[Gutzkow, Karl]: Briefe eines Narren an eine Närrin. Hamburg, 1832.Thaten nur in Musik setzen könne, gegolten zu haben, er wollte beweisen, daß sich Beides mit ebenso gutem, vielleicht noch besserem Erfolge in Tanz setzen lasse. Und es ist wahr, er hat den Livius von seiner Truppe tanzen lassen, und gezeigt, daß man erst dann über den Tod des Cäsar weinen könne, wenn er mit einem Entrechat vor der Säule des Pompejus niedersinkt. Du weißt, Freundin, daß ich jedes Ding in seiner Stellung zum Staate betrachte. Es ist das auch ein Despotismus, den wir Freunde der Freiheit ewig üben werden, weil wir nie aufhören dürfen, Menschen zu sein. Die Freiheit ist ein Talent, und als Anlage uns ebenso nur angeboren, wie die Sclaverei. Um den Menschen als vollkommen zu erziehen, dient für beide Eigenschaften die Zuchtruthe. Die Sclaverei muß ebenso erlernt werden, wie die Freiheit. Kann der Tanz im Staate geduldet sein? Ich erinnere mich, Dir gezeigt zu haben, daß der Staat im Tanze sich vortrefflich ausnimmt, daß die Sitten und Gebräuche der Völker von ihrer niedersten Stufe bis zur höchsten staatsrechtlichen Uebereinkunft wegen Rechte und Pflichten durch Nichts anschaulicher gemacht werden, als durch die fünf ersten Stellungen der Füße, gleichsam die Kategorien und Elemente des Tanzes, und die Thaten nur in Musik setzen könne, gegolten zu haben, er wollte beweisen, daß sich Beides mit ebenso gutem, vielleicht noch besserem Erfolge in Tanz setzen lasse. Und es ist wahr, er hat den Livius von seiner Truppe tanzen lassen, und gezeigt, daß man erst dann über den Tod des Cäsar weinen könne, wenn er mit einem Entrechat vor der Säule des Pompejus niedersinkt. Du weißt, Freundin, daß ich jedes Ding in seiner Stellung zum Staate betrachte. Es ist das auch ein Despotismus, den wir Freunde der Freiheit ewig üben werden, weil wir nie aufhören dürfen, Menschen zu sein. Die Freiheit ist ein Talent, und als Anlage uns ebenso nur angeboren, wie die Sclaverei. Um den Menschen als vollkommen zu erziehen, dient für beide Eigenschaften die Zuchtruthe. Die Sclaverei muß ebenso erlernt werden, wie die Freiheit. Kann der Tanz im Staate geduldet sein? Ich erinnere mich, Dir gezeigt zu haben, daß der Staat im Tanze sich vortrefflich ausnimmt, daß die Sitten und Gebräuche der Völker von ihrer niedersten Stufe bis zur höchsten staatsrechtlichen Uebereinkunft wegen Rechte und Pflichten durch Nichts anschaulicher gemacht werden, als durch die fünf ersten Stellungen der Füße, gleichsam die Kategorien und Elemente des Tanzes, und die <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0266" n="253"/> Thaten nur in Musik setzen könne, gegolten zu haben, er wollte beweisen, daß sich Beides mit ebenso gutem, vielleicht noch besserem Erfolge in Tanz setzen lasse. Und es ist wahr, er hat den Livius von seiner Truppe tanzen lassen, und gezeigt, daß man erst dann über den Tod des Cäsar weinen könne, wenn er mit einem Entrechat vor der Säule des Pompejus niedersinkt.</p> <p>Du weißt, Freundin, daß ich jedes Ding in seiner Stellung zum Staate betrachte. Es ist das auch ein Despotismus, den wir Freunde der Freiheit ewig üben werden, weil wir nie aufhören dürfen, Menschen zu sein. Die Freiheit ist ein Talent, und als Anlage uns ebenso nur angeboren, wie die Sclaverei. Um den Menschen als vollkommen zu erziehen, dient für beide Eigenschaften die Zuchtruthe. Die Sclaverei muß ebenso erlernt werden, wie die Freiheit.</p> <p>Kann der Tanz im Staate geduldet sein? Ich erinnere mich, Dir gezeigt zu haben, daß der Staat im Tanze sich vortrefflich ausnimmt, daß die Sitten und Gebräuche der Völker von ihrer niedersten Stufe bis zur höchsten staatsrechtlichen Uebereinkunft wegen Rechte und Pflichten durch Nichts anschaulicher gemacht werden, als durch die fünf ersten Stellungen der Füße, gleichsam die Kategorien und Elemente des Tanzes, und die </p> </div> </body> </text> </TEI> [253/0266]
Thaten nur in Musik setzen könne, gegolten zu haben, er wollte beweisen, daß sich Beides mit ebenso gutem, vielleicht noch besserem Erfolge in Tanz setzen lasse. Und es ist wahr, er hat den Livius von seiner Truppe tanzen lassen, und gezeigt, daß man erst dann über den Tod des Cäsar weinen könne, wenn er mit einem Entrechat vor der Säule des Pompejus niedersinkt.
Du weißt, Freundin, daß ich jedes Ding in seiner Stellung zum Staate betrachte. Es ist das auch ein Despotismus, den wir Freunde der Freiheit ewig üben werden, weil wir nie aufhören dürfen, Menschen zu sein. Die Freiheit ist ein Talent, und als Anlage uns ebenso nur angeboren, wie die Sclaverei. Um den Menschen als vollkommen zu erziehen, dient für beide Eigenschaften die Zuchtruthe. Die Sclaverei muß ebenso erlernt werden, wie die Freiheit.
Kann der Tanz im Staate geduldet sein? Ich erinnere mich, Dir gezeigt zu haben, daß der Staat im Tanze sich vortrefflich ausnimmt, daß die Sitten und Gebräuche der Völker von ihrer niedersten Stufe bis zur höchsten staatsrechtlichen Uebereinkunft wegen Rechte und Pflichten durch Nichts anschaulicher gemacht werden, als durch die fünf ersten Stellungen der Füße, gleichsam die Kategorien und Elemente des Tanzes, und die
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