[Gutzkow, Karl]: Briefe eines Narren an eine Närrin. Hamburg, 1832.etwas Bestimmtes, ein gewisser Inhalt, ein Interesse ist, was Jene vertheidigen. Auch sie wollen nun mehr sein, als ein Medium, woran sich die im Hintergrunde gähnenden Massen zersetzen. Sie wollen nicht nur zerstören, sondern auch aufbauen, neben dem Schwert auch den Scepter führen. Von jeher hat es Männer gegeben, die über dem Kampfe der Parteien erst den wahren Mittelpunkt ihres Lebens finden wollten. Sie suchten das Außerordentliche, weil entweder ihre Bildung eigenthümlicher gestaltet war, oder der Drang ihrer Ueberzeugung sie trieb. Sie bedurften der Masse, aber nur des Gegensatzes und der Folie wegen. Der Eine suchte einen tieferen Frieden des Gemüths, den er im Lärm des Marktes nicht finden konnte, der Andere war Egoist aus Eitelkeit oder aus Reflexion. Diese Leute verlangen von der Wahrheit, daß sie auch immer neu, von ihrer Darstellung, daß sie Jedem überraschend scheine. Daher verschmähen sie eine Gemeinde, wo der Schüler vom Meister nur durch den Unterschied des Alters getrennt wird. Wir Deutsche würden mehr Vertheidiger der politischen Freiheit aufweisen können, wenn sie mit unserer Kunst, Wissenschaft und Literatur inniger zusammen hinge. Weil sich die politische Wirksamkeit selbst in den Weg treten etwas Bestimmtes, ein gewisser Inhalt, ein Interesse ist, was Jene vertheidigen. Auch sie wollen nun mehr sein, als ein Medium, woran sich die im Hintergrunde gähnenden Massen zersetzen. Sie wollen nicht nur zerstören, sondern auch aufbauen, neben dem Schwert auch den Scepter führen. Von jeher hat es Männer gegeben, die über dem Kampfe der Parteien erst den wahren Mittelpunkt ihres Lebens finden wollten. Sie suchten das Außerordentliche, weil entweder ihre Bildung eigenthümlicher gestaltet war, oder der Drang ihrer Ueberzeugung sie trieb. Sie bedurften der Masse, aber nur des Gegensatzes und der Folie wegen. Der Eine suchte einen tieferen Frieden des Gemüths, den er im Lärm des Marktes nicht finden konnte, der Andere war Egoist aus Eitelkeit oder aus Reflexion. Diese Leute verlangen von der Wahrheit, daß sie auch immer neu, von ihrer Darstellung, daß sie Jedem überraschend scheine. Daher verschmähen sie eine Gemeinde, wo der Schüler vom Meister nur durch den Unterschied des Alters getrennt wird. Wir Deutsche würden mehr Vertheidiger der politischen Freiheit aufweisen können, wenn sie mit unserer Kunst, Wissenschaft und Literatur inniger zusammen hinge. Weil sich die politische Wirksamkeit selbst in den Weg treten <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0227" n="214"/> etwas Bestimmtes, ein gewisser Inhalt, ein Interesse ist, was Jene vertheidigen. Auch sie wollen nun mehr sein, als ein Medium, woran sich die im Hintergrunde gähnenden Massen zersetzen. Sie wollen nicht nur zerstören, sondern auch aufbauen, neben dem Schwert auch den Scepter führen.</p> <p>Von jeher hat es Männer gegeben, die über dem Kampfe der Parteien erst den wahren Mittelpunkt ihres Lebens finden wollten. Sie suchten das Außerordentliche, weil entweder ihre Bildung eigenthümlicher gestaltet war, oder der Drang ihrer Ueberzeugung sie trieb. Sie bedurften der Masse, aber nur des Gegensatzes und der Folie wegen. Der Eine suchte einen tieferen Frieden des Gemüths, den er im Lärm des Marktes nicht finden konnte, der Andere war Egoist aus Eitelkeit oder aus Reflexion. Diese Leute verlangen von der Wahrheit, daß sie auch immer neu, von ihrer Darstellung, daß sie Jedem überraschend scheine. Daher verschmähen sie eine Gemeinde, wo der Schüler vom Meister nur durch den Unterschied des Alters getrennt wird. Wir Deutsche würden mehr Vertheidiger der politischen Freiheit aufweisen können, wenn sie mit unserer Kunst, Wissenschaft und Literatur inniger zusammen hinge. Weil sich die politische Wirksamkeit selbst in den Weg treten </p> </div> </body> </text> </TEI> [214/0227]
etwas Bestimmtes, ein gewisser Inhalt, ein Interesse ist, was Jene vertheidigen. Auch sie wollen nun mehr sein, als ein Medium, woran sich die im Hintergrunde gähnenden Massen zersetzen. Sie wollen nicht nur zerstören, sondern auch aufbauen, neben dem Schwert auch den Scepter führen.
Von jeher hat es Männer gegeben, die über dem Kampfe der Parteien erst den wahren Mittelpunkt ihres Lebens finden wollten. Sie suchten das Außerordentliche, weil entweder ihre Bildung eigenthümlicher gestaltet war, oder der Drang ihrer Ueberzeugung sie trieb. Sie bedurften der Masse, aber nur des Gegensatzes und der Folie wegen. Der Eine suchte einen tieferen Frieden des Gemüths, den er im Lärm des Marktes nicht finden konnte, der Andere war Egoist aus Eitelkeit oder aus Reflexion. Diese Leute verlangen von der Wahrheit, daß sie auch immer neu, von ihrer Darstellung, daß sie Jedem überraschend scheine. Daher verschmähen sie eine Gemeinde, wo der Schüler vom Meister nur durch den Unterschied des Alters getrennt wird. Wir Deutsche würden mehr Vertheidiger der politischen Freiheit aufweisen können, wenn sie mit unserer Kunst, Wissenschaft und Literatur inniger zusammen hinge. Weil sich die politische Wirksamkeit selbst in den Weg treten
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