Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Gutzkow, Karl]: Briefe eines Narren an eine Närrin. Hamburg, 1832.

Bild:
<< vorherige Seite

Staat schon im Mutterleibe purificirt hat. Die Absicht dieser Männer kann edel und rein sein, aber sie thun selbst Nichts, daß man sie mit jenen Hochgestellten, die ohne zu wissen wie? in den Ruf der Freiheitsliebe gekommen sind, nicht verwechsele. Wir haben nämlich genug besternte und bebänderte Herren, die man für Freunde des Volks ausgibt. Ich pflege bei der Namennennung dieser Personen an jene Ludwig den Vierzehnten vorstellenden Reiterstatuen zu denken, an deren Schwerte diesem hochverrätherischen, liberticiden Schwerte das entzückte französische Volk in den ersten Jahren der Revolution mächtige Nationalcocarden von Eisenblech anheftete, ein Scherz, der als Scherz zu viel Wahrheit enthält, als Ernst aber mindestens geschmacklos ist. Die Freihheit trägt nie den Kammerherrnschlüssel.

Warum nur die Frauen nicht frei mauren dürfen? Wie geschickt würden Deine Schwestern Kalk und Mörtel herantragen! Wie angenehm würden sie die Freuden des Mahles würzen! Leider hast Du mich einmal vor Jahren versichert, Du Himmlische wollest Dich in keinen andern Bund einlassen, als in einen mit meinem Herzen; zu welchem Zwecke? hab' ich vergessen: wollten wir nicht Beide einen königl. sächsischen Mäßigkeitsverein ausmachen? oder wie war das? Eines aber

Staat schon im Mutterleibe purificirt hat. Die Absicht dieser Männer kann edel und rein sein, aber sie thun selbst Nichts, daß man sie mit jenen Hochgestellten, die ohne zu wissen wie? in den Ruf der Freiheitsliebe gekommen sind, nicht verwechsele. Wir haben nämlich genug besternte und bebänderte Herren, die man für Freunde des Volks ausgibt. Ich pflege bei der Namennennung dieser Personen an jene Ludwig den Vierzehnten vorstellenden Reiterstatuen zu denken, an deren Schwerte diesem hochverrätherischen, liberticiden Schwerte das entzückte französische Volk in den ersten Jahren der Revolution mächtige Nationalcocarden von Eisenblech anheftete, ein Scherz, der als Scherz zu viel Wahrheit enthält, als Ernst aber mindestens geschmacklos ist. Die Freihheit trägt nie den Kammerherrnschlüssel.

Warum nur die Frauen nicht frei mauren dürfen? Wie geschickt würden Deine Schwestern Kalk und Mörtel herantragen! Wie angenehm würden sie die Freuden des Mahles würzen! Leider hast Du mich einmal vor Jahren versichert, Du Himmlische wollest Dich in keinen andern Bund einlassen, als in einen mit meinem Herzen; zu welchem Zwecke? hab’ ich vergessen: wollten wir nicht Beide einen königl. sächsischen Mäßigkeitsverein ausmachen? oder wie war das? Eines aber

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0256" n="243"/>
Staat schon im Mutterleibe purificirt hat. Die Absicht dieser Männer kann edel und rein sein, aber sie thun selbst Nichts, daß man sie mit jenen Hochgestellten, die ohne zu wissen wie? in den Ruf der Freiheitsliebe gekommen sind, nicht verwechsele. Wir haben nämlich genug besternte und bebänderte Herren, die man für Freunde des Volks ausgibt. Ich pflege bei der Namennennung dieser Personen an jene Ludwig den Vierzehnten vorstellenden Reiterstatuen zu denken, an deren Schwerte diesem hochverrätherischen, liberticiden Schwerte das entzückte französische Volk in den ersten Jahren der Revolution mächtige Nationalcocarden von Eisenblech anheftete, ein Scherz, der als Scherz zu viel Wahrheit enthält, als Ernst aber mindestens geschmacklos ist. Die Freihheit trägt nie den Kammerherrnschlüssel.</p>
        <p>Warum nur die Frauen nicht frei mauren dürfen? Wie geschickt würden Deine Schwestern Kalk und Mörtel herantragen! Wie angenehm würden sie die Freuden des Mahles würzen! Leider hast Du mich einmal vor Jahren versichert, Du Himmlische wollest Dich in keinen andern Bund einlassen, als in einen mit meinem Herzen; zu welchem Zwecke? hab&#x2019; ich vergessen: wollten wir nicht Beide einen königl. sächsischen Mäßigkeitsverein ausmachen? oder wie war das? Eines aber
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[243/0256] Staat schon im Mutterleibe purificirt hat. Die Absicht dieser Männer kann edel und rein sein, aber sie thun selbst Nichts, daß man sie mit jenen Hochgestellten, die ohne zu wissen wie? in den Ruf der Freiheitsliebe gekommen sind, nicht verwechsele. Wir haben nämlich genug besternte und bebänderte Herren, die man für Freunde des Volks ausgibt. Ich pflege bei der Namennennung dieser Personen an jene Ludwig den Vierzehnten vorstellenden Reiterstatuen zu denken, an deren Schwerte diesem hochverrätherischen, liberticiden Schwerte das entzückte französische Volk in den ersten Jahren der Revolution mächtige Nationalcocarden von Eisenblech anheftete, ein Scherz, der als Scherz zu viel Wahrheit enthält, als Ernst aber mindestens geschmacklos ist. Die Freihheit trägt nie den Kammerherrnschlüssel. Warum nur die Frauen nicht frei mauren dürfen? Wie geschickt würden Deine Schwestern Kalk und Mörtel herantragen! Wie angenehm würden sie die Freuden des Mahles würzen! Leider hast Du mich einmal vor Jahren versichert, Du Himmlische wollest Dich in keinen andern Bund einlassen, als in einen mit meinem Herzen; zu welchem Zwecke? hab’ ich vergessen: wollten wir nicht Beide einen königl. sächsischen Mäßigkeitsverein ausmachen? oder wie war das? Eines aber

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Gutzkow Editionsprojekt: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in der Syntax des Gutzkow Editionsprojekts. (2013-07-01T14:33:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus dem Gutzkow Editionsprojekt entsprechen muss.
Google Books: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-07-01T14:33:31Z)
Frederike Neuber: Konvertierung vom Markup des Gutzkow Editionsprojekts nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2013-07-01T14:33:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Gutzkow Editionsprojekt:Editionsprinzipien
  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Zeilenumbrüche innerhalb eines Absatzes werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Anmerkungen und Erläuterungen der Herausgeber der Gutzkow-Edition sind im XML mit <ref target="[Ziel]">...</ref> wiedergegeben. [Ziel] benennt die HTM-Datei und den Abschnitt der jeweiligen Erläuterung auf den Seiten des Gutzkow-Editionsprojekts.
  • Druckfehler und andere Fehler der Vorlage wurden in der Transkription behoben. Zu den hierbei vorgenommenen Textänderungen und zu problematischen Textstellen siehe Abschnitt 2.1.1: Textänderungen auf den Seiten des Gutzkow-Editionsprojekts.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_narren_1832
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_narren_1832/256
Zitationshilfe: [Gutzkow, Karl]: Briefe eines Narren an eine Närrin. Hamburg, 1832, S. 243. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_narren_1832/256>, abgerufen am 24.11.2024.