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Gutzkow, Karl: Öffentliche Charaktere. Bd. 1. Hamburg, 1835.

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Ancillon.
sich früh in der Familie bildete, hier endlose Geschwä¬
tzigkeit oder blödes und unbeholfenes Benehmen; dort
immer etwas Pedantismus, ein gewisses Calvinistisches
Air aus dem College, feine Manieren, Unterordnung
gegen das Alter und Tendenz nach dem Vornehmen
hin; hier die Eigenschaften, welche oft gänzlich entge¬
gengesetzt sind.

Unter Friedrich II. waren die Aussichten für die
Kolonie noch glänzender; da die Neigung des Königs
mit ihren Landsleuten sympathisirte, und sie noch im¬
mer den Stolz besaß, sich für ein verlornes und ver¬
schlagenes Stück von Frankreich anzusehen, mit dem¬
selben Ruhme, mit derselben Aussprache, mit derselben
Literatur, welche Friedrich vergötterte.

Seit der König den später so einflußreichen Cabi¬
netsrath Lombard als einen jungen schüchternen Men¬
schen, der die Fähigkeit hatte einen französischen Brief
zu schreiben, aus dem College herausnahm, mußten sich
die Hoffnungen der Kolonie steigern.

Lombard, wenn er weniger frivol und ausschwei¬
fend gewesen wäre, würde vollkommen den Charakter
der Kolonie repräsentirt haben; denn er war ehrgei¬
zig, er beneidete die französische Literatur um ihre He¬

Ancillon.
ſich fruͤh in der Familie bildete, hier endloſe Geſchwaͤ¬
tzigkeit oder bloͤdes und unbeholfenes Benehmen; dort
immer etwas Pedantismus, ein gewiſſes Calviniſtiſches
Air aus dem Collège, feine Manieren, Unterordnung
gegen das Alter und Tendenz nach dem Vornehmen
hin; hier die Eigenſchaften, welche oft gaͤnzlich entge¬
gengeſetzt ſind.

Unter Friedrich II. waren die Ausſichten fuͤr die
Kolonie noch glaͤnzender; da die Neigung des Koͤnigs
mit ihren Landsleuten ſympathiſirte, und ſie noch im¬
mer den Stolz beſaß, ſich fuͤr ein verlornes und ver¬
ſchlagenes Stuͤck von Frankreich anzuſehen, mit dem¬
ſelben Ruhme, mit derſelben Ausſprache, mit derſelben
Literatur, welche Friedrich vergoͤtterte.

Seit der Koͤnig den ſpaͤter ſo einflußreichen Cabi¬
netsrath Lombard als einen jungen ſchuͤchternen Men¬
ſchen, der die Faͤhigkeit hatte einen franzoͤſiſchen Brief
zu ſchreiben, aus dem Collège herausnahm, mußten ſich
die Hoffnungen der Kolonie ſteigern.

Lombard, wenn er weniger frivol und ausſchwei¬
fend geweſen waͤre, wuͤrde vollkommen den Charakter
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[251/0269] Ancillon. ſich fruͤh in der Familie bildete, hier endloſe Geſchwaͤ¬ tzigkeit oder bloͤdes und unbeholfenes Benehmen; dort immer etwas Pedantismus, ein gewiſſes Calviniſtiſches Air aus dem Collège, feine Manieren, Unterordnung gegen das Alter und Tendenz nach dem Vornehmen hin; hier die Eigenſchaften, welche oft gaͤnzlich entge¬ gengeſetzt ſind. Unter Friedrich II. waren die Ausſichten fuͤr die Kolonie noch glaͤnzender; da die Neigung des Koͤnigs mit ihren Landsleuten ſympathiſirte, und ſie noch im¬ mer den Stolz beſaß, ſich fuͤr ein verlornes und ver¬ ſchlagenes Stuͤck von Frankreich anzuſehen, mit dem¬ ſelben Ruhme, mit derſelben Ausſprache, mit derſelben Literatur, welche Friedrich vergoͤtterte. Seit der Koͤnig den ſpaͤter ſo einflußreichen Cabi¬ netsrath Lombard als einen jungen ſchuͤchternen Men¬ ſchen, der die Faͤhigkeit hatte einen franzoͤſiſchen Brief zu ſchreiben, aus dem Collège herausnahm, mußten ſich die Hoffnungen der Kolonie ſteigern. Lombard, wenn er weniger frivol und ausſchwei¬ fend geweſen waͤre, wuͤrde vollkommen den Charakter der Kolonie repraͤſentirt haben; denn er war ehrgei¬ zig, er beneidete die franzoͤſiſche Literatur um ihre He¬

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Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Öffentliche Charaktere. Bd. 1. Hamburg, 1835, S. 251. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_charaktere_1835/269>, abgerufen am 24.11.2024.