Gutzkow, Karl: Öffentliche Charaktere. Bd. 1. Hamburg, 1835.Der Sultan. wunderlichen Statusquo unsrer Tage reagiren; dieseerwartet denselben Widerstand vom Glauben der Völ¬ ker, von einer Rache, die der Himmel selbst an der Erde nehmen werde. Wir wollen nicht darauf bestehen, daß das Träu¬ Der Islam ist eine Religion der Masse, keine Der Sultan. wunderlichen Statusquo unſrer Tage reagiren; dieſeerwartet denſelben Widerſtand vom Glauben der Voͤl¬ ker, von einer Rache, die der Himmel ſelbſt an der Erde nehmen werde. Wir wollen nicht darauf beſtehen, daß das Traͤu¬ Der Islam iſt eine Religion der Maſſe, keine <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0344" n="326"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Der Sultan</hi>.<lb/></fw>wunderlichen Statusquo unſrer Tage reagiren; dieſe<lb/> erwartet denſelben Widerſtand vom Glauben der Voͤl¬<lb/> ker, von einer Rache, die der Himmel ſelbſt an der<lb/> Erde nehmen werde.</p><lb/> <p>Wir wollen nicht darauf beſtehen, daß das Traͤu¬<lb/> meriſche in dieſen Meinungen ſie ſchon verdaͤchtig macht,<lb/> nicht darauf, daß unſre Propheten nur der Zukunft<lb/> namentlich ſo viel Theologie zutheilen wollen, als wenn<lb/> die Nachkommen das zu glauben ſich anſchicken wuͤrden,<lb/> was wir ſelbſt zu glauben keinen Trieb mehr haben;<lb/> aber ſehet auf die Tuͤrkei! Religion und Volksthum<lb/> faͤllt hier zuſammen; liegt im Islam irgend ein Zu¬<lb/> kunftskeim? Iſt ſein Fanatismus mit jener ewigen<lb/> Waͤrme verbunden, welche die Anhaͤnglichkeit an geliebte<lb/> Sitten und Meinungen begleitet? Nein, hier ver¬<lb/> glimmt ſein gluͤhendes Entzuͤcken gegen das Chriſten¬<lb/> thum, welches immer eine Zukunftsreligion iſt.</p><lb/> <p>Der Islam iſt eine Religion der Maſſe, keine<lb/> Religion des Individuums. Der Islam iſt nicht Be¬<lb/> wußtſein, ſondern Trunkenheit; er verleiht Trotz, aber<lb/> keine Ausdauer. Kein Moslem, der einmal herausge¬<lb/> riſſen iſt aus dem Zuſammenhang ſeines Glaubens, der<lb/> außerhalb ſeiner Badeweihen, ſeiner Moſcheen und Fa¬<lb/> ſten iſt, kein Moslem, der zur Annahme des Chriſten¬<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [326/0344]
Der Sultan.
wunderlichen Statusquo unſrer Tage reagiren; dieſe
erwartet denſelben Widerſtand vom Glauben der Voͤl¬
ker, von einer Rache, die der Himmel ſelbſt an der
Erde nehmen werde.
Wir wollen nicht darauf beſtehen, daß das Traͤu¬
meriſche in dieſen Meinungen ſie ſchon verdaͤchtig macht,
nicht darauf, daß unſre Propheten nur der Zukunft
namentlich ſo viel Theologie zutheilen wollen, als wenn
die Nachkommen das zu glauben ſich anſchicken wuͤrden,
was wir ſelbſt zu glauben keinen Trieb mehr haben;
aber ſehet auf die Tuͤrkei! Religion und Volksthum
faͤllt hier zuſammen; liegt im Islam irgend ein Zu¬
kunftskeim? Iſt ſein Fanatismus mit jener ewigen
Waͤrme verbunden, welche die Anhaͤnglichkeit an geliebte
Sitten und Meinungen begleitet? Nein, hier ver¬
glimmt ſein gluͤhendes Entzuͤcken gegen das Chriſten¬
thum, welches immer eine Zukunftsreligion iſt.
Der Islam iſt eine Religion der Maſſe, keine
Religion des Individuums. Der Islam iſt nicht Be¬
wußtſein, ſondern Trunkenheit; er verleiht Trotz, aber
keine Ausdauer. Kein Moslem, der einmal herausge¬
riſſen iſt aus dem Zuſammenhang ſeines Glaubens, der
außerhalb ſeiner Badeweihen, ſeiner Moſcheen und Fa¬
ſten iſt, kein Moslem, der zur Annahme des Chriſten¬
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