[Gutzkow, Karl]: Briefe eines Narren an eine Närrin. Hamburg, 1832.als die Mehrheit des Reichstages für die Wohlthat des Friedens selbst die würdige Erfüllung besserer Hoffnungen zum Preise setzte, aber auf den Grund dieses bestehenden Verhältnisses haben nun auch dieselben Freunde das Recht, zu fragen, warum Polen nicht ein Glück genießen soll, zu dessen Erreichung es dem Willen der Mächte das verlangte, bedungene Opfer, die Wahl eines fremden Prinzen, so großmüthig gebracht hat? Das Wiener Cabinet hat wohl nie geahnt, daß es mit dem Liberalismus einmal ein so gleiches Interesse haben werde. Die Geschichte ist reich an Beispielen, wie eine solche Noth des Augenblicks erst zur Gewöhnung, zuletzt zur Quelle der segenvollsten Folgen wird. In der That kann einmal Oestreichs auf so naturgesunde Grundlagen beruhender Einfluß für Deutschlands politische Gestaltung heilsamer wirken, als die Apathie und leidende Kraft, die in allen Entschlüssen der preußischen Regierung bis jetzt sichtbar geworden ist. Ich gründe meine Ansichten der Zeit nie auf die Auslegung meiner Wünsche, sondern nur auf erklärte Thatsachen. Ich wage keine Behauptung für die Zukunft, selbst für die nächste nicht, aber das scheint unwiderleglich, daß die drei Personen der Allianz sich gegen einander zu rectificiren und ihre Einigkeit aufzulösen suchen. als die Mehrheit des Reichstages für die Wohlthat des Friedens selbst die würdige Erfüllung besserer Hoffnungen zum Preise setzte, aber auf den Grund dieses bestehenden Verhältnisses haben nun auch dieselben Freunde das Recht, zu fragen, warum Polen nicht ein Glück genießen soll, zu dessen Erreichung es dem Willen der Mächte das verlangte, bedungene Opfer, die Wahl eines fremden Prinzen, so großmüthig gebracht hat? Das Wiener Cabinet hat wohl nie geahnt, daß es mit dem Liberalismus einmal ein so gleiches Interesse haben werde. Die Geschichte ist reich an Beispielen, wie eine solche Noth des Augenblicks erst zur Gewöhnung, zuletzt zur Quelle der segenvollsten Folgen wird. In der That kann einmal Oestreichs auf so naturgesunde Grundlagen beruhender Einfluß für Deutschlands politische Gestaltung heilsamer wirken, als die Apathie und leidende Kraft, die in allen Entschlüssen der preußischen Regierung bis jetzt sichtbar geworden ist. Ich gründe meine Ansichten der Zeit nie auf die Auslegung meiner Wünsche, sondern nur auf erklärte Thatsachen. Ich wage keine Behauptung für die Zukunft, selbst für die nächste nicht, aber das scheint unwiderleglich, daß die drei Personen der Allianz sich gegen einander zu rectificiren und ihre Einigkeit aufzulösen suchen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0028" n="15"/> als die Mehrheit des Reichstages für die Wohlthat des Friedens selbst die würdige Erfüllung besserer Hoffnungen zum Preise setzte, aber auf den Grund dieses bestehenden Verhältnisses haben nun auch dieselben Freunde das Recht, zu fragen, warum Polen nicht ein Glück genießen soll, zu dessen Erreichung es dem Willen der Mächte das verlangte, bedungene Opfer, die Wahl eines fremden Prinzen, so großmüthig gebracht hat? Das Wiener Cabinet hat wohl nie geahnt, daß es mit dem Liberalismus einmal ein so gleiches Interesse haben werde. Die Geschichte ist reich an Beispielen, wie eine solche Noth des Augenblicks erst zur Gewöhnung, zuletzt zur Quelle der segenvollsten Folgen wird. In der That kann einmal Oestreichs auf so naturgesunde Grundlagen beruhender Einfluß für Deutschlands politische Gestaltung heilsamer wirken, als die Apathie und leidende Kraft, die in allen Entschlüssen der preußischen Regierung bis jetzt sichtbar geworden ist.</p> <p>Ich gründe meine Ansichten der Zeit nie auf die Auslegung meiner Wünsche, sondern nur auf erklärte Thatsachen. Ich wage keine Behauptung für die Zukunft, selbst für die nächste nicht, aber das scheint unwiderleglich, daß <ref xml:id="TEXTdiedreiPersonenderAllianz" target="BrN3E.htm#ERLdiedreiPersonenderAllianz">die drei Personen der Allianz</ref> sich gegen einander zu <ref xml:id="TEXTrectificiren" target="BrN3E.htm#ERLrectificiren">rectificiren</ref> und ihre Einigkeit aufzulösen suchen.</p> </div> </body> </text> </TEI> [15/0028]
als die Mehrheit des Reichstages für die Wohlthat des Friedens selbst die würdige Erfüllung besserer Hoffnungen zum Preise setzte, aber auf den Grund dieses bestehenden Verhältnisses haben nun auch dieselben Freunde das Recht, zu fragen, warum Polen nicht ein Glück genießen soll, zu dessen Erreichung es dem Willen der Mächte das verlangte, bedungene Opfer, die Wahl eines fremden Prinzen, so großmüthig gebracht hat? Das Wiener Cabinet hat wohl nie geahnt, daß es mit dem Liberalismus einmal ein so gleiches Interesse haben werde. Die Geschichte ist reich an Beispielen, wie eine solche Noth des Augenblicks erst zur Gewöhnung, zuletzt zur Quelle der segenvollsten Folgen wird. In der That kann einmal Oestreichs auf so naturgesunde Grundlagen beruhender Einfluß für Deutschlands politische Gestaltung heilsamer wirken, als die Apathie und leidende Kraft, die in allen Entschlüssen der preußischen Regierung bis jetzt sichtbar geworden ist.
Ich gründe meine Ansichten der Zeit nie auf die Auslegung meiner Wünsche, sondern nur auf erklärte Thatsachen. Ich wage keine Behauptung für die Zukunft, selbst für die nächste nicht, aber das scheint unwiderleglich, daß die drei Personen der Allianz sich gegen einander zu rectificiren und ihre Einigkeit aufzulösen suchen.
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