Gutzkow, Karl: Öffentliche Charaktere. Bd. 1. Hamburg, 1835.Martinez de la Rosa. ein Antrag, den Graf Toreno unterstützte, und ziemlichreformatorisch zu einem rein politischen machte. Ja, er sprach sogar für die Geschwornen, welche ihm in ei¬ ner neulichen Sitzung der Prokuratoren ein zu frühes Geschenk waren. Er nahm sich lebhaft der Josephinos an und bewirkte eine Amnestie für sie, kurz, es gab mannichfache Gelegenheit, wo er sein Talent und sei¬ nen Patriotismus zeigen konnte. Doch sprach sich seine späterhin prononzirte politische Nüance gleichfalls allmäh¬ lich aus. Viele seiner Meinungen waren gegen die politischen Klubbs gerichtet, und als am 4. September 1820 diese Frage aufs neue zur Sprache kam, treffen wir auf eine merkwürdige Allianz zwischen Martinez de la Rosa, Moscoso, Garely und Toreno, die sich in unsern Tagen wieder erneuert hat. Martinez sagte da¬ mals: "Es ist nothwendig, zum Vortheile der natür¬ lichen Freiheit der bürgerlichen und politischen Schran¬ ken zu setzen;" ein Satz, der erst dann wahr ist, wenn man ihn umkehrt. Der doktrinaire Pedantismus, der seine jetzigen Reden auf der Ministerbank so unver¬ kennbar charakterisirt, zeigte sich auch damals schon: Martinez distinguirte gern und zog sich, wie alle poli¬ tisch Zaghaften, auf die Phrase zurück, daß man die Dinge auch von der andern Seite ansehen müsse. Sein Martinez de la Roſa. ein Antrag, den Graf Toreno unterſtuͤtzte, und ziemlichreformatoriſch zu einem rein politiſchen machte. Ja, er ſprach ſogar fuͤr die Geſchwornen, welche ihm in ei¬ ner neulichen Sitzung der Prokuratoren ein zu fruͤhes Geſchenk waren. Er nahm ſich lebhaft der Joſephinos an und bewirkte eine Amneſtie fuͤr ſie, kurz, es gab mannichfache Gelegenheit, wo er ſein Talent und ſei¬ nen Patriotismus zeigen konnte. Doch ſprach ſich ſeine ſpaͤterhin prononzirte politiſche Nuͤance gleichfalls allmaͤh¬ lich aus. Viele ſeiner Meinungen waren gegen die politiſchen Klubbs gerichtet, und als am 4. September 1820 dieſe Frage aufs neue zur Sprache kam, treffen wir auf eine merkwuͤrdige Allianz zwiſchen Martinez de la Roſa, Moscoſo, Garely und Toreno, die ſich in unſern Tagen wieder erneuert hat. Martinez ſagte da¬ mals: „Es iſt nothwendig, zum Vortheile der natuͤr¬ lichen Freiheit der buͤrgerlichen und politiſchen Schran¬ ken zu ſetzen;“ ein Satz, der erſt dann wahr iſt, wenn man ihn umkehrt. Der doktrinaire Pedantismus, der ſeine jetzigen Reden auf der Miniſterbank ſo unver¬ kennbar charakteriſirt, zeigte ſich auch damals ſchon: Martinez diſtinguirte gern und zog ſich, wie alle poli¬ tiſch Zaghaften, auf die Phraſe zuruͤck, daß man die Dinge auch von der andern Seite anſehen muͤſſe. Sein <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0056" n="38"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Martinez de la Roſa</hi>.<lb/></fw>ein Antrag, den Graf Toreno unterſtuͤtzte, und ziemlich<lb/> reformatoriſch zu einem rein politiſchen machte. Ja,<lb/> er ſprach ſogar fuͤr die Geſchwornen, welche ihm in ei¬<lb/> ner neulichen Sitzung der Prokuratoren ein zu <hi rendition="#g">fruͤhes</hi><lb/> Geſchenk waren. Er nahm ſich lebhaft der Joſephinos<lb/> an und bewirkte eine Amneſtie fuͤr ſie, kurz, es gab<lb/> mannichfache Gelegenheit, wo er ſein Talent und ſei¬<lb/> nen Patriotismus zeigen konnte. Doch ſprach ſich ſeine<lb/> ſpaͤterhin prononzirte politiſche Nuͤance gleichfalls allmaͤh¬<lb/> lich aus. Viele ſeiner Meinungen waren gegen die<lb/> politiſchen Klubbs gerichtet, und als am 4. September<lb/> 1820 dieſe Frage aufs neue zur Sprache kam, treffen<lb/> wir auf eine merkwuͤrdige Allianz zwiſchen Martinez de<lb/> la Roſa, Moscoſo, Garely und Toreno, die ſich in<lb/> unſern Tagen wieder erneuert hat. Martinez ſagte da¬<lb/> mals: „Es iſt nothwendig, zum Vortheile der natuͤr¬<lb/> lichen Freiheit der buͤrgerlichen und politiſchen Schran¬<lb/> ken zu ſetzen;“ ein Satz, der erſt dann wahr iſt, wenn<lb/> man ihn umkehrt. Der doktrinaire Pedantismus, der<lb/> ſeine jetzigen Reden auf der Miniſterbank ſo unver¬<lb/> kennbar charakteriſirt, zeigte ſich auch damals ſchon:<lb/> Martinez diſtinguirte gern und zog ſich, wie alle poli¬<lb/> tiſch Zaghaften, auf die Phraſe zuruͤck, daß man die<lb/> Dinge auch von der andern Seite anſehen muͤſſe. Sein<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [38/0056]
Martinez de la Roſa.
ein Antrag, den Graf Toreno unterſtuͤtzte, und ziemlich
reformatoriſch zu einem rein politiſchen machte. Ja,
er ſprach ſogar fuͤr die Geſchwornen, welche ihm in ei¬
ner neulichen Sitzung der Prokuratoren ein zu fruͤhes
Geſchenk waren. Er nahm ſich lebhaft der Joſephinos
an und bewirkte eine Amneſtie fuͤr ſie, kurz, es gab
mannichfache Gelegenheit, wo er ſein Talent und ſei¬
nen Patriotismus zeigen konnte. Doch ſprach ſich ſeine
ſpaͤterhin prononzirte politiſche Nuͤance gleichfalls allmaͤh¬
lich aus. Viele ſeiner Meinungen waren gegen die
politiſchen Klubbs gerichtet, und als am 4. September
1820 dieſe Frage aufs neue zur Sprache kam, treffen
wir auf eine merkwuͤrdige Allianz zwiſchen Martinez de
la Roſa, Moscoſo, Garely und Toreno, die ſich in
unſern Tagen wieder erneuert hat. Martinez ſagte da¬
mals: „Es iſt nothwendig, zum Vortheile der natuͤr¬
lichen Freiheit der buͤrgerlichen und politiſchen Schran¬
ken zu ſetzen;“ ein Satz, der erſt dann wahr iſt, wenn
man ihn umkehrt. Der doktrinaire Pedantismus, der
ſeine jetzigen Reden auf der Miniſterbank ſo unver¬
kennbar charakteriſirt, zeigte ſich auch damals ſchon:
Martinez diſtinguirte gern und zog ſich, wie alle poli¬
tiſch Zaghaften, auf die Phraſe zuruͤck, daß man die
Dinge auch von der andern Seite anſehen muͤſſe. Sein
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