus der Freiheit, als
der des Hasses. Man konnte seine Rechnung nicht
besser machen. Indem er sich für die Ungerechtigkeit
seiner Eltern, für die Vigilien, bei denen er als Chor¬
knabe einschlief, für die Fasten und jenes Linsengericht

Talleyrand.
ruͤhmte damals von ihm, daß er ein Mann ſei, der
Ideen beſitze. Ich bin immer neugierig geweſen, was
Talleyrand im Jahre 1786 eine Idee genannt hat.
Welches mag die Philoſophie geweſen ſein, fuͤr die ſich
Talleyrand und Mirabeau unter Roſen und gemiethe¬
ten Kuͤſſen damals ausſprachen? Nur ſo viel weiß ich,
es fehlte Beiden immer an Geld; und Talleyrands Haupt¬
maxime, das, was man ſeine Idee nennen koͤnnte, war in
der Folge nur, ſich davon ſo viel als moͤglich zu verſchaffen.

Die Staͤnde traten zuſammen: der Biſchof von
Autun hatte ſein Kapitel zu vertreten. Es iſt be¬
kannt, was Talleyrand bei der Vereinigung mit dem
dritten Stande, bei der Aufhebung der Privilegien,
was er auf dem Marsfelde leiſtete, wo er die neue
Verfaſſung Frankreichs durch eine Meſſe dem Himmel
empfahl. Er hatte gut reformiren. Der Prieſter ver¬
folgte ihn ſchreckhaft, er haßte ſeine Beſtimmung, und
warf ein Vorrecht des Standes nach dem andern nie¬
der. Durch alle ſeine Amendements und Abſtimmun¬
gen gluͤhte weniger der Enthuſiasmus der Freiheit, als
der des Haſſes. Man konnte ſeine Rechnung nicht
beſſer machen. Indem er ſich fuͤr die Ungerechtigkeit
ſeiner Eltern, fuͤr die Vigilien, bei denen er als Chor¬
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[6/0024] Talleyrand. ruͤhmte damals von ihm, daß er ein Mann ſei, der Ideen beſitze. Ich bin immer neugierig geweſen, was Talleyrand im Jahre 1786 eine Idee genannt hat. Welches mag die Philoſophie geweſen ſein, fuͤr die ſich Talleyrand und Mirabeau unter Roſen und gemiethe¬ ten Kuͤſſen damals ausſprachen? Nur ſo viel weiß ich, es fehlte Beiden immer an Geld; und Talleyrands Haupt¬ maxime, das, was man ſeine Idee nennen koͤnnte, war in der Folge nur, ſich davon ſo viel als moͤglich zu verſchaffen. Die Staͤnde traten zuſammen: der Biſchof von Autun hatte ſein Kapitel zu vertreten. Es iſt be¬ kannt, was Talleyrand bei der Vereinigung mit dem dritten Stande, bei der Aufhebung der Privilegien, was er auf dem Marsfelde leiſtete, wo er die neue Verfaſſung Frankreichs durch eine Meſſe dem Himmel empfahl. Er hatte gut reformiren. Der Prieſter ver¬ folgte ihn ſchreckhaft, er haßte ſeine Beſtimmung, und warf ein Vorrecht des Standes nach dem andern nie¬ der. Durch alle ſeine Amendements und Abſtimmun¬ gen gluͤhte weniger der Enthuſiasmus der Freiheit, als der des Haſſes. Man konnte ſeine Rechnung nicht beſſer machen. Indem er ſich fuͤr die Ungerechtigkeit ſeiner Eltern, fuͤr die Vigilien, bei denen er als Chor¬ knabe einſchlief, fuͤr die Faſten und jenes Linſengericht

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Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Öffentliche Charaktere. Bd. 1. Hamburg, 1835, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_charaktere_1835/24>, abgerufen am 21.11.2024.