[Gutzkow, Karl]: Briefe eines Narren an eine Närrin. Hamburg, 1832.Wann sich die Könige von ihren Thronen trennen werden, weiß ich nicht. Viele erwarten, daß die Fürsten einst in den Wissenschaften so weit vorrücken, daß sie von ihrer eignen Entbehrlichkeit überzeugt, jene verlassen werden. Gott möge diese Studien segnen. Einstweilen aber, Du geliebtes Bild, constituiren wir uns Beide zu der Republik der Liebe. Wir wollen das Beispiel aufstellen, daß es auch in dieser Staatsform Treue, Hingebung, Aufopferung geben könne. Sei auch der erste Sprößling dieser Ehe ein Napoleon, der zweite die Restauration und der letzte ein Thron, umgeben mit republicanischen Institutionen; unsere Enkel werden dennoch die Früchte unserer Anstrengungen zu schätzen und zu veredeln wissen. Das sind Hoffnungen, aber keine Träume. Gewiß, wir werden die goldnen Früchte brechen; denn unser Arm kann sie erreichen. Wir sollten für die Freiheit noch nicht reif sein? Seit wann geschähe die Zeitigung ohne die Zeit? Haben wir nicht Jahrhunderte durchlebt, ich, die Liebe, Du, die Wahrheit? Sind nicht die Völker so an uns vorübergegangen, daß wir Zeuge sein konnten, wie die Fürsten wohl manche alte Fesseln lösten, dafür aber neue schmiedeten, und wie die Völker sie wieder zerbrachen? Es ist wahr, Wann sich die Könige von ihren Thronen trennen werden, weiß ich nicht. Viele erwarten, daß die Fürsten einst in den Wissenschaften so weit vorrücken, daß sie von ihrer eignen Entbehrlichkeit überzeugt, jene verlassen werden. Gott möge diese Studien segnen. Einstweilen aber, Du geliebtes Bild, constituiren wir uns Beide zu der Republik der Liebe. Wir wollen das Beispiel aufstellen, daß es auch in dieser Staatsform Treue, Hingebung, Aufopferung geben könne. Sei auch der erste Sprößling dieser Ehe ein Napoleon, der zweite die Restauration und der letzte ein Thron, umgeben mit republicanischen Institutionen; unsere Enkel werden dennoch die Früchte unserer Anstrengungen zu schätzen und zu veredeln wissen. Das sind Hoffnungen, aber keine Träume. Gewiß, wir werden die goldnen Früchte brechen; denn unser Arm kann sie erreichen. Wir sollten für die Freiheit noch nicht reif sein? Seit wann geschähe die Zeitigung ohne die Zeit? Haben wir nicht Jahrhunderte durchlebt, ich, die Liebe, Du, die Wahrheit? Sind nicht die Völker so an uns vorübergegangen, daß wir Zeuge sein konnten, wie die Fürsten wohl manche alte Fesseln lösten, dafür aber neue schmiedeten, und wie die Völker sie wieder zerbrachen? Es ist wahr, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0122" n="109"/> <p> Wann sich die Könige von ihren Thronen trennen werden, weiß ich nicht. Viele erwarten, daß die Fürsten einst in den Wissenschaften so weit vorrücken, daß sie von ihrer eignen Entbehrlichkeit überzeugt, jene verlassen werden. Gott möge diese Studien segnen.</p> <p>Einstweilen aber, Du geliebtes Bild, constituiren wir uns Beide zu der Republik der Liebe. Wir wollen das Beispiel aufstellen, daß es auch in dieser Staatsform Treue, Hingebung, Aufopferung geben könne. Sei auch der erste Sprößling dieser Ehe ein Napoleon, der zweite die Restauration und der letzte ein Thron, umgeben mit republicanischen Institutionen; unsere Enkel werden dennoch die Früchte unserer Anstrengungen zu schätzen und zu veredeln wissen. Das sind Hoffnungen, aber keine Träume. Gewiß, wir werden die goldnen Früchte brechen; denn unser Arm kann sie erreichen.</p> <p>Wir sollten für die Freiheit noch nicht reif sein? Seit wann geschähe die Zeitigung ohne die Zeit? Haben wir nicht Jahrhunderte durchlebt, ich, die Liebe, Du, die Wahrheit? Sind nicht die Völker so an uns vorübergegangen, daß wir Zeuge sein konnten, wie die Fürsten wohl manche alte Fesseln lösten, dafür aber neue schmiedeten, und wie die Völker sie wieder zerbrachen? Es ist wahr, </p> </div> </body> </text> </TEI> [109/0122]
Wann sich die Könige von ihren Thronen trennen werden, weiß ich nicht. Viele erwarten, daß die Fürsten einst in den Wissenschaften so weit vorrücken, daß sie von ihrer eignen Entbehrlichkeit überzeugt, jene verlassen werden. Gott möge diese Studien segnen.
Einstweilen aber, Du geliebtes Bild, constituiren wir uns Beide zu der Republik der Liebe. Wir wollen das Beispiel aufstellen, daß es auch in dieser Staatsform Treue, Hingebung, Aufopferung geben könne. Sei auch der erste Sprößling dieser Ehe ein Napoleon, der zweite die Restauration und der letzte ein Thron, umgeben mit republicanischen Institutionen; unsere Enkel werden dennoch die Früchte unserer Anstrengungen zu schätzen und zu veredeln wissen. Das sind Hoffnungen, aber keine Träume. Gewiß, wir werden die goldnen Früchte brechen; denn unser Arm kann sie erreichen.
Wir sollten für die Freiheit noch nicht reif sein? Seit wann geschähe die Zeitigung ohne die Zeit? Haben wir nicht Jahrhunderte durchlebt, ich, die Liebe, Du, die Wahrheit? Sind nicht die Völker so an uns vorübergegangen, daß wir Zeuge sein konnten, wie die Fürsten wohl manche alte Fesseln lösten, dafür aber neue schmiedeten, und wie die Völker sie wieder zerbrachen? Es ist wahr,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Gutzkow Editionsprojekt: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in der Syntax des Gutzkow Editionsprojekts.
(2013-07-01T14:33:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus dem Gutzkow Editionsprojekt entsprechen muss.
Google Books: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2013-07-01T14:33:31Z)
Frederike Neuber: Konvertierung vom Markup des Gutzkow Editionsprojekts nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2013-07-01T14:33:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |