Gutzkow, Karl: Öffentliche Charaktere. Bd. 1. Hamburg, 1835.Martinez de la Rosa. Widerstand gegen eine Entschädigung, welche Riego ver¬langte, machte ihn unpopulär, noch mehr die Debatte über die unter dem Namen "die Perser" bekannten meineidigen Deputirten, und am Schlusse der Sitzung von 1821 das Repressivgesetz Toreno's, welches er eif¬ rig unterstützte. Das Volk stürzte Toreno's Wagen um, und belagerte nach des Grafen Hause auch das des erschrockenen Dichters, der hier Scenen aus seinen Tragödien wiederkehren sah. Nichts destoweniger erhielt er mit Anfang der Sitzung von 1822, im Februar, das Portefeuille des Auswärtigen. Die Zusammense¬ tzung dieses neuen Ministeriums war unpopulär genug: es war aus der Majorität der entlassenen Cortes ge¬ bildet, die sich durch ihren Servilismus dem Volke so verhaßt gemacht hatten. Die neue Kammer galt für unabhängiger, als alle früheren; Riego war im An¬ fange selbst ihr Präsident. Martinez, der sich schon lange an die ministerielle Physiognomie gewöhnt hatte, fand in seiner neuen Würde, für die seine Uneigennü¬ tzigkeit sich nicht bezahlen ließ, einen schwierigen Stand. Der Kongreß saß drohend in Verona, die Glaubens¬ armee organisirte sich in den Gebirgen, die Camarilla Ferdinands konspirirte, in Valenzia und Pampeluna brachen royalistische Tumulte aus. Und dennoch schien Martinez de la Roſa. Widerſtand gegen eine Entſchaͤdigung, welche Riego ver¬langte, machte ihn unpopulaͤr, noch mehr die Debatte uͤber die unter dem Namen „die Perſer” bekannten meineidigen Deputirten, und am Schluſſe der Sitzung von 1821 das Repreſſivgeſetz Toreno's, welches er eif¬ rig unterſtuͤtzte. Das Volk ſtuͤrzte Toreno's Wagen um, und belagerte nach des Grafen Hauſe auch das des erſchrockenen Dichters, der hier Scenen aus ſeinen Tragoͤdien wiederkehren ſah. Nichts deſtoweniger erhielt er mit Anfang der Sitzung von 1822, im Februar, das Portefeuille des Auswaͤrtigen. Die Zuſammenſe¬ tzung dieſes neuen Miniſteriums war unpopulaͤr genug: es war aus der Majoritaͤt der entlaſſenen Cortes ge¬ bildet, die ſich durch ihren Servilismus dem Volke ſo verhaßt gemacht hatten. Die neue Kammer galt fuͤr unabhaͤngiger, als alle fruͤheren; Riego war im An¬ fange ſelbſt ihr Praͤſident. Martinez, der ſich ſchon lange an die miniſterielle Phyſiognomie gewoͤhnt hatte, fand in ſeiner neuen Wuͤrde, fuͤr die ſeine Uneigennuͤ¬ tzigkeit ſich nicht bezahlen ließ, einen ſchwierigen Stand. Der Kongreß ſaß drohend in Verona, die Glaubens¬ armee organiſirte ſich in den Gebirgen, die Camarilla Ferdinands konſpirirte, in Valenzia und Pampeluna brachen royaliſtiſche Tumulte aus. Und dennoch ſchien <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0057" n="39"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Martinez de la Roſa</hi>.<lb/></fw>Widerſtand gegen eine Entſchaͤdigung, welche Riego ver¬<lb/> langte, machte ihn unpopulaͤr, noch mehr die Debatte<lb/> uͤber die unter dem Namen „die Perſer” bekannten<lb/> meineidigen Deputirten, und am Schluſſe der Sitzung<lb/> von 1821 das Repreſſivgeſetz Toreno's, welches er eif¬<lb/> rig unterſtuͤtzte. Das Volk ſtuͤrzte Toreno's Wagen<lb/> um, und belagerte nach des Grafen Hauſe auch das<lb/> des erſchrockenen Dichters, der hier Scenen aus ſeinen<lb/> Tragoͤdien wiederkehren ſah. Nichts deſtoweniger erhielt<lb/> er mit Anfang der Sitzung von 1822, im Februar,<lb/> das Portefeuille des Auswaͤrtigen. Die Zuſammenſe¬<lb/> tzung dieſes neuen Miniſteriums war unpopulaͤr genug:<lb/> es war aus der Majoritaͤt der entlaſſenen Cortes ge¬<lb/> bildet, die ſich durch ihren Servilismus dem Volke ſo<lb/> verhaßt gemacht hatten. Die neue Kammer galt fuͤr<lb/> unabhaͤngiger, als alle fruͤheren; Riego war im An¬<lb/> fange ſelbſt ihr Praͤſident. Martinez, der ſich ſchon<lb/> lange an die miniſterielle Phyſiognomie gewoͤhnt hatte,<lb/> fand in ſeiner neuen Wuͤrde, fuͤr die ſeine Uneigennuͤ¬<lb/> tzigkeit ſich nicht bezahlen ließ, einen ſchwierigen Stand.<lb/> Der Kongreß ſaß drohend in Verona, die Glaubens¬<lb/> armee organiſirte ſich in den Gebirgen, die Camarilla<lb/> Ferdinands konſpirirte, in Valenzia und Pampeluna<lb/> brachen royaliſtiſche Tumulte aus. Und dennoch ſchien<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [39/0057]
Martinez de la Roſa.
Widerſtand gegen eine Entſchaͤdigung, welche Riego ver¬
langte, machte ihn unpopulaͤr, noch mehr die Debatte
uͤber die unter dem Namen „die Perſer” bekannten
meineidigen Deputirten, und am Schluſſe der Sitzung
von 1821 das Repreſſivgeſetz Toreno's, welches er eif¬
rig unterſtuͤtzte. Das Volk ſtuͤrzte Toreno's Wagen
um, und belagerte nach des Grafen Hauſe auch das
des erſchrockenen Dichters, der hier Scenen aus ſeinen
Tragoͤdien wiederkehren ſah. Nichts deſtoweniger erhielt
er mit Anfang der Sitzung von 1822, im Februar,
das Portefeuille des Auswaͤrtigen. Die Zuſammenſe¬
tzung dieſes neuen Miniſteriums war unpopulaͤr genug:
es war aus der Majoritaͤt der entlaſſenen Cortes ge¬
bildet, die ſich durch ihren Servilismus dem Volke ſo
verhaßt gemacht hatten. Die neue Kammer galt fuͤr
unabhaͤngiger, als alle fruͤheren; Riego war im An¬
fange ſelbſt ihr Praͤſident. Martinez, der ſich ſchon
lange an die miniſterielle Phyſiognomie gewoͤhnt hatte,
fand in ſeiner neuen Wuͤrde, fuͤr die ſeine Uneigennuͤ¬
tzigkeit ſich nicht bezahlen ließ, einen ſchwierigen Stand.
Der Kongreß ſaß drohend in Verona, die Glaubens¬
armee organiſirte ſich in den Gebirgen, die Camarilla
Ferdinands konſpirirte, in Valenzia und Pampeluna
brachen royaliſtiſche Tumulte aus. Und dennoch ſchien
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeAb Oktober 1834 ließ Karl Gutzkow seine als Serie… [mehr] Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |