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Gutzkow, Karl: Öffentliche Charaktere. Bd. 1. Hamburg, 1835.

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Rothschild.

Wie stolz, wie groß ist dieser Gedanke! Wie wür¬
dig eines philosophischen und genialen Jahrhunderts!
Aber der Irrthum lag wie immer darin, daß man
für die Wahrheit keine Gränze wußte.

Statt zu sagen: Geld ist der Ausdruck eines mo¬
mentanen und wahrscheinlichen Werthquantums, aber
nicht Ausdruck der ganzen Werthmöglichkeit, kurz
statt sich zu beschränken und in der Papieremission vor¬
sichtig zu sein, grub man immer mehr ideelles Gold
aus den Schachten der Phantasie. In einem Augen¬
blicke, wo die Menschheit plötzlich Lust bekam, pro¬
saisch, nüchtern, mißtrauisch zu werden, wo die Ban¬
ken von Menschen, die ihr Papier in klingende Münze
umtauschen wollten, bestürmt wurden, mußte man be¬
schämt, weil mit leeren Händen, dastehen. So fallir¬
ten die Banken und die Regierungen. Der Idealis¬
mus hatte einen empfindlichen Stoß erlitten.

Aber schon die Philosophie an sich ist unermüd¬
lich; um wie viel mehr, wenn es sich um den Nerv
der Dinge, um das Geld, handelt!

Eine neue Phase des Idealismus entwickelte sich
reeller, d. h. vorsichtiger, als die frühere, und man
kann es nicht läugnen, auf auffallende Weise fast noch
ideeller. Denn ist es nicht das luftigste Phantom,

Rothſchild.

Wie ſtolz, wie groß iſt dieſer Gedanke! Wie wuͤr¬
dig eines philoſophiſchen und genialen Jahrhunderts!
Aber der Irrthum lag wie immer darin, daß man
fuͤr die Wahrheit keine Graͤnze wußte.

Statt zu ſagen: Geld iſt der Ausdruck eines mo¬
mentanen und wahrſcheinlichen Werthquantums, aber
nicht Ausdruck der ganzen Werthmoͤglichkeit, kurz
ſtatt ſich zu beſchraͤnken und in der Papieremiſſion vor¬
ſichtig zu ſein, grub man immer mehr ideelles Gold
aus den Schachten der Phantaſie. In einem Augen¬
blicke, wo die Menſchheit ploͤtzlich Luſt bekam, pro¬
ſaiſch, nuͤchtern, mißtrauiſch zu werden, wo die Ban¬
ken von Menſchen, die ihr Papier in klingende Muͤnze
umtauſchen wollten, beſtuͤrmt wurden, mußte man be¬
ſchaͤmt, weil mit leeren Haͤnden, daſtehen. So fallir¬
ten die Banken und die Regierungen. Der Idealis¬
mus hatte einen empfindlichen Stoß erlitten.

Aber ſchon die Philoſophie an ſich iſt unermuͤd¬
lich; um wie viel mehr, wenn es ſich um den Nerv
der Dinge, um das Geld, handelt!

Eine neue Phaſe des Idealismus entwickelte ſich
reeller, d. h. vorſichtiger, als die fruͤhere, und man
kann es nicht laͤugnen, auf auffallende Weiſe faſt noch
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[277/0295] Rothſchild. Wie ſtolz, wie groß iſt dieſer Gedanke! Wie wuͤr¬ dig eines philoſophiſchen und genialen Jahrhunderts! Aber der Irrthum lag wie immer darin, daß man fuͤr die Wahrheit keine Graͤnze wußte. Statt zu ſagen: Geld iſt der Ausdruck eines mo¬ mentanen und wahrſcheinlichen Werthquantums, aber nicht Ausdruck der ganzen Werthmoͤglichkeit, kurz ſtatt ſich zu beſchraͤnken und in der Papieremiſſion vor¬ ſichtig zu ſein, grub man immer mehr ideelles Gold aus den Schachten der Phantaſie. In einem Augen¬ blicke, wo die Menſchheit ploͤtzlich Luſt bekam, pro¬ ſaiſch, nuͤchtern, mißtrauiſch zu werden, wo die Ban¬ ken von Menſchen, die ihr Papier in klingende Muͤnze umtauſchen wollten, beſtuͤrmt wurden, mußte man be¬ ſchaͤmt, weil mit leeren Haͤnden, daſtehen. So fallir¬ ten die Banken und die Regierungen. Der Idealis¬ mus hatte einen empfindlichen Stoß erlitten. Aber ſchon die Philoſophie an ſich iſt unermuͤd¬ lich; um wie viel mehr, wenn es ſich um den Nerv der Dinge, um das Geld, handelt! Eine neue Phaſe des Idealismus entwickelte ſich reeller, d. h. vorſichtiger, als die fruͤhere, und man kann es nicht laͤugnen, auf auffallende Weiſe faſt noch ideeller. Denn iſt es nicht das luftigſte Phantom,

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Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Öffentliche Charaktere. Bd. 1. Hamburg, 1835, S. 277. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_charaktere_1835/295>, abgerufen am 24.11.2024.