Gutzkow, Karl: Öffentliche Charaktere. Bd. 1. Hamburg, 1835.Chateaubriand. setzt, beginnt er aufs Neue seine schriftstellerische Choua¬nerie, er heftet seinen Ruf an den Unterrock einer Frau, er küßt die Fußstapfen der Herzogin von Berry, und wird der geheimnißvolle Telegraph ihrer abenteuer¬ lichen Reisen. Wir wissen, wie sich Alles in Skandal auflöste. O das moderne Schicksal ist ein grausamer Hu¬ Chateaubriand war zerknirrscht. Seinem Pilgrims¬ Doch was wollt Ihr? Chateaubriands Treue ging Chateaubriand. ſetzt, beginnt er aufs Neue ſeine ſchriftſtelleriſche Choua¬nerie, er heftet ſeinen Ruf an den Unterrock einer Frau, er kuͤßt die Fußſtapfen der Herzogin von Berry, und wird der geheimnißvolle Telegraph ihrer abenteuer¬ lichen Reiſen. Wir wiſſen, wie ſich Alles in Skandal aufloͤſte. O das moderne Schickſal iſt ein grauſamer Hu¬ Chateaubriand war zerknirrſcht. Seinem Pilgrims¬ Doch was wollt Ihr? Chateaubriands Treue ging <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0098" n="80"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Chateaubriand</hi>.<lb/></fw>ſetzt, beginnt er aufs Neue ſeine ſchriftſtelleriſche Choua¬<lb/> nerie, er heftet ſeinen Ruf an den Unterrock einer<lb/> Frau, er kuͤßt die Fußſtapfen der Herzogin von Berry,<lb/> und wird der geheimnißvolle Telegraph ihrer abenteuer¬<lb/> lichen Reiſen.</p><lb/> <p>Wir wiſſen, wie ſich Alles in Skandal aufloͤſte.<lb/> Die himmliſche Glorie zertheilte ſich, und mit gemei¬<lb/> nem Laͤcheln trat aus ihr die Hebamme hervor.</p><lb/> <p>O das moderne Schickſal iſt ein grauſamer Hu¬<lb/> maniſt! Keine poetiſche Staffage mehr, der man trauen<lb/> duͤrfte: das Erhabene zeigt ploͤtzlich einen Zopf, wie<lb/> das Heidelberger Faß einen Fuchsſchwanz; das Mittel¬<lb/> alter erhaͤlt Hofrathspatente. Kein Koſtuͤme iſt regel¬<lb/> recht; die Schneider dieſer Welt erlauben ſich immer<lb/> etwas Laͤcherliches, und ich zweifle, ob uns je das<lb/> Schickſal einen Grafen Bruͤhl unſrer hiſtoriſcher Ein¬<lb/> kleidung ſchicken wird.</p><lb/> <p>Chateaubriand war zerknirrſcht. Seinem Pilgrims¬<lb/> kleide entfiel ein Saugbeutel; auf dem goldnen Schilde<lb/> des letzten Kreuzfahrers war ein Gevatterbrief zu leſen:<lb/> er kam gerade zur rechten Zeit.</p><lb/> <p>Doch was wollt Ihr? Chateaubriands Treue ging<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [80/0098]
Chateaubriand.
ſetzt, beginnt er aufs Neue ſeine ſchriftſtelleriſche Choua¬
nerie, er heftet ſeinen Ruf an den Unterrock einer
Frau, er kuͤßt die Fußſtapfen der Herzogin von Berry,
und wird der geheimnißvolle Telegraph ihrer abenteuer¬
lichen Reiſen.
Wir wiſſen, wie ſich Alles in Skandal aufloͤſte.
Die himmliſche Glorie zertheilte ſich, und mit gemei¬
nem Laͤcheln trat aus ihr die Hebamme hervor.
O das moderne Schickſal iſt ein grauſamer Hu¬
maniſt! Keine poetiſche Staffage mehr, der man trauen
duͤrfte: das Erhabene zeigt ploͤtzlich einen Zopf, wie
das Heidelberger Faß einen Fuchsſchwanz; das Mittel¬
alter erhaͤlt Hofrathspatente. Kein Koſtuͤme iſt regel¬
recht; die Schneider dieſer Welt erlauben ſich immer
etwas Laͤcherliches, und ich zweifle, ob uns je das
Schickſal einen Grafen Bruͤhl unſrer hiſtoriſcher Ein¬
kleidung ſchicken wird.
Chateaubriand war zerknirrſcht. Seinem Pilgrims¬
kleide entfiel ein Saugbeutel; auf dem goldnen Schilde
des letzten Kreuzfahrers war ein Gevatterbrief zu leſen:
er kam gerade zur rechten Zeit.
Doch was wollt Ihr? Chateaubriands Treue ging
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