Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gutzkow, Karl: Öffentliche Charaktere. Bd. 1. Hamburg, 1835.

Bild:
<< vorherige Seite

Martinez de la Rosa.
wünscht, und sich nach dem stillen Umgange mit den
Musen gesehnt haben. Sein Leben war in Gefahr,
die siegtrunkene Partei, welche viele Opfer zu betrauern
hatte, wollte anfangs die Minister für das Geschehene
verantwortlich machen; doch da Spanien wiederum das
Unglück hatte, ein abgenutztes Ministerium aus alten
Trümmern früherer, die schon gescheitert waren, zu be¬
kommen, so fiel die Anklage, und Martinez zog es
vor, sich allmählich ganz vom Schauplatze des Tages
zurückzuziehen. Bald wurde auch der Absolutismus in
Spanien zum Zweitenmale restaurirt. Die französischen
Bajonnette setzten Ferdinand in ein plein pouvoir ein,
das er auch zunächst gegen die Anhänger der Konsti¬
tution, die er so oft falsch beschworen hatte, in blu¬
tige und konfiskatorische Anwendung brachte. Martinez
de la Rosa fürchtete die Tage von Ceuta und zog
mit den Proscribirten über die Pyrenäen.

Die sieben Jahre der Verbannung brachte Marti¬
nez zum großen Theile in Paris zu. Er gab sich li¬
terarischen Beschäftigungen hin, welche immer politische
Leiden am leichtesten vergessen machen. Mit seinen
Landsleuten gespannt, schloß er sich selbst von ihren
Konspirationen aus, dichtete, ästhetisirte und sammelte
seine Schriften, welche mit vieler Eleganz bei Didot

Martinez de la Roſa.
wuͤnſcht, und ſich nach dem ſtillen Umgange mit den
Muſen geſehnt haben. Sein Leben war in Gefahr,
die ſiegtrunkene Partei, welche viele Opfer zu betrauern
hatte, wollte anfangs die Miniſter fuͤr das Geſchehene
verantwortlich machen; doch da Spanien wiederum das
Ungluͤck hatte, ein abgenutztes Miniſterium aus alten
Truͤmmern fruͤherer, die ſchon geſcheitert waren, zu be¬
kommen, ſo fiel die Anklage, und Martinez zog es
vor, ſich allmaͤhlich ganz vom Schauplatze des Tages
zuruͤckzuziehen. Bald wurde auch der Abſolutismus in
Spanien zum Zweitenmale reſtaurirt. Die franzoͤſiſchen
Bajonnette setzten Ferdinand in ein plein pouvoir ein,
das er auch zunaͤchſt gegen die Anhaͤnger der Konſti¬
tution, die er ſo oft falſch beſchworen hatte, in blu¬
tige und konfiskatoriſche Anwendung brachte. Martinez
de la Roſa fuͤrchtete die Tage von Ceuta und zog
mit den Proſcribirten uͤber die Pyrenaͤen.

Die ſieben Jahre der Verbannung brachte Marti¬
nez zum großen Theile in Paris zu. Er gab ſich li¬
terariſchen Beſchaͤftigungen hin, welche immer politiſche
Leiden am leichteſten vergeſſen machen. Mit ſeinen
Landsleuten geſpannt, ſchloß er ſich ſelbſt von ihren
Konſpirationen aus, dichtete, aͤſthetiſirte und ſammelte
ſeine Schriften, welche mit vieler Eleganz bei Didot

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0061" n="43"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Martinez de la Ro&#x017F;a</hi>.<lb/></fw>wu&#x0364;n&#x017F;cht, und &#x017F;ich nach dem &#x017F;tillen Umgange mit den<lb/>
Mu&#x017F;en ge&#x017F;ehnt haben. Sein Leben war in Gefahr,<lb/>
die &#x017F;iegtrunkene Partei, welche viele Opfer zu betrauern<lb/>
hatte, wollte anfangs die Mini&#x017F;ter fu&#x0364;r das Ge&#x017F;chehene<lb/>
verantwortlich machen; doch da Spanien wiederum das<lb/>
Unglu&#x0364;ck hatte, ein abgenutztes Mini&#x017F;terium aus alten<lb/>
Tru&#x0364;mmern fru&#x0364;herer, die &#x017F;chon ge&#x017F;cheitert waren, zu be¬<lb/>
kommen, &#x017F;o fiel die Anklage, und Martinez zog es<lb/>
vor, &#x017F;ich allma&#x0364;hlich ganz vom Schauplatze des Tages<lb/>
zuru&#x0364;ckzuziehen. Bald wurde auch der Ab&#x017F;olutismus in<lb/>
Spanien zum Zweitenmale re&#x017F;taurirt. Die franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;chen<lb/>
Bajonnette setzten Ferdinand in ein <hi rendition="#aq">plein pouvoir</hi> ein,<lb/>
das er auch zuna&#x0364;ch&#x017F;t gegen die Anha&#x0364;nger der Kon&#x017F;ti¬<lb/>
tution, die er &#x017F;o oft fal&#x017F;ch be&#x017F;chworen hatte, in blu¬<lb/>
tige und konfiskatori&#x017F;che Anwendung brachte. Martinez<lb/>
de la Ro&#x017F;a fu&#x0364;rchtete die Tage von Ceuta und zog<lb/>
mit den Pro&#x017F;cribirten u&#x0364;ber die Pyrena&#x0364;en.</p><lb/>
        <p>Die &#x017F;ieben Jahre der Verbannung brachte Marti¬<lb/>
nez zum großen Theile in Paris zu. Er gab &#x017F;ich li¬<lb/>
terari&#x017F;chen Be&#x017F;cha&#x0364;ftigungen hin, welche immer politi&#x017F;che<lb/>
Leiden am leichte&#x017F;ten verge&#x017F;&#x017F;en machen. Mit &#x017F;einen<lb/>
Landsleuten ge&#x017F;pannt, &#x017F;chloß er &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t von ihren<lb/>
Kon&#x017F;pirationen aus, dichtete, a&#x0364;&#x017F;theti&#x017F;irte und &#x017F;ammelte<lb/>
&#x017F;eine Schriften, welche mit vieler Eleganz bei Didot<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[43/0061] Martinez de la Roſa. wuͤnſcht, und ſich nach dem ſtillen Umgange mit den Muſen geſehnt haben. Sein Leben war in Gefahr, die ſiegtrunkene Partei, welche viele Opfer zu betrauern hatte, wollte anfangs die Miniſter fuͤr das Geſchehene verantwortlich machen; doch da Spanien wiederum das Ungluͤck hatte, ein abgenutztes Miniſterium aus alten Truͤmmern fruͤherer, die ſchon geſcheitert waren, zu be¬ kommen, ſo fiel die Anklage, und Martinez zog es vor, ſich allmaͤhlich ganz vom Schauplatze des Tages zuruͤckzuziehen. Bald wurde auch der Abſolutismus in Spanien zum Zweitenmale reſtaurirt. Die franzoͤſiſchen Bajonnette setzten Ferdinand in ein plein pouvoir ein, das er auch zunaͤchſt gegen die Anhaͤnger der Konſti¬ tution, die er ſo oft falſch beſchworen hatte, in blu¬ tige und konfiskatoriſche Anwendung brachte. Martinez de la Roſa fuͤrchtete die Tage von Ceuta und zog mit den Proſcribirten uͤber die Pyrenaͤen. Die ſieben Jahre der Verbannung brachte Marti¬ nez zum großen Theile in Paris zu. Er gab ſich li¬ terariſchen Beſchaͤftigungen hin, welche immer politiſche Leiden am leichteſten vergeſſen machen. Mit ſeinen Landsleuten geſpannt, ſchloß er ſich ſelbſt von ihren Konſpirationen aus, dichtete, aͤſthetiſirte und ſammelte ſeine Schriften, welche mit vieler Eleganz bei Didot

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Ab Oktober 1834 ließ Karl Gutzkow seine als Serie… [mehr]

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_charaktere_1835
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_charaktere_1835/61
Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Öffentliche Charaktere. Bd. 1. Hamburg, 1835, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_charaktere_1835/61>, abgerufen am 09.11.2024.