[Gutzkow, Karl]: Briefe eines Narren an eine Närrin. Hamburg, 1832.lichkeit zum Resultat. Die funfzehn Jahre der Restaurationsperiode hat man mit solchen Mißverständnissen hingebracht, und die geringe geistige Kraft, die sich in jener Zeit entfalten wollte, auf diesen Streit verwendet. Ich spreche noch immer von den Theologen. Zwischen jene Ungereimtheiten sind schon früh Vermittler, Versöhner getreten. Mit eigenem Ohr hab' ich einen solchen Besänftiger mit dem tönenden Glockenspiel seiner Rede aussagen hören, daß Christus am Kreuze subjectiv gestorben, objectiv aber nicht gestorben sei. Von diesen Concordienformeln mußt' ich mich also bald abwenden, und in Gemeinschaft mit Deinem zarten Sinne hofften wir auf die Aesthetischen, auf jene Liebhaber des Christenthums, die uns Fragmente aus ihren Jugendjahren geben, wie sie die Mutter zur Kirche und zum Wiedererzählen der Predigt angehalten, wie sie vor Wehmuth an heiligen Oertern sich nicht hätten lassen können, wie dies Heimathland das Ziel alles wahren Lebens sei. Wie wir da entzückt waren! welche poetische Seligkeit empfanden wir! Nun mußten wir aber doch nach und nach von diesen rechten Dilettanten auf Christus auch verlangen, daß sie uns über Wunder, die uns in diesem Gebiete bei jedem Schritt aufstoßen, ihre Erklärung abgeben. Gleich waren sie da mit der Meinung zur Hand, so wär' es lichkeit zum Resultat. Die funfzehn Jahre der Restaurationsperiode hat man mit solchen Mißverständnissen hingebracht, und die geringe geistige Kraft, die sich in jener Zeit entfalten wollte, auf diesen Streit verwendet. Ich spreche noch immer von den Theologen. Zwischen jene Ungereimtheiten sind schon früh Vermittler, Versöhner getreten. Mit eigenem Ohr hab’ ich einen solchen Besänftiger mit dem tönenden Glockenspiel seiner Rede aussagen hören, daß Christus am Kreuze subjectiv gestorben, objectiv aber nicht gestorben sei. Von diesen Concordienformeln mußt’ ich mich also bald abwenden, und in Gemeinschaft mit Deinem zarten Sinne hofften wir auf die Aesthetischen, auf jene Liebhaber des Christenthums, die uns Fragmente aus ihren Jugendjahren geben, wie sie die Mutter zur Kirche und zum Wiedererzählen der Predigt angehalten, wie sie vor Wehmuth an heiligen Oertern sich nicht hätten lassen können, wie dies Heimathland das Ziel alles wahren Lebens sei. Wie wir da entzückt waren! welche poetische Seligkeit empfanden wir! Nun mußten wir aber doch nach und nach von diesen rechten Dilettanten auf Christus auch verlangen, daß sie uns über Wunder, die uns in diesem Gebiete bei jedem Schritt aufstoßen, ihre Erklärung abgeben. Gleich waren sie da mit der Meinung zur Hand, so wär’ es <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0145" n="132"/> lichkeit zum Resultat. Die funfzehn Jahre der Restaurationsperiode hat man mit solchen Mißverständnissen hingebracht, und die geringe geistige Kraft, die sich in jener Zeit entfalten wollte, auf diesen Streit verwendet.</p> <p>Ich spreche noch immer von den Theologen. Zwischen jene Ungereimtheiten sind schon früh Vermittler, Versöhner getreten. Mit eigenem Ohr hab’ ich einen solchen Besänftiger mit dem tönenden Glockenspiel seiner Rede aussagen hören, daß Christus am Kreuze subjectiv gestorben, objectiv aber nicht gestorben sei. Von diesen Concordienformeln mußt’ ich mich also bald abwenden, und in Gemeinschaft mit Deinem zarten Sinne hofften wir auf die Aesthetischen, auf jene Liebhaber des Christenthums, die uns Fragmente aus ihren Jugendjahren geben, wie sie die Mutter zur Kirche und zum Wiedererzählen der Predigt angehalten, wie sie vor Wehmuth an heiligen Oertern sich nicht hätten lassen können, wie dies Heimathland das Ziel alles wahren Lebens sei. Wie wir da entzückt waren! welche poetische Seligkeit empfanden wir! Nun mußten wir aber doch nach und nach von diesen rechten Dilettanten auf Christus auch verlangen, daß sie uns über Wunder, die uns in diesem Gebiete bei jedem Schritt aufstoßen, ihre Erklärung abgeben. Gleich waren sie da mit der Meinung zur Hand, so wär’ es </p> </div> </body> </text> </TEI> [132/0145]
lichkeit zum Resultat. Die funfzehn Jahre der Restaurationsperiode hat man mit solchen Mißverständnissen hingebracht, und die geringe geistige Kraft, die sich in jener Zeit entfalten wollte, auf diesen Streit verwendet.
Ich spreche noch immer von den Theologen. Zwischen jene Ungereimtheiten sind schon früh Vermittler, Versöhner getreten. Mit eigenem Ohr hab’ ich einen solchen Besänftiger mit dem tönenden Glockenspiel seiner Rede aussagen hören, daß Christus am Kreuze subjectiv gestorben, objectiv aber nicht gestorben sei. Von diesen Concordienformeln mußt’ ich mich also bald abwenden, und in Gemeinschaft mit Deinem zarten Sinne hofften wir auf die Aesthetischen, auf jene Liebhaber des Christenthums, die uns Fragmente aus ihren Jugendjahren geben, wie sie die Mutter zur Kirche und zum Wiedererzählen der Predigt angehalten, wie sie vor Wehmuth an heiligen Oertern sich nicht hätten lassen können, wie dies Heimathland das Ziel alles wahren Lebens sei. Wie wir da entzückt waren! welche poetische Seligkeit empfanden wir! Nun mußten wir aber doch nach und nach von diesen rechten Dilettanten auf Christus auch verlangen, daß sie uns über Wunder, die uns in diesem Gebiete bei jedem Schritt aufstoßen, ihre Erklärung abgeben. Gleich waren sie da mit der Meinung zur Hand, so wär’ es
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Zitationshilfe: | [Gutzkow, Karl]: Briefe eines Narren an eine Närrin. Hamburg, 1832, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_narren_1832/145>, abgerufen am 16.02.2025. |